Saturday, 29 June 2013

11. Leben aus dem Glauben



11. Leben aus dem Glauben


Die Christen lebten im Umfeld der heidnischen Gesellschaft. Sie hielten sich vor der Öffentlichkeit nicht zurück, denn bei ihnen findet sich Selbstbeherrschung, wird die Enthaltsamkeit geübt, die Einehe beobachtet, die Keuschheit bewahrt, die Ungerechtigkeit ausgemerzt, die Sünde mit der Wurzel ausrottet, die Gerechtigkeit geübt, das Gesetz eingehalten, Frömmigkeit durch die Tat bezeugt, Gott bekannt, die Wahrheit als Höchstes betrachtet. Man verlor die Liebe, das höchste Geheimnis des Glaubens, nicht aus den Augen, ein Tatbestand, der auch von Nichtchristen wahrgenommen wurde.

Katechumenat und Taufe

Der Zugang zur Kirche erfolgte in der Taufe. Um die Umkehr zu prüfen und in das Leben aus dem Glauben einzuüben, schaltete man dem Taufakt das Katechumenat vor. Solche Vorbereitung begegnen wir bei hl. Justin, insofern jene, die glauben und versprechen, ihr Leben danach einzurichten, zu Gebet, Fasten und Reue angeleitet wurden. Voll ausgebildet erscheint das Katechumenat in der Kirchenordnung Hippolyts. Danach wurde ein Taufbewerber (ausgeschlossen: Lehrer, Schauspieler, Soldaten) durch einen Bürgen in die Gemeinde eingeführt und nach Prüfung der Lebensumstände durch den Ritus des Kreuzzeichens als christianus oder catechumenus aufgenommen. In der Regel erfolgte 3 Jahre lang eine Unterweisung durch einen Lehrer (Laien); die gleichzeitige Teilnahme am Gebets- und Lesegottesdienst der Gemeinde vermittelte Erfahrung ihrer Frömmigkeit. Eine erneute Prüfung des Lebenswandels leitete die unmittelbare Vorbereitung der nunmehr electi genannten Katechumenen ein, wobei die tägliche Unterweisung in der Heiligen Schrift sowie das Leben in Gebet und Fasten begleitet waren von Handauflegungen mit exorzistischem Charakter. Der Bf trat bei letzter Stufe der Vorbereitung, die einige Wochen vor dem österlichen Tauftermin begann, immer mehr als Betreuer der Katechumenen in den Vordergrund.

Das Katechumenat wurden im Laufe des 4. Jh. ausgebaut. Wegen der hohen Anforderungen hatte sich der Trend geltend gemacht, den Anschluss an die Kirche nur als Katechumene zu suchen und die Taufe aufzuschieben. Die Taufwilligen bereiteten sich unmittelbar vor, in der Fastenzeit (Quadragesima) vor Ostern. Sie wurden durch Einschreibung in den Kreis der competentes aufgenommen, die als Gläubige galten. Eine wichtige Rolle spielte die Auslegung des Glaubenssymbols bzw. im Westen dessen Übergabe an den Taufbewerber. Als Kern des christlichen Glaubensbewusstseins bildete diese traditio symboli den Höhepunkt der Unterweisung, dem die redditio vor dem Bf, d.h. die mündliche Wiedergabe als Ausdruck vollen Glaubens, folgte. Nunmehr enthüllte man dem Taufbewerber auch das Vaterunser.

Die Taufe wurde in einer Liturgie gespendet, und zwar in der Nacht zum Ostersonntag. Der Bf sprach einen Exorzismus über die Täuflinge und bezeichnete sie mit dem Kreuz. Anschließend weihte man Öle. Darauf folgten einzeln die Absage an Satan und die Salbung mit Exorzismus-Öl. Nun wurden die Täuflinge nach Ablegen der Kleider in das Taufbecken geführt und nach ihrem Glauben an Gott, den Vater, an Jesus Christus und an den Heiligen Geist befragt. Der Täufling antwortete jeweils mit Ich glaube und wurde dann vom Bf untergetaucht bzw. mit Wasser übergössen. Den Taufakt beendete eine Salbung des Dankes. Dann erfolgte die consignatio durch den Bf, die Geist-Mitteilung durch Handauflegung und Salbung. Mit einer Taufeucharistie für die von den Neophyten nicht nur Brot und Wein, sondern auch Milch und Honig als Zeichen des Gelobten Landes sowie Wasser im Hinblick auf die geschehene Reinigung gespendet wurden, schloss die Liturgie der Taufe. In einer Art Nachbereitung führte man die Getauften während der folgenden Woche in die Mysterien des Glaubens ein. Diese mystagogischen Katechesen (Cyrills von Jerusalem,+386) begleiteten den neu Neophyten, die seit Konstantinischer Zeit weißer Kleider trugen. Hipolit spricht schon von einer Kindertaufe und Origenes bezeichnet sie als apostolischen Brauch.
Die Eucharistie

In der Feier der Eucharistie erfuhr die Gemeinschaft der Gläubigen ihre Verbundenheit mit dem erhöhten Herrn ebenso wie untereinander. Dieses kultische Mahl, das schon frühzeitig als Opfer begriffen wurde, bildete die Mitte des Gemeindelebens und das Unterpfand der endzeitlichen Herrlichkeit. An ihm maß man die Zugehörigkeit zur Kirche.

Eine Beschreibung der sonntäglichen Eucharistiefeier bietet erstmals der hl. Justin. Im Unterschied zur Taufeucharistie ist der sonntäglichen Eucharistie nach dem Vorbild der Synagoge ein Wortgottesdienst vorgelagert. Die freie gesprochene Danksagung bewirkt die Umwandlung der Gaben. Der Aufbau des christlichen Gottesdienstes, in dem die Danksagung für Schöpfung und Erlösung eine mächtige Rolle spielt, ist also um die Mitte des 2. Jh. bereits vorgegeben.

Deutlichere Formen nimmt der Aufbau in der Kirchenordnung Hippolyts an, die mit ihrem Eucharistiegebet das älteste erhaltene Messformular bietet. Es hebt mit dem heute noch geläufigen Wechselgebet an und nimmt den Dank für die Heilstaten Gottes in Jesus Christus auf; sodann folgte das Gedächtnis von Tod und Auferstehung (Anamnese), das Opfermotiv im Darbringen von Brot und Wein (Anaphora) und die Herabrufung des Heiligen Geistes, damit alle Empfänger der Gaben von ihm erfüllt werden (Epiklese). Mit einer Doxologie schließt dieses liturgische Gebet, das mit seinen Grundgedanken Leitmodell eines eucharistischen Hochgebetes blieb.

Trotz Freiheit in der Gestaltung wies der Gottesdienst in den ersten Jahrhunderten eine gewisse Einheitlichkeit auf. Erst seit Konstantinischer Zeit bildeten sich um die kirchlichen Metropolen Antiochien, Alexandrien, Rom und Konstantinopel jene Liturgiefamilien. Unter dem Einfluss westsyrischer Gottesdienstform haben sich in der byzantinischen Liturgie die festen Gottesdienstformulare (Anaphoren) des Basileios und Joannes Chrysostomos durchgesetzt. Gebete und Hymnen ranken sich um die jeweilige Anaphora und betonen ihren Mysteriencharakter, der schließlich sogar im Kirchenbau durch Trennung des Altarraumes vom Kirchenschiff zur Geltung kam.

Die römische Liturgie, seit dem 4. Jh. lateinisch, verdrängte gallische und spanische Sonderformen. Der Wortgottesdienst bestand aus Lesungen, unterbrochen von Psalmengesang; die Übernahme des Kyrie eleison nach morgenländischem Brauch drängte die üblichen Fürbitten zurück. Dem Kanon, laut über die vom Volk gebrachten Gaben von Brot und Wein gesprochen, lag ein kaum veränderbares Formular zugrunde; nur seine Einleitung (Präfation) passte sich dem für das Abendland geläufigen Wechsel entsprechend dem Kirchenjahr an. Stehend empfing man die Eucharistie unter beiden Gestalten, erfüllt von Ehrfurcht. Nimm den Leib Christi mit Hand entgegen und sage das Amen dazu. Vom Entlassungsruf nach antikem Vorbild bürgerte sich der Ausdruck missa (Messe) als Bezeichnung für die Eucharistiefeier ein. Ehrfurcht vor den Mysterien und Schutz vor Neugier führten zur Entwicklung der Arkandisziplin, nämlich über das kultische Geschehen von Taufe und Eucharistie vor Ungläubigen Schweigen zu bewahren.

10. Das donatistische Schisma in Afrika (Donatismus)



10. Das donatistische Schisma in Afrika (Donatismus)

Nach seinem Sieg an der Milvischen Brücke traf Kaiser Konstantin als Herrscher des Westens auf eine zwiespältige Kirche in den afrikanischen Provinzen, welche die einheitliche Verehrung des Christen-Gottes bedrohte. In einer Art Vergangenheitsbewältigung kam es dort wegen des Verhaltens in der Diokletianischen Verfolgung erneut zu Streit, der aus der Dynamik christlicher Lebenspraxis zu einer Spaltung führte.

Eine umstrittene Bischofsweihe in Karthago

Nach dem Tode des Bf. Mensurius von Karthago wählte die dortige Gemeinde im Jahre 312 den Diakon Caecilian zum Nachfolger. Eine Minderheit verweigerte ihm jedoch die Anerkennung, weil er die Betreuung gefangener Christen vernachlässigt habe; vor allem aber warf man ihm die Mitwirkung des Bf. Felix von Abthungi bei seiner Weihe vor, der wie die beiden anderen Konsekratoren im Verdacht der Traditio stand. Der Einspruch gegen Caecilian wurzelt in der Überzeugung, dass ein Traditor als Sünder die persönliche Heiligkeit verloren habe und deshalb auch nicht den Heiligen Geist vermitteln könne.

Geradezu nach Art einer Vererbung überträgt sich vom Ursprung her sündhafte Befleckung und verhindert so Eingliederung zur heiligen Kirche. Solche Grundsätze afrikanischer Theologie, wie sie vor allem Cyprian entwickelt hatte, führten über persönliche Animositäten hinaus zum Widerspruch gegen die Konsekration Caecilians. Seine Gegner trugen den Fall dem BF Secundus von Tigisis (Primas von Numidien) vor. Eine Synode von fast 70 Bischöfen, prüfte die Angelegenheit und sprach die Absetzung über Caecilian aus. Gleichzeitig erhob sie den Gegenbischof Majorinus, der nach seinem Tod im Sommer 313 einen Nachfolger erhielt, den tatkräftigen Donatus von Casae Nigrae (+355). Das Schlagwort von der Traditio, das seine polemische Kraft aus der Gleichsetzung von Christi Wort und Schrift bezog, führte dazu, dass in Afrika Altar gegen Altar gestellt wurde.

Das Eingreifen Konstantins

Vermutlich von seinem Ratgeber Bf Ossius von Cordoba über die Vorgänge in Afrika informiert, verfügte Kaiser Konstantin im Zuge seiner neuen Religionspolitik nicht nur die Entschädigung des Kirchenvermögens, sondern regelrechte Geldzuwendungen, bezeichnenderweise an den Klerus, der mit Caecilian in Verbindung stand. Die kaiserlichen Schreiben aus der Zeit 312/13 setzen die Existenz rivalisierender kirchlicher Gruppen voraus, sie verraten aber keine Kenntnis der theologischen Streitpunkte. Mehr um Unruhen einzudämmen und das staatliche Wohl durch die Einheit des rechtmäßigen Kultes zu sichern, stellte der Kaiser die Hilfe seiner Beamten in Aussicht. Aufgeschreckt durch diese Begünstigung wandten sich die Gegner Caecilians an Konstantin und baten um Beilegung der Streitigkeiten, und zwar durch gallische Bischöfe, weil es dort keine Verfolgung gegeben habe. Damit wurde der innerkirchliche Streitfall durch Initiative der Donatisten bei der weltlichen Gewalt anhängig. Der Kaiser zog das Verfahren aber nicht an sich, sondern beauftragte Papst Miltiades (310-314), zusammen mit gallischen Bischöfen die Angelegenheit zu klären; dazu sollten Vertreter beider Parteien erscheinen.

Im X. 313 versammelte sich in Rom eine Synode, verstärkt durch 15 italische Bischöfe. Die Verhandlungen ergaben die Haltlosigkeit der Vorwürfe gegen Caecilian; es kam vielmehr zur Verurteilung des Donatus. Seine Anhänger gaben sich jedoch mit dem Urteil nicht zufrieden und appellierten wegen angeblicher Formfehler an den Kaiser. Im Bewusstsein seiner Verantwortung für die vera religio ordnete Konstantin erneut eine richterliche Untersuchung durch eine größere Zahl von Bischöfen an, die im August 314 in Arles zusammentraten. Die Synode verwarf die Appellation der Schismatiker, anerkannte nach römischem Brauch die Weihe durch einen Traditor. Ihre Beschlüsse übersandte sie zur Veröffentlichung Papst Silvester I.
Den Freispruch für Karthagos BF Caecilian und die Entlastung des Felix von Abthungi beantworteten die unterlegenen Donatisten wiederum mit einer Intervention beim Herrscher, um eine Revision des Urteils zu erreichen. Noch immer auf Ausgleich bedacht, ergab ein Prozess in Mailand (316) erneut die Schuld der Donatisten. Tumultuarische Unruhen und steigender Fanatismus nötigten nun zu Eingreifen. Kirchen der Donatisten wurden beschlagnahmt, einige ihrer Bischöfe verbannt und gegen die Aufständischen Truppen eingesetzt, ein Vorgehen, das die Opposition jedoch nur verschärfte, so dass der Kaiser ihre Verfolgung wieder einstellte.

Die Konsolidierung des Donatismus

Konstantins Duldungspolitik ermöglichte die Rückkehr verbannter donatistischer Bischöfe. Als letzteren in Cirta eine Kirche weggenommen wurde, stiftete der Kaiser Ersatz aus öffentlichen Mitteln. Den so gegebenen Freiheitsraum nützten die Schismatiker aus, um ihre Gemeinden zu konsolidieren. Um das Jahr 336 konnte ihr Führer Donatus in Karthago 270 schismatische Bischöfe zu einer Synode versammeln. Mit dem Anspruch, die Kirche ohne Flecken zu sein, lehnte die Donatisten jede Gemeinschaft mit Katholiken ab. Die Bewegung gewann immer mehr an Boden und wurde, von Autonomiebestrebungen, zur Religion von fast ganz Afrika. Der Sieg über den aufständischen Donatisten, das Wirken des Hl. Augustinus und zuletzt die Wandalen legten das Schisma nieder.

9. 1 Monotheismus und trinitarische Lösungsversuche



9. 1 Monotheismus und trinitarische Lösungsversuche


Der Glaube an den einen Gott, den Schöpfer aller Dinge, und die biblische Erfahrung, dass dieser Gott sich im Sohn und im Geist geoffenbart hat, stellten der frühkirchlichen Theologie eine sehr große Aufgabe rational zu klären. In diesem Umfeld genügte nicht mehr die Wiederholung von Würdetiteln, mit denen die Urgemeinde ihren Glauben an Jesus von Nazaret zum Ausdruck gebracht hatte, vielmehr ergab sich die Notwendigkeit, das Verhältnis von Christus und Gott, den er als Vater angesprochen hatte, mit Hilfe seinshaft metaphysischer Begriffe zu erläutern.

Formen des monarchischen Gottesbildes

Ein gewisser Theodotos, Gerber aus Byzanz, betrachtete Jesus von Nazaret als bloßen Menschen, der jedoch bei der Taufe im Jordan mit göttlicher Kraft erfüllt worden sei (dynamistischer Monarchianismus). Diese rationalistische Auffassung, fand zahlreiche Anhänger, auch wenn ihrem Begründer von Papst Viktor alsbald die kirchliche Gemeinschaft verweigert wurde. Seine Schüler gewannen sogar den Bekenner Natalis für die Leitung ihrer Gemeinde und stellten so erstmals einen Gegenpapst auf.

Noch größeren Nachdruck legte auf die Einzigkeit Gottes der sog. modalistische Monarchianismus, der einen realen Unterschied zwischen Vater und Sohn (Zwei-Götter-Lehre) leugnete. Die Offenbarung Gottes durch den Logos betrachteten ihre Vertreter, Noet aus Smyrna, als Erscheinungsweisen (modi) des Vaters, der selbst Mensch geworden sei und am Kreuz gelitten habe; sie wurden deshalb auch Patripassianer genannt. Nach Rom übertragen, fand diese Lehre eifrige Anwälte.

Tertullian wies (adversus Praxean, 213) die Gleichsetzung im monarchischen Gottesbild zurück und sprach in wegweisender Form von den Dreien unius autem substantiae; als erster verwendete er die Begriffe trinitas und persona.

Der Modalist Sabellios deutete schließlich die Offenbarung Gottes in drei Stufen, und zwar als Vater in der Schöpfung, als Sohn bei der Erlösung und als Geist bei der Heiligung. Diese dreifache Offenbarungsform kennzeichnete er je als Prosopon (Maske, Person). Der gelehrte Hippolyt beschuldigte sogar Papst Zephyrin der Begünstigung des Modalismus, worauf dieser einen theologischen Mittelweg suchte.

Der Fortgang der trinitarischen Diskussion

Origenes sprach und anerkannte den Terminus omoouios, sofern er die Zugehörigkeit zur gleichen Natur aussage. Dieser Begriff wurde von einer Synode zu Antiochien im Jahre 268 verworfen, im Gefolge der Absetzung des Bischofs Paul von Samosata (+272). In seinem monistischen Gottesbild kam dem Logos keinerlei personhafte Eigenständigkeit zu. Nach ihm wohnte Gottes Weisheit wie bei den Propheten im Menschen Jesus.

Die Auseinandersetzung um den christlichen Gottesglauben macht den Mangel einer Terminologie sichtbar. Neben der Logoslehre gewann bei der Entfaltung des trinitarischen Gottesbildes der Hypostasenbegriff an Gewicht, um die Eigenständigkeit der Personen auszudrücken. Hypostase (in der platonischen Metaphysik) hat die Bedeutung des im Einzelding verwirklichten Seins erhalten.

Für Origenes bildeten jedenfalls Vater, Sohn und Geist die unterscheidbaren Wesenheiten, eben drei Hypostasen, allerdings in der Weise der Subordination. Obwohl seiner Theologie von Seiten des einfachen Glaubens wie von den Vertretern des monarchischen Gottesbildes Widerstand entgegengebracht wurde, hat dieser Entwurf der in Hypostasen gegliederten Trinität entscheidend den Fortgang des Gottesverständnisses im Osten geprägt.


9.2 Das Reichskonzil in Nizäa - 325


Alexandrien, der bedeutendste Mittelpunkt griechischer Bildung und christlicher Theologie in Ägypten, erlebte während der ersten Regierungsjahre des Kaisers Konstantin eine theologische Debatte, an der das christliche Volk sich leidenschaftlich beteiligte. Ein frommer Priester mit Namen Arius (280-336) vertrat die Auffassung: Es gibt nur einen Gott, den ewigen Vatergott. Christus ist Geschöpf (factus) wie wir, lediglich vom Vatergott mit göttlichen Kräften ausgestattet und an Sohnes Statt angenommen. Diese Lehre des Arius löste in den christlichen Gemeinden weit über Ägypten hinaus beträchtliche Unruhe aus. Konstantin beobachtete diese religiöse Auseinandersetzung unter den Christen tief besorgt, da sie den Aufbau und die Einheit seines Reiches gefährdete.

Aus der Verantwortung für die politische und religiöse Einheit des Reiches berief Kaiser Konstantin eine allgemeine Bischofsversammlung nach Nizäa in Kleinasien. Tagungsstätte war ein Saal des kaiserlichen Sommerpalastes. Etwa 300 Bischöfe waren erschienen. Eusebius berichtet in seiner Kirchengeschichte: Von der Kaiserstadt (Rom) war der Bischof (Silvester) wegen seines Alters nicht gekommen; Priester (Vitus und Vincentius) waren aber erschienen von ihm, seine Stelle zu vertreten. Von Alexandrien erschien Bischof Alexander mit seinem Diakon Athanasios, dann Eustathios von Antiochien und Marcellos von Ancyra.

Schärfster Gegner des Arius war der Diakon Athanasius (seit 328 Bf von Alexandrien). Flüchtig betrachtet, ging der Streit um einen einzigen Buchstaben.

Arius sagte, Christus sei dem Vater homoi-usios = wesens-ähnlich,
Athanasius hingegen verkündete als Lehre der Kirche, Christus sei dem Vater homo-usios = wesensgleich.

Nach heftigen Auseinandersetzungen wurde am 19. Juni 325 von den Konzilsvätern die Lehre des Arius verurteilt und die Wesensgleichheit mit dem göttlichen Vater und damit die ewige Gottessohnschaft Christi feierlich verkündet:

Wir glauben...an den einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, als Einziggeborenen gezeugt vom Vater, aus seiner Wesenheit, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt '(in Ewigkeit), nicht geschaffen (in der Zeit), wesenseins mit dem Vater.

Das Glaubensbekenntnis von Nizäa ist noch heute gemeinsamer Besitz der katholischen, orthodoxen und evangelischen Christen. Am 27. Juli 325 wurde das Reichskonzil von Nizäa beendet. Arius und seiner beiden Anhänger Secundus von Ptolemais und Theonas von Marmarika, wurden umgehend ins Exil geschickt. Die übrigen arianisch gesinnten Bischöfe nahmen das Bekenntnis an; in einem Schreiben an seine Heimatgemeinde rechtfertigte Eusebios von Caesareia sein Verhalten weniger mit theologischen Argumenten als mit Hinweisen auf den Frieden der Kirche, den man dem Kaiser verdanke.

Der Streit wurde aber offen oder auch versteckt weitergeführt. Selbst Kaiser Konstantin wurde schwankend. Er ließ Arius aus der Verbannung rufen und schickte Athanasius, den mutigen Verteidiger der unverkürzten Lehre der Kirche, in die Verbannung. Am Lebensschicksal des Bf. Athanasius wird sichtbar, wie die Kaiser sich bald für, bald gegen den Arianismus einsetzten. Unter vier Kaisern musste Athanasius fünfmal (insgesamt 17 Jahre) in die Verbannung gehen. Er war in der ersten Verbannung in Trier gelandet. Arianismus wurde endgültig in der zweiten Hälfte des 4. Jh. beigelegt (Konzil von Konstantinopel, 381).


8. Die Eingliederung der christlichen Kirche in das römische Reich



8. Die Eingliederung der christlichen Kirche in das römische Reich


Die Neuorientierung römischer Religionspolitik zu Beginn des 4. Jh. vollzog sich weitgehend im Rahmen überkommener Anschauungen, insofern nunmehr die Verehrung des Christen-Gottes Bürgschaft für die salus publica gewährleisten sollte.

Diokletians Tetrarchie: Vierkaiserherrschaft

West                                                                            Ost
Maximian, Maxentius                                                  Galerius, Maximinus Daja
Constantius Chlorus, Konstantin                                              Licinius

Konstantin, der Sohn des Constantius Chlorus und einer Schankwirtin namens Helena

306 – Konstantin gewählte Kaiser in Britanien
308 – Pakt in Carnuntum zwischen Konstantin und Maxentius
311 – Toleranzedikt von Galerius freie Bekenntnis christlichen Glaubens in allen Reichsteilen
312 – 28.X. Sieg Konstatntin an der Milvischen Brücke in Rom
313 – II. Mailänder Edikt – Konstantin und Licinius – Religionsfreiheit für Christentum
324 – Licinius wurde von Konstantin bei Adrianopel und Chrisopolis besiegt
330 – Gründung des Stadt Konstantinopolis, als Neu Rom, ohne heidnisches Tempel
337 – Tod des Konstantin


Die Wende der Religionspolitik unter Kaiser Konstantin

Der Wandel römischer Religionspolitik unter Galerius und Konstantin kam für die Christen nicht unvorbereitet. Wortführer aus ihren Reihen hatten schon lange Loyalität gegenüber dem Staat bekundet und selbst die Möglichkeit einer Kooperation von Kirche und Staat ins Auge gefasst.

Trotz der Übernahme christlicher Wege in das Gottesbild des Herrschers lässt sich kaum von einer Bekehrung im biblischen Sinne sprechen; er gab vielmehr dem Gott der Christen in seiner religiösen Vorstellungswelt Raum und begann dessen Kult als Pontifex Maximus zu fördern. Als Zeichen des militärischen Triumphes verlor gleichzeitig das Kreuz seinen Skandalon-Charakter, ein Umstand, der in der Folgezeit seine Darstellung als christliches Heilszeichen erleichterte.


Neuorientierung der Religionspolitik

Der siegreiche Kaiser übernahm als Pontifex Maximus die Sorge für den Kult des Christen-Gottes. Im Winter 312/13 übereignete Konstantin an die römische Christengemeinde das Gebiet der Laterani, wo die Basilica Constantiniana (San Giovanni in Laterano) errichtet wurde.

Reskripte an den Prokonsul von Afrika, Anullinus, verfügten die Rückgabe konfiszierten Kirchengutes, und dem Klerus des Bischofs Caecilianus von Karthago räumte man das Privileg der Liturgien ein (die steuerrechtliche Befreiung von öffentlichen Abgaben).

Die Kleriker dürfen nach Meinung des Herrschers ... weder durch Irrtum noch durch Sakrileg von ihrem der Gottheit schuldigen Dienst abgehalten werden, sondern sie müssen vielmehr ohne eine Behinderung ihrem eigenen (Kult) Gesetz dienen (dient salus publica).

Nach dem Vorbild der Priesterkollegien an heidnischen Tempeln werden die christlichen Kleriker in die religiöse Struktur der Zeit eingestuft, um ungehindert ihren sakralen Dienst für die Öffentlichkeit leisten zu können. Angesichts der donatistischen Wirren in Afrika tauchte jedoch plötzlich das Problem der Rechtmäßigkeit auf, ein Streit, in den der Kaiser alsbald selbst hineingezogen wurde.

Die Integration des Christentums mit dem römischen Imperium


Im Februar 313 trafen sich in Mailand Konstantin und Licinius zur Regelung jener Fragen, die aus dem Wandel der politischen Verhältnisse entstanden waren. Hinsichtlich der Religion einigte man sich im Anschluss an das Galerius-Edikt auf die Freiheit für das christliche Bekenntnis, und zwar neben der Tolerierung der alten Kulte. Über die Anerkennung (religio licita) hinaus wurde dem Christentum allgemeine Rechtsfähigkeit zuerkannt und zugleich die Rückgabe beschlagnahmter Kirchengüter verfügt, Maßgaben, die aus den veröffentlichten Reskripten in den jeweiligen Herrschaftsbereichen ersichtlich sind.

Konstantin lehnte den Kern des alten Kaiserkultes, das Opfer, entschieden ab, während er Titel und Funktion des Pontifex Maximus beibehielt und damit die Verantwortung im religiösen Bereich wahrnahm.

Im Rahmen dieser Religionspolitik machte sich christlicher Einfluss geltend, der nicht zuletzt humanisierende Züge aufweist. Im Jahre 315 ein Dekret, wonach das Antlitz von Verurteilten nicht mit dem Brandzeichen geschändet werden dürfe, weil es nach dem Gleichnis der himmlischen Schönheit gebildet sei. Hinsichtlich der Sklaven, in einer für die antike Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung schwerwiegenden Frage, ermöglichte ein Erlass (316) die Freigabe in der Kirche.

Nach einem Gesetz vom Jahre 318 können Streitsachen vor einem bischöflichen Schiedsgericht entschieden werden; die Anerkennung einer kirchlichen Rechtsinstanz illustriert die Tragweite der lex christiana.

Im Jahre 321 verordnete Konstantin, dass der Sonntag nicht durch Gerichtsverhandlungen oder handwerkliche Arbeit entweiht werden dürfe. Der religionspolitische Kurs steuerte offenkundig auf das Bündnis des Staates mit der Kirche zu, die immer ausschließlicher wahren cultus dei verbürgte; dementsprechend verloren die heidnischen Kulte an Bedeutung. Alle diese Maßnahmen bestätigen, dass Konstantin das Christentum nicht auf eine kultische Funktion beschränkte, sondern durchaus seinen ethischen Impulsen Raum gab.


Die Universalmonarchie Konstantins

Das Konzil von Nikaia wirkte als Demonstration kirchlich-staatlicher Integration, eben als Reichskonzil. In der Angleichung kirchlicher Strukturen an die Provinzgrenzen des Reiches und der Zuweisung rechtlicher Vollmachten an den Metropoliten bzw. die Provinzsynode wurde die Verschränkung beider Größen deutlich. Konstantin gesicherte als Universalherrscher die in Nikaia beschworene Einheit.

Konstantin sah sich genötigt, die theologischen Parteien zur Einheit zu drängen und er verfolgte weiterhin das Ziel einer Integration des Christentums in das Reich. Über machtpolitische Interessen hinaus kamen bei der Neuordnung des gesellschaftlichen Lebens verstärkt christliche Motive zum Tragen. Die wegen ihrer Grausamkeit berüchtigten Gladiatorenspiele wurden eingeschränkt, und die Exekution durch Kreuzigung grundsätzlich abgeschafft. Im Jahre 326 erging ein strenges Gesetz, das den Ehebruch der Frau mit dem Tode ahndete, wobei sich biblische Strenge mit altrömischer Rechtsauffassung verband.

Die von den Christen entschieden abgelehnte Kindsaussetzung wurde zwar nicht verboten, jedoch suchte man ihre Ursachen zu beheben, insofern arme Eltern staatliche Hilfe erhielten. Einer unmenschlichen Rücksichtslosigkeit steuerte das Verbot, Sklavenfamilien bei einer Erbteilung zu trennen.

Der Universalherrscher Konstantin äußerte sich seit 324 immer deutlicher seine Sympathien für das Christentum, und zwar für die Beobachter des katholischen Gesetzes; Häretikern und Schismatikern kamen die kaiserlichen Privilegien nicht zugute. Die Bischöfe der katholischen Kirche erlangten staatliche Ehrenrechte (Nobilitierung).

Ein großzügiges Bauprogramm bescherte den Gemeinden von Rom bis Jerusalem Basiliken und Martyrien. Konstantin stiftete um 325 über einer Gedächtnisstätte des Apostels Petrus am Vatikan eine Basilika, und seine Mutter Helena ließ eine Reihe von Kirchen und Palästen errichten. Ihren Höhepunkt erreichte die kaiserliche Bautätigkeit mit der Gründung der neuen Hauptstadt am Bosporus, Konstantinopel.
Es sollte das Neue Rom in seinem Erscheinungsbild eine christliche Stadt werden, die nur Kirchen und keine heidnischen Tempel in ihren Mauern aufweist. Als sie im Jahr 330 eingeweiht und zur kaiserlichen Residenz erkoren wurde, fand nicht nur ein christlich-religiöses Programm seinen Ausdruck, es verlagerte sich auch der politische Schwerpunkt in den Osten.

Als episkopos ton ektos, fühlte er sich nach wie vor für die Kirche verantwortlich. Während der Vorbereitungen zum Krieg gegen die Perser erfassten Konstantin in Nikomedien Todesahnungen. Er, der bislang nur als Katechumene zur Gemeinschaft der Christen zählte, ließ sich auf dem Sterbebett von dem arianischen Hofbischof Eusebios taufen. Vermutlich hinderte ihn seine Funktion als römischer Kaiser, der nach wie vor mit der Welt des Heidentums verantwortlich verwoben war, diesen Schritt früher zu vollziehen. Als Neugetaufter starb Kaiser Konstantin am Pfingstfest des Jahres 337 bei Nikomedien.

Im Westen webte man um den verstorbenen Herrscher die sog. Silvester-Legende, wonach der erkrankte Kaiser von Papst Silvester I (314-335) getauft wurde und so Heilung vom Aussatz erlangt habe. Die im 8. Jh. formulierte Fälschung, bekannt als Konstantinische Schenkung, erzählt dieses Ereignis und bemerkt ergänzend, dass der Kaiser zum Dank für die Gesundung dem Papst die kaiserlichen Insignien und den Westen des Reiches übergeben habe; denn es sei nicht recht, dort als ein irdischer Kaiser Gewalt zu üben, wo vom himmlischen Kaiser der Vorrang der Bischöfe und das Haupt der christlichen  Religion eingesetzt sei.