Saturday, 29 June 2013

7. Die Kirche auf dem Kreuzweg der Verfolgung



7. Die Kirche auf dem Kreuzweg der Verfolgung

Das Leben Jesu Christi war- aus der Sicht Roms - eine kleine Episode im palästinensischen Winkel des Römischen Reiches. Im Schatten der jüdischen Synagoge wuchsen die ersten Christengemeinden heran. Für einen Römer konnten diese Christengemeinden als ein Zweig der jüdischen Religionsgemeinschaft erscheinen. Erst im Laufe der Zeit wurden die Spannungen, ja die offenen Gegensätze zwischen Judentum und Christentum deutlich.


Die tolerante Religionspolitik der Römer

Die göttliche Verehrung des Kaisers und der ewigen Roma bildete das Fundament der römischen Reichsreligion. Die Götterkulte der unterworfenen Völker wurden von den Römern nicht abgeschafft, sondern in Unterordnung unter die römischen Götter in die Staatsreligion aufgenommen. Im römischen Pantheon erhielten die Götter und Göttinnen der besiegten Völker ihren Platz. Weil das jüdische Volk (zur Zeit des Kaisers Augustus umfasste es etwa 7% der Gesamtbevölkerung des Römischen Reiches) am Eingottglauben festhielt und den Kaiserkult strikte ablehnte, ließ es sich in das Schema der römischen Religionspolitik nicht einfügen. Der jüdischen Religion wurde ein Ausnahmestatut zugebilligt.

Unter dem Schutz dieses Ausnahmestatuts wuchsen auch die christlichen Gemeinden heran. Abgesehen von der persönlichen Willkür des Kaisers Nero, der im Jahre 64 den Christen die Schuld an dem Brand Roms zuschob (Cornelius Tacitus, Annales, Buch XV, 44) und sie unter ausgesuchten Foltern hinrichten ließ, oder als Brandfackeln zur nächtlichen Beleuchtung der kaiserlichen Gärten sterben ließ, konnte sich das Christentum dank der toleranten römischen Reichsreligion ruhig ausbreiten.


Gründe der Verfolgung der Christen

An der Wende zum 3. Jh. war das Christentum aus seinem Ghetto-Dasein herausgetreten und zu einer gefestigten Glaubensgemeinschaft geworden. Sie konnte nicht mehr ignoriert werden, da sie die Ordnung des Römischen Reiches zu sprengen drohte. Mit Misstrauen beobachteten die Heiden den erstaunlichen Erfolg der christlichen Mission und das unbeugsame Selbstbewusstsein der Gläubigen. Die Christen waren eine Bedrohung der religiös-politischen Grundlagen des römischen Staatswesens, dessen Ideologie auf dem Verhältnis zwischen Götterkult und staatlichem Glück ruhte.

Der Kult der römischen Götter galt als unerlässliche Voraussetzung für den Fortbestand des Imperiums und das öffentliche Heil, eine Zwangssituation, welche die Christen unweigerlich in den Konflikt mit dem Staat trieb. Die Gemeinschaft der Gläubigen innerhalb der römischen Gesellschaft stellte einen Fremdkörper dar, ja eine Art Gegenbild des Staates erschien, im Sinne keine Loyalität gegenüber Staat und Herrscher.

Solange die christliche Gemeinschaft als Randgruppe zählte, kam ihr nur lokale Aufmerksamkeit zu; mit dem Anwachsen der Gemeinden steigerte sich die Nervosität der römischen Behörden. Die Großkirche mit ihren Ordnungsformen provozierte zwangsläufig den Konflikt mit dem religiös begründeten Staatswesen.

Etappe der Verfolgung

1. Verfolgung von Christen als Einzelpersonen durch Privatkläger (ca.60 – 200)
2. Angriff auf die Organisation der Kirche (200 – 249)
3. Systematische Massenverfolgung der Christen (249 – 305)

Das Trajan-Reskript

Kaiser Domitian galt als dominus und deus und war ein Symbol der Einheit des Röm. Reiches. Er sollte angebetet werden. Das wachsende Christentum bedrohte die alte Ordnung und das Heil des Staates. Die Verweigerung des Götterkultes (Justin, Polikarp) bedeutete keine Loyalität gegenüber dem Staat und dem Herrscher. Christen wurden als Feinde des Staates gesehen, als ein Fremdkörper. Das provozierte zu den Tumulten gegen Christen.
Dass es für einen rechtlich denkenden römischen Staatsbeamten keine juristische Grundlage gegen die Christen gab, ist ersichtlich aus einem Brief Plinius des Jüngeren, des Statthalters der Provinz Bithynien, an Kaiser Trajan im Jahre 112.

Er schreibt: Ich fand (bei den mir vorgeführten Christen) nichts weiter als einen üblen und maßlosen Aberglauben.

Die Antwort: Im Allgemeinen lässt sich eine feste Regel nicht aufstellen. Aufzuspüren sind sie (die Christen) nicht; sollten sie angezeigt und überführt werden, so sind sie zu bestrafen. Anonyme Anklageschriften dürfen bei keiner Beschuldigung zugelassen werden.

Sauberkeit des rechtlichen Denkens, aber auch versöhnliche Weite und keineswegs unsachliche Gehässigkeit sprechen aus diesem Dokument. Noch ist die Haltung des römischen Staates gegenüber den Christen unsicher und zögernd. Bis zur Mitte des 3. Jh. stellte das zitierte Trajan-Reskript die maßgebende Richtlinie für Christenprozesse dar.

Auf Grund der Natur-Katastrophen oder wirtschaftlichen und militärischen Misserfolgen breitete sich die Meinung (Ideologie) unter der römischen Bevölkerung aus, die Christen sind schuldig, weil sie den römischen Göttern keine Ehre erweisen und jetzt die Götter geben uns keinen Segen. Christen sind Verräter, weil sie einen anderen Gott verehren, der uns plagt.


Juristische Argumente für die Christenverfolgungen

Erst unter Kaiser Decius (249-251) hat der römische Staat juristische Argumente formuliert, die eine gesetzliche Grundlage für die Verfolgung und Bestrafung der Christen boten. Wurden bisher Christen nur als Privatpersonen von Privatklägern verfolgt (eine Ausnahme bildete lediglich die Regierungszeit des Kaisers Septimius Severus [193-211], der gegen die Bischöfe und Priester der christlichen Gemeinschaft vorging), so setzte von 249 an eine systematische Massenverfolgung ein.

Um dem Römischen Reich durch die Belebung der alten Religion neue Kräfte zu geben, erließ im Jahre 249 Kaiser Decius ein allgemeines Opferdekret. In Stadt und Land wurden Opferkommissionen gebildet, die auf Opferscheinen (libelli) bestätigen mussten, dass den römischen Staatsgöttern die schuldige Verehrung bezeugt wurde. Damit stand jeder einzelne Christ vor der Entscheidung:
entweder zu opfern und damit Verrat des christlichen Glaubens - oder nicht zu opfern und damit in Konflikt mit den römischen Gesetzen (crimen laesae majestatis) zu geraten.

Mancher Christ hat geopfert - aus Feigheit, aus Angst vor der Verfolgung seiner Familie oder auch um seinen Posten im Staat nicht zu verlieren (lapsi). Die meisten Christen gingen in Treue den Kreuzweg bis zum Martyrium.

Den schwersten, vernichtenden Schlag gegen die Christen, führte Kaiser Diokletian (284-305). Er erließ im Jahre 303 ein Verfolgungsdekret, das die christliche Kirche als Organisation vor allem in ihrer Hierarchie treffen sollte. Jetzt waren die Christen Freiwild der römischen Behörden. Kirchengebäude mussten zerstört, heilige Bücher ausgeliefert werden. Den Christen wurden die bürgerlichen Rechte entzogen. Christliche Religion war verbotene Religion (religio illicita). Wer sich zu ihr bekannte, war Staatsfeind und damit des Todes. Mancher Christ floh von Rom, wo die Verfolgung am heftigsten tobte, in entlegenere Gebiete des Reiches. Oft regierten dort Statthalter, die entweder christliche Verwandte und Bekannte hatten oder selbst mit der christlichen Religion sympathisierten, so dass von ihnen die kaiserlichen Dekrete nur langsam und mit größter Milde ausgeführt wurden.

Bekannte Namen aus der Vielzahl der Blutzeugen der ersten drei Jahrhunderte: Ignatius von Antiochien (+107), Polykarp von Smyrna (+156), Justin, Philosoph und christlicher Apologet (+165),  Fabian, Papst (+250), Kornelius, Papst (+253), Cyprian von Karthago (+258), Laurentius, Diakon (+258), Sebastian, römischer Hauptmann (+288), Kosmas und Damian, Zwillingsbrüder und Ärzte (+303),  Florian, römischer Tribun (+304), Agnes, Jungfrau (+304), Afra, in Augsburg (+305), Sarmannina, in Regensburg (+305).

Wie die Christen der Verfolgungszeit Leid, Spott und Tod ertragen haben, spiegelt sich in den Worten, die Tertullian (+220) in seiner Verteidigungsschrift Apologeticum niedergeschrieben hat:
Kreuzigt und Foltert uns. Schickt uns in den Tod. Vernichtet uns. Ungerechtigkeit ist nur der Beweis für unsere Unschuld. Die grausamen Erfindungen eurer Wut sind ebenso viele Empfehlungen für die Kirche. Unsere Zahl wächst, sooft ihr in unseren Reihen blutige Ernte haltet. Ein Same ist das Blut der Christen (Semen est sanguis Christianorum).


Die Katakomben

In der Zeit der systematischen Christenverfolgungen flüchteten viele römische Christen in die Emigration oder meldeten sich zum Militärdienst, so dass nicht wenige römische Außenstellen einen hohen Prozentsatz an Christen hatten. Die Auffassung, dass auch die im Spielfeld Roms gelegenen Katakomben Zufluchtsstätten der verfolgten Christen waren, kann auf Grund der Ausgrabungsergebnisse wie der römischen Rechtsgeschichte heute nicht mehr vertreten werden.
Der Name Katakomben leitet sich her von ad catacumbas - bei einer Senkung an der südlichen Straße Roms, der berühmten Via Appia. Die Katakomben sind unterirdische, in den weichen rotbraunen Tuffstein gehauene Grabstätten mit Nischen, Sarkophagen, Familiengrüften und Gebetsräumen, die schon von den heidnischen Römern verwendet worden sind. Durch Treppen und Gänge sind die Einzel- und Familiengrabstätten, in denen später auch Christen bestattet wurden, miteinander verbunden. Die Gänge der Katakomben wurden vielfach mit Bildern versehen, die christliche Motive zeigen und ein beredtes Zeugnis des ungebrochenen christlichen Glaubens und der zuversichtlichen Jenseitshoffnung sind.


Das Ende der Christenverfolgungen

Im Jahre 311 kam aus Nikomedien ein Edikt des Kaisers Galerius, das von den Christen in einer ganz neuen, wenige Jahre zuvor noch undenkbaren Sprache redete:

„wir haben in Rücksicht auf unsere Milde und ständige Gewohnheit, allen Menschen Verzeihung zu gewähren, nunmehr auch .. unsere Erlaubnis dahin ausdehnen zu müssen geglaubt, dass sie wieder Christen sein und ihre Versammlungen wieder halten dürfen, so dass sie nicht mehr gegen ihre eigene Lehre verstoßen. Durch ein zweites Schreiben beabsichtigen wir auch noch den Richtern mitzuteilen, was sie zu beobachten haben. Daher werden sie (die Christen) nun auch infolge unserer Erlaubnis verpflichtet sein, für unser Wohl, für das des Staates und für das ihrige zu ihrem Gott zu beten, damit das Reich in jeder Hinsicht bestehen bleibt und sie selber ruhig an ihrem Herde leben können.“

Wie erklärt sich dieser unerwartete Umschwung? Kaiser Galerius war offensichtlich besorgt um die Einheit und den Frieden des Römischen Reiches. Gewiss war es auch die Erfolglosigkeit aller Unterdrückungen, die ihn Einhalt gebieten ließ. Als Erklärungsgrund wird auch angeführt, Kaiser Galerius habe an einer unheilbaren Krebskrankheit gelitten und sich in seiner Not auch an den Christengott mit der Bitte um Heilung gewandt. Ohne Zweifel fällt in der Formulierung des Ediktes auf, wie sehr dem Kaiser daran lag, die Christen möchten bei ihrem Gott für sein Wohl beten.

Kirchengeschichte                                                     Profangeschichte


30 v.-14.n. Kaiser Augustus
7 v. Geburt Christi
14-37 Kaiser Tiberius
30 n. Tod Christi                                                         26-36 Pontius Pilatus, Kaiserlicher Landpfleger
in Palästina
50 Apostelkonzil
51-52 Judenvertreibung aus Rom unter Kaiser
Claudius (41-54)
Missionsreisen und Wirksamkeit der Apostel

40-61 Missionsreisen des Apostels Paulus

64 (67) Martryium der Apostel Petrus u.
Paulus in Rom während der neronischen
Christenverfolgung
54-68 Kaiser Nero
64 Brand Roms
50-100 Niederschrift des Neuen Testamentes

70 Zerstörung Jerusalems.
81-96 Kaiser Domitian

um 180 Muratorisches Fragment                                112 Brief Plinius des Jüngeren (62-114) an
Kaiser Trajan (98-117)

Irrlehren der Doketen, Gnostiker. Montanisten
und Monarchianer
193-211 Kaiser Septimius Severus
249 Allgemeines Opferdekret
Beginn der decischen Christenverfolgung                  249-251 Kaiser Decius

255-257 Ketzertaufstrelt
284-305 Kaiser Diokletian
285 Diokletianische Reichsteilung
303 Verfolgungsdekret
Beginn der diokletanischen Christenverfolgung

311 Edikt des Kaisers Galerius
Beendigung der Christenverfolgungen





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