11. Leben aus dem Glauben
Die
Christen lebten im Umfeld der heidnischen Gesellschaft. Sie hielten sich vor
der Öffentlichkeit nicht zurück, denn bei ihnen findet sich Selbstbeherrschung,
wird die Enthaltsamkeit geübt, die Einehe beobachtet, die Keuschheit bewahrt,
die Ungerechtigkeit ausgemerzt, die Sünde mit der Wurzel ausrottet, die
Gerechtigkeit geübt, das Gesetz eingehalten, Frömmigkeit durch die Tat bezeugt,
Gott bekannt, die Wahrheit als Höchstes betrachtet. Man verlor die Liebe, das
höchste Geheimnis des Glaubens, nicht aus den Augen, ein Tatbestand, der auch
von Nichtchristen wahrgenommen wurde.
Katechumenat
und Taufe
Der Zugang
zur Kirche erfolgte in der Taufe. Um die Umkehr zu prüfen und in das Leben aus
dem Glauben einzuüben, schaltete man dem Taufakt das Katechumenat vor. Solche
Vorbereitung begegnen wir bei hl. Justin,
insofern jene, die glauben und versprechen, ihr Leben danach einzurichten, zu
Gebet, Fasten und Reue angeleitet wurden. Voll ausgebildet erscheint das
Katechumenat in der Kirchenordnung Hippolyts.
Danach wurde ein Taufbewerber (ausgeschlossen: Lehrer, Schauspieler, Soldaten)
durch einen Bürgen in die Gemeinde eingeführt und nach Prüfung der
Lebensumstände durch den Ritus des Kreuzzeichens als christianus oder catechumenus aufgenommen. In der Regel erfolgte 3
Jahre lang eine Unterweisung durch einen Lehrer (Laien); die gleichzeitige
Teilnahme am Gebets- und Lesegottesdienst der Gemeinde vermittelte Erfahrung
ihrer Frömmigkeit. Eine erneute Prüfung des Lebenswandels leitete die unmittelbare
Vorbereitung der nunmehr electi genannten Katechumenen ein, wobei die tägliche Unterweisung in
der Heiligen Schrift sowie das Leben in Gebet und Fasten begleitet waren von
Handauflegungen mit exorzistischem Charakter. Der Bf trat bei letzter Stufe der
Vorbereitung, die einige Wochen vor dem österlichen Tauftermin begann, immer
mehr als Betreuer der Katechumenen in den Vordergrund.
Das
Katechumenat wurden im Laufe des 4. Jh. ausgebaut. Wegen der hohen
Anforderungen hatte sich der Trend geltend gemacht, den Anschluss an die Kirche
nur als Katechumene zu suchen und die
Taufe aufzuschieben. Die Taufwilligen bereiteten sich unmittelbar vor, in
der Fastenzeit (Quadragesima) vor
Ostern. Sie wurden durch Einschreibung in den Kreis der competentes aufgenommen, die als Gläubige
galten. Eine wichtige Rolle spielte die Auslegung des Glaubenssymbols bzw. im
Westen dessen Übergabe an den Taufbewerber. Als Kern des christlichen
Glaubensbewusstseins bildete diese traditio symboli den Höhepunkt
der Unterweisung, dem die redditio vor dem Bf, d.h. die mündliche Wiedergabe als Ausdruck vollen
Glaubens, folgte. Nunmehr enthüllte man dem Taufbewerber auch das Vaterunser.
Die Taufe
wurde in einer Liturgie gespendet, und zwar in der Nacht zum Ostersonntag. Der
Bf sprach einen Exorzismus über die Täuflinge und bezeichnete sie mit dem
Kreuz. Anschließend weihte man Öle. Darauf folgten einzeln die Absage an Satan
und die Salbung mit Exorzismus-Öl. Nun wurden die Täuflinge nach Ablegen der
Kleider in das Taufbecken geführt und nach ihrem Glauben an Gott, den Vater, an
Jesus Christus und an den Heiligen Geist befragt. Der Täufling antwortete
jeweils mit Ich glaube und
wurde dann vom Bf untergetaucht bzw. mit Wasser übergössen. Den Taufakt
beendete eine Salbung des Dankes. Dann erfolgte die consignatio durch den Bf, die Geist-Mitteilung
durch Handauflegung und Salbung. Mit einer Taufeucharistie für die von den Neophyten nicht nur Brot und Wein,
sondern auch Milch und Honig als Zeichen des Gelobten Landes sowie Wasser im
Hinblick auf die geschehene Reinigung gespendet wurden, schloss die Liturgie
der Taufe. In einer Art Nachbereitung führte man die Getauften während der
folgenden Woche in die Mysterien des Glaubens ein. Diese mystagogischen Katechesen (Cyrills von Jerusalem,+386) begleiteten
den neu Neophyten, die seit Konstantinischer Zeit weißer Kleider trugen. Hipolit spricht schon von einer Kindertaufe
und Origenes bezeichnet sie als apostolischen Brauch.
Die Eucharistie
In der
Feier der Eucharistie erfuhr die Gemeinschaft der Gläubigen ihre Verbundenheit
mit dem erhöhten Herrn ebenso wie untereinander. Dieses kultische Mahl, das schon frühzeitig als Opfer begriffen wurde,
bildete die Mitte des Gemeindelebens und das Unterpfand der endzeitlichen
Herrlichkeit. An ihm maß man die Zugehörigkeit zur Kirche.
Eine
Beschreibung der sonntäglichen Eucharistiefeier bietet erstmals der hl. Justin.
Im Unterschied zur Taufeucharistie ist der sonntäglichen Eucharistie nach dem
Vorbild der Synagoge ein Wortgottesdienst vorgelagert. Die freie gesprochene
Danksagung bewirkt die Umwandlung der Gaben. Der Aufbau des christlichen
Gottesdienstes, in dem die Danksagung für Schöpfung und Erlösung eine mächtige
Rolle spielt, ist also um die Mitte des 2. Jh. bereits vorgegeben.
Deutlichere
Formen nimmt der Aufbau in der Kirchenordnung Hippolyts an, die mit ihrem
Eucharistiegebet das älteste erhaltene Messformular bietet. Es hebt mit dem
heute noch geläufigen Wechselgebet an und nimmt den Dank für die Heilstaten
Gottes in Jesus Christus auf; sodann folgte das Gedächtnis von Tod und
Auferstehung (Anamnese), das Opfermotiv im Darbringen von Brot und Wein (Anaphora)
und die Herabrufung des Heiligen Geistes, damit alle Empfänger der Gaben
von ihm erfüllt werden (Epiklese). Mit einer Doxologie schließt dieses liturgische Gebet,
das mit seinen Grundgedanken Leitmodell eines eucharistischen Hochgebetes
blieb.
Trotz
Freiheit in der Gestaltung wies der Gottesdienst in den ersten Jahrhunderten
eine gewisse Einheitlichkeit auf. Erst seit Konstantinischer Zeit bildeten sich
um die kirchlichen Metropolen Antiochien,
Alexandrien, Rom und Konstantinopel jene Liturgiefamilien. Unter dem
Einfluss westsyrischer Gottesdienstform haben sich in der byzantinischen
Liturgie die festen Gottesdienstformulare (Anaphoren) des
Basileios und Joannes Chrysostomos durchgesetzt. Gebete und Hymnen ranken sich
um die jeweilige Anaphora und betonen ihren Mysteriencharakter, der schließlich
sogar im Kirchenbau durch Trennung des Altarraumes vom Kirchenschiff zur
Geltung kam.
Die römische Liturgie, seit dem 4. Jh. lateinisch, verdrängte gallische und spanische Sonderformen. Der Wortgottesdienst bestand aus Lesungen,
unterbrochen von Psalmengesang; die Übernahme des Kyrie eleison nach morgenländischem Brauch drängte
die üblichen Fürbitten zurück. Dem Kanon,
laut über die vom Volk gebrachten Gaben von Brot und Wein gesprochen, lag ein
kaum veränderbares Formular zugrunde; nur seine Einleitung (Präfation)
passte sich dem für das Abendland geläufigen Wechsel entsprechend dem
Kirchenjahr an. Stehend empfing man die Eucharistie unter beiden Gestalten, erfüllt von Ehrfurcht. Nimm den Leib Christi mit
Hand entgegen und sage das Amen
dazu. Vom Entlassungsruf nach antikem Vorbild bürgerte sich der Ausdruck missa (Messe) als Bezeichnung für die
Eucharistiefeier ein. Ehrfurcht vor den Mysterien und Schutz vor Neugier
führten zur Entwicklung der Arkandisziplin, nämlich über das kultische
Geschehen von Taufe und Eucharistie vor Ungläubigen Schweigen zu bewahren.