2. Die Ausbreitung des Christentums
Der Impuls zur christlichen Mission ging vom Wirken Jesu
selbst aus, der in den Mahlgleichnissen (Mt 22,1- 14); die eschatologische Dringlichkeit seiner
Heilsbotschaft ins Bewusstsein gehoben hatte. Unter dem Eindruck des
Christusereignisses warben die Jünger als Apostel und Evangelisten für das
endzeitliche Heil, das sie in Jesus von Nazaret gekommen glaubten (Mt 28,19).
Die Anerkennung eines gesetzesfreien Christentums (Apg 15,1-35) ermöglichte das
Überschreiten der Grenzen des Volkes Israel, und sie öffnete der Mission das
Tor zur antiken Welt. Auf den Wegen des allgemeinen Verkehrs erreichten die Verkündiger
des Glaubens die Menschen in den Städten, wobei sie Anschluss in den Gemeinden
der jüdischen Diaspora suchten. Die gemeinsame Sprache (Koine) förderte eine einheitliche Kultur im gesamten
Mittelmeerraum, der durch politisch-militärische Einbindung der Macht Roms (Pax Romana) unterstellt war.
Das Zeitalter des Hellenismus hatte so zu einem Austausch
geistiger Strömungen geführt, in dessen Gefolge sich nicht nur ein
kosmopolitischer Zug geltend machte, sondern gleichzeitig östliche
Mysterienkulte den juridischen Rahmen römischer Religiosität auflockerten.
Keinesfalls traf das Evangelium auf ein religiöses Vakuum; es trat vielmehr in
Konkurrenz zu einem polytheistischen System, dessen Anerkenntnis im Opfer nach
römischem Verständnis die Wohlfahrt des Reiches (salus publica) bestimmte. Der geradezu ängstlich praktizierten
Religiosität entsprach andererseits eine Erlösungssehnsucht, die nicht zuletzt
der Aufnahme des Evangeliums entgegenkam. Während aber die biblische Botschaft
von Jesus als dem Messias bei den Hörern der alttestamentlichen Umwelt auf
unmittelbares Verständnis stieß, nötigte der Übergang der missionarischen
Verkündigung in den griechisch-römischen Kulturraum zu einer geistigen
Übertragung ihrer Aussagen. Dabei setzte nicht bloß der Monotheismus Israels
andere Rahmenbedingungen als der Polytheismus der hellenistischen Welt, es galt
zugleich gegenüber hebräischem Denken den philosophisch-seinshaft orientierten
Verständnishorizont der Hörer aus dem Heidentum zu berücksichtigen, der
zwangsläufig zu einer Hellenisierung / Romanisierung des Christentums führte.
Das Judenchristentum
und seine Verbreitung
Die Jerusalemer Gemeinde betrachtete die Universalität der
Heilsbotschaft Christi als Angebot an ganz Israel, und sie hat ihre
Verkündigung auf diese religiös-ethnische Grenze beschränkt. Christliche
Glaubensgemeinschaften entstanden nach späteren Nachrichten in den östlichen
Gebieten Adiabene und Osrhoene; neben Thomas, der bei Eusebios [H.e.III 1,1] als Apostel von Parthien
vorgestellt wird, tauchen Namen von Missionaren auf wie Addai (Thaddäus) und
seines Schülers Mari.
Apokryphe Werke, etwa die Thomas-Psalmen oder die Oden
Salomos, abstammen diesem Umfeld und weisen judenchristlichen Charakter auf.
Der angebliche Briefwechsel König Abgars von Edessa mit Jesus [H.e.I 13,1 ff] spiegelt wohl frühes Ausgreifen christlicher
Mission nach Osten wider, die möglicherweise auch Indien erreichte [H.e. V,
10,3]. Im Übrigen weisen auch die
Ursprünge des Christentums in Ägypten auf Jerusalem zurück, denn Bruchstücke
eines dort bekannten Ägypter- sowie eines Hebräerevangeliums enthalten Anklänge
an das Judenchristentum.
Die Paulinische
Missionstätigkeit
Unter den Verkündern des Evangeliums, das weithin von
unbekannten Missionaren durch die Provinzen des Römischen Reiches getragen
wurde, ragt der aus Tarsus stammende Saulus-Paulus hervor, der nach seiner
Bekehrung (Apg 9,3-18) von Barnabas zur Mitarbeit unter den Gläubigen
Antiochiens gewonnen wurde (Apg 11,25). In dieser hellenistisch orientierten
Großstadt nahm das Leben aus dem Glauben jene gesetzesfreien Formen an, die
zwar zum Konflikt mit der Jerusalemer Urgemeinde führten, letztlich aber die
künftige Heidenkirche prägen sollten.
Aus der heidenchristlichen Gemeinde Antiochiens kam der
Anstoß, Paulus und Barnabas zum Werk der Mission zu bestellen, wobei die
Überzeugung vom nahen Ende der Welt die Dringlichkeit einer universalen
Glaubensverkündigung steigerte (Mt 10,23).
Die erste Missionsreise (Apg 13,1-14,28) führte beide
zwischen 44 und 48 über Zypern nach Kleinasien, und zwar von Pamphylien bis in
das südliche Galatien. Der Weisung folgend, wonach Gottes Wort zuerst den Juden
verkündet werden muss (Apg13,46), traten sie in den Synagogen der jeweiligen
Städte auf, fanden aber vor allem bei den Heiden Gehör (Apg14,27). Mit dem
Verzicht auf die Beschneidung bahnte sich ein schwerwiegender Konflikt über die
Geltung des Gesetzes an (Apg15,1-5), der schließlich auf einem Treffen in
Jerusalem, dem sog. Apostelkonzil, um das Jahr 48/49 geklärt wurde. Die Delegation
mit Paulus und Barnabas behauptete die Freiheit der Heidenchristen vom
mosaischen Gesetz; andererseits setzte Jakobus in seinen Klauseln die
Enthaltung von Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktem und von der Unzucht durch
(Apg15; Gal 2,1-10).
In der zweiten Phase seines missionarischen Wirkens (50-53)
besuchte Paulus erneut die Gemeinden Kleinasiens, setzte auf eine Vision hin
nach Makedonien über (Apg 15,36-18,22).
Nach einem Zwischenaufenthalt in Palästina wurde
schließlich 53-58 Ephesos das Zentrum seiner dritten Tätigkeit (Apg
18,23-21,17), die Stadt der Artemis, in der das Evangelium judenchristlicher
Art schon Wurzeln geschlagen hatte. Trotz Schwierigkeiten, etwa mit den
Silberschmieden (Apg 19,21-40), gelang Paulus der Durchbruch im religiösen
Umfeld, und er nahm in Briefen die Sorge um bestehende Gemeinden wahr. Weiter gezogen
nach Griechenland, eröffnete er der römischen Gemeinde von Korinth aus seine
Absicht, bis Spanien, zu reisen, da er im Osten kein Arbeitsfeld mehr
habe (Rom 15,23).
Zunächst kehrte Paulus nach Jerusalem zurück, um eine
Kollekte (Gal 2,10; Rom 15,26) für die Urgemeinde zu überbringen. Allerdings
kam es dort zu Zusammenstößen mit den Juden, die zu seiner Gefangennahme und
nach zweijähriger Haft zur Überstellung nach Rom (um 61) führten. Die
Bewegungsmöglichkeiten in der Hauptstadt erlaubten Paulus weiterhin
missionarische Arbeit, wenn nicht gar Reisen zu seinen Gemeinden, bis er nach
altkirchlicher Tradition während der Verfolgung (um 64) unter Kaiser Nero (wohl
aber schon früher) das Martyrium erlitt.
Paulusreisen:
44 – 48 n. Chr.
Seleukia,
Salamis, Paphos, Attalia, Perge, Antiochien (Pisidien), Ikonium, Lystra, Derbe.
50 – 53 n. Chr.
Antiochien,
Tarsus, Derbe, Lystra, Ikonium, Dorylaem, Troas, Neapolis, Philippi,
Thessalonich, Beräa, Athen, Korinth, Ephesus, Samos, Caesarea, Sidon, Seleukia.
53 – 58 n. Chr.
Antiochien,
Tarsus, Derbe, Lystra, Ikonium, Antiochien (Pisidien) Ephesus, Pergamon, Troas,
Neapolis, Philippi, Thessalonich, Beräa, Athen, Kenchreä, Korinth, Bereä,
Thessalonich Philippi Neapolis, Assus, Milet, Rhodos, Patara, Tyrus, Ptolemäus,
Caesarea, Jerusalem.
Gefangenreise: Jerusalem,
Caesarea, Myra, Knidus, Kreta, Malta, Sarakus, Rhegium, Puteoli, Rom.
Der Missionsbereich
des Petrus
Als erster Zeuge des Osterglaubens hatte der Apostel Petrus
zunächst die Leitung der Urgemeinde von Jerusalem. Wohl schon frühzeitig nahm
er die Mission unter den Juden auf; jedenfalls untermauerte Paulus seine eigene
Sendung durch den Vergleich mit Petrus, der mit dem Evangelium für die
Beschnittenen betraut sei (Gal 2,7). Diese Grenzziehung durchbrach freilich
nach Auskunft der Cornelius-Erzählung (Apg 10,1-11,18) die Berufung des
Erstapostels zum Heidenmissionar, ein Vorgang, der seine gesamtkirchliche
Bedeutung ins Bewusstsein hob. Mit guten Gründen hat man die endgültige
Formulierung der Jesusverheißung vom Felsenfundament der Kirche (Mt 16,17-19)
mit dieser universalen Rolle des Petrus in Zusammenhang gebracht, auch wenn er
sich durch sein Verhalten judenchristlicher Kritik ebenso aussetzte (Apg 11,3)
wie dem Einspruch des Paulus (Gal 2,11-21).
Nur arme Anhaltspunkte weisen auf die missionarische
Tätigkeit des Petrus (l Kor 9,5) außerhalb Palästinas; alte Nachrichten
sprechen von der Errichtung des Episkopats in Antiochien [Origenes,
hom.6,4]. Die Existenz einer
Kephaspartei in Korinth (l Kor 1,12; 3,22) scheint einen Aufenthalt des Erstapostels
vorauszusetzen, und auch die Adresse des ersten Petrusbriefes an die
Auserwählten, die als Fremde in Pontus, Galatien, Kappadokien, der Provinz
Asien und Bithynien in der Zerstreuung leben (l Petr 1,1) stellt möglicherweise
einen Reflex seiner apostolischen Wirksamkeit dar. Zahlreiche Apokryphe -
Schriften unter dem Namen des Petrus, wie die Petruspredigten in den
pseudoklementinischen Schriften, das Petrusevangelium sowie die
Petrusapokalypse bestätigen eine missionarische Verkündigung des Apostels, auch
wenn ihre Wege im einzelnen kaum zu verfolgen sind.
Ein klares Petrusbewusstsein entfaltete jedoch die
Christengemeinde Roms. Es gibt keine unmittelbaren Zeugnisse, die von einem
Aufenthalt des Erstapostels in Rom sprechen. Die christliche Botschaft war zuerst
von unbekannten Gläubigen in die Hauptstadt getragen worden, und sie gewann
zunächst Anhänger unter den dortigen Juden. Eine knappe Notiz Suetons [Vita
Claudi. 25] wonach Juden wegen
anhaltender Tumulte unter dem Antrieb eines Christos (impulsore Chresto) aus
Rom vertrieben wurden, spielt wohl auf Auseinandersetzungen um die Messianität
Jesu an, so dass man bereits für das Jahr 49, dem Zeitpunkt des Edikts, mit
einer judenchristlichen Gemeinde rechnen darf, die sich auf Heiden erweitert hatte.
Vermutlich war es die Bedeutung Roms als Hauptstadt, welche
Petrus anzog; jedenfalls lassen mehrere indirekte Zeugnisse keinen begründeten
Zweifel an seiner Anwesenheit und dem Martyrium aufkommen.
Unter den literarischen Zeugnissen verrät die Ankündigung
des Todes nach Joh 21,18 eine Kenntnis des in die Zukunft verlegten
Ereignisses, und auch l Petr 5,13 setzt in pseudonymer Form einen römischen
Aufenthalt des Erstapostels voraus. Im Übrigen bestätigt gerade die
Überlieferung von Markus und seinem Evangelium, dass Petrus in Rom die
Christusbotschaft verkündigt hat [h.e. II 15,2]. Von außerkanonischen Quellen
erwähnt das Schreiben der römischen Gemeinde nach Korinth den Apostel Petrus
als Beispiel für ertragene Mühsal und Zeugenschaft qualifizierter Art [1 Klem
5,1-4], ein Hinweis, der im Licht von Tacitus, ann. XV 44, ein Wissen vom Tode
des Apostels während der Neronischen Verfolgung voraussetzt. Wie das Schreiben
des antiochenischen Bischofs Ignatios an die Römer [Ignatios, Rom. 4,3] ein
Nahverhältnis, so deutet die sog. Ascensio Isaiae (um 100) im Stil
prophetischer Rede den Tod des Petrus an, wie übrigens auch das Fragment einer
Petrusapokalypse (Anfang 2. Jh.).
Die Überzeugung von der Anwesenheit des Erstapostels in Rom
verdichtete sich immer mehr und schlug sich in weiteren Zeugnissen nieder,
wobei den Bischofslisten [Ireneus,
a.h.III 3,3] nicht weniger Aussagekraft
zukommt wie dem Hinweis des Porphyrios auf seine Kreuzigung [Makarios Magn. III
22]. Im Übrigen weist die geläufige Einheit von Petrus und Paulus trotz
Differenzen auf eine gemeinsame Anwesenheit in der Hauptstadt, ein Befund, der
in der Frühzeit des Christentums nie bezweifelt wurde.
Für die historische Beweisführung haben die Ausgrabungen
unter St. Peter in Rom neue Gesichtspunkte erbracht. Im Zuge dieser Arbeiten
gewann eine Diskussion zur Zeit des Papstes Zephyrinos (199-217) erhöhte
Aufmerksamkeit, wonach der römische Presbyter Gaius auf die Begründung des
montanistischen Anspruchs antwortet: Ich kann die Tropaia der Apostel zeigen. Du
magst auf den Vatikan gehen oder auf die Straße nach Ostia, du findest die
Tropaia der Apostel, welche diese Kirche gegründet haben. [H.e.II 25,7]. Der
Ausdruck TROPAION schillert in seiner Bedeutung, kann aber aufgrund des
Argumentationsganges wohl nur Grabmal besagen.
Das Wissen um diese Gedenkplätze wird freilich gespalten
durch eine Nachricht im römischen Festkalender von 354, wonach für das Jahr 258
zusätzlich eine Gedächtnisfeier in catacumbas, also bei der heutigen Kirche San
Sebastiano an der Appischen Straße, bezeugt ist. Ausgrabungen haben dort eine
Kultstätte (Triclia) mit zahlreichen Petrus- und Paulusgraffiti freigelegt,
jedoch keinen Grabplatz. Da überdies eine Inschrift des Papstes Damasus
(366-384) vom Wohnen der beiden Apostel an diesem Platz spricht, entstanden
mehrere Hypothesen zur Klärung des Befundes. Es handle sich um den
ursprünglichen Bestattungsort, über Translationen im Zusammenhang der
Valerianischen Verfolgung (258) bis zur Deutung als Kultplatz einer
novatianischen Gruppe reichen die Erklärungsversuche.
Die während des Zweiten Weltkrieges begonnenen Grabungen
unter der Peterskirche führten zunächst zur Freilegung einer antiken Nekropole.
Im Zuge der Arbeiten entdeckte man die Memorialanlage der 326 eingeweihten
Basilika Konstantins, welche eine ältere Grabaedicula an einem Bestattungshof umschloss. Dieses beschädigte
Monument vor einer um 170 errichteten Mauer identifizierten die Ausgräber mit
dem von Gaius erwähnten Denkmal, unter dem der Apostel Petrus bestattet gewesen
sein soll. Auch wenn im Detail manche Fragen ungeklärt sind, so wurde dieses
knappe Zentralgrab bezeichnenderweise von den umliegenden Bestattungen aus dem 1.
Jh. geschont, so dass der Schluss auf das Grab des Apostels möglich ist, auch
wenn Funden von Gebeinen Unsicherheit anhaftet. Konstantin der Große
orientierte jedenfalls die Vatikanische Basilika an dieser Memorialstätte aus
dem 2. Jh., und er nahm für die Ausführung seines Projektes erhebliche bauliche
und rechtliche Hindernisse in Kauf, ein Umstand, der nur aus der Tatsache einer
petrinischen Kulttradition im antiken Areal des Vatikans zu erklären ist.
Das Bewusstsein einer engen Verbundenheit der römischen
Christengemeinde mit dem Apostel Petrus setzt seine Anwesenheit in der
Hauptstadt voraus. Nach den erwähnten Zeugnissen leitete man zunächst aber
keinen besonderen Führungsanspruch eines Nachfolgers ab, der offensichtlich
erst mit der Durchsetzung des Monepiskopats in Rom sowie der entstehenden
Bischofslisten [Hegesipp, h.e.IV22,3] zum
Tragen kam. Der Vorrang des Apostels Petrus innerhalb des Zwölferkreises wird
so unter Berufung auf seinen Glauben zur Legitimation für den Primatsanspruch
der römischen Bischöfe.
Verbreitung der
Christengemeinden und ihre soziologische Zusammensetzung
Im Laufe des 2. Jh. erreichte die christliche Mission
bereits die Menschen im ganzen Mittelmeerraum. Irenäus von Lyon (+202) erwähnt
schon Kirchen in Spanien und bei den Kelten, im Orient, in Ägypten und Libyen,
bezeichnenderweise auch in den germanischen Provinzen.
Frühzeitig wurde das Evangelium auch über die Reichsgrenzen
hinausgetragen, vor allem im Osten, so dass Klemens von Alexandrien (+215) selbstbewusst
erklären konnte: Die Lehre unseres Meisters blieb nicht nur in Judäa wie die
Philosophie in Griechenland, sie breitete sich vielmehr über die ganze bewohnte
Erde aus. Solche Äußerungen flössen sicher aus einer universalistischen
Grundhaltung, aber die nachweisbaren Ortskirchen dieser Zeit bestätigen
tatsächlich eine weite Streuung der Gemeinden.
Die christliche Mission in der jüdischen Diaspora und deren
Umfeld entwickelte sich bewusst und ihre Zielgruppe bildete die Menschheit
insgesamt, und zwar über alle Schranken gesellschaftlicher oder nationaler Art
hinweg. Entgegen einer sozial-revolutionären These, setzten sich die
urchristlichen Gemeinden aus Gläubigen aller Bevölkerungsschichten zusammen.
Schon die klassische Frage nach dem ewigen Leben stellte ein reicher Mann (Mk
10,17-22), und sie bestätigt das Aufbrechen neuer Hoffnungen, die von den
zeitgenössischen Philosophien, etwa dem Stoizismus, aber auch den gängigen
religiösen Kulten nicht mehr hinreichend erfüllt wurden. Von den Fischern im
Umkreis Jesu bis zu Angehörigen senatorischer Kreise in der römischen Gemeinde
reicht bereits im 1. Jh. das soziologische Spektrum, das zunächst vom Milieu
der Synagogen geprägt war. Gewiss zählte der größere Teil der Christen in
dieser Zeit zu den unteren Schichten (l Kor l,26), doch die verschiedenen
Verhältnisse der einzelnen Gemeinden und die rasche Öffnung auf die gebildete
Welt verbieten es, vom frühen Christentum als sozialrevolutionärer Bewegung
oder gar Sklavenreligion zu sprechen.
Das Problem der
Hellenisierung
Der Übergang der christlichen Heilsbotschaft aus dem
jüdisch-alttestamentlichen Umfeld in den griechisch-römischen Kulturraum zog
eine Umsetzung des Evangeliums in die Vorstellungswelt und Denkformen der
hellenistischen Hörer nach sich.
Trotz der aufkommenden Gefahr einer Judaisierung (im christlichen
Lebensvollzug), blieb dieser Wurzelgrund (Rom 11,18) für die Geschichte des
Christentums bestimmend.
Die missionarische Verkündigung erzwang eine
Hellenisierung, die gerade das abendländische Christentum tiefgreifend prägen
sollte. Es erfolgte unter einer vernunftgemäßen Auslegung des Wortes Gottes
eine Transposition. Insbesondere ging man auf die metaphysische Fragestellung
griechischer Philosophie ein und interpretierte das biblische Heilsgeschehen
hin bis zu verbindlichen Glaubensaussagen in Seinskategorien.
Trotz Protesten beharrte die frühe christliche Verkündigung
auf diesem Weg der Inkulturation, und sie stellte sich so einer universalen
Herausforderung, zumal sich letztlich die philosophische Interpretation
biblischer Aussagen als Schranke gegen die Häresie erwies.
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