7. Die Kirche auf
dem Kreuzweg der Verfolgung
Das Leben Jesu Christi war- aus der Sicht Roms - eine
kleine Episode im palästinensischen Winkel des Römischen Reiches. Im Schatten
der jüdischen Synagoge wuchsen die ersten Christengemeinden heran. Für einen Römer
konnten diese Christengemeinden als ein Zweig der jüdischen
Religionsgemeinschaft erscheinen. Erst im Laufe der Zeit wurden die Spannungen,
ja die offenen Gegensätze zwischen Judentum und Christentum deutlich.
Die tolerante Religionspolitik der Römer
Die göttliche Verehrung des Kaisers und der ewigen Roma
bildete das Fundament der römischen Reichsreligion. Die Götterkulte der
unterworfenen Völker wurden von den Römern nicht abgeschafft, sondern in
Unterordnung unter die römischen Götter in die Staatsreligion aufgenommen. Im
römischen Pantheon erhielten die Götter und Göttinnen der besiegten Völker
ihren Platz. Weil das jüdische Volk (zur Zeit des Kaisers Augustus umfasste es
etwa 7% der Gesamtbevölkerung des Römischen Reiches) am Eingottglauben festhielt
und den Kaiserkult strikte ablehnte, ließ es sich in das Schema der römischen
Religionspolitik nicht einfügen. Der
jüdischen Religion wurde ein Ausnahmestatut zugebilligt.
Unter dem Schutz dieses Ausnahmestatuts wuchsen auch die
christlichen Gemeinden heran. Abgesehen von der persönlichen Willkür des
Kaisers Nero, der im Jahre 64
den Christen die Schuld an dem Brand Roms zuschob (Cornelius Tacitus, Annales, Buch
XV, 44) und sie unter ausgesuchten Foltern hinrichten ließ, oder als
Brandfackeln zur nächtlichen Beleuchtung der kaiserlichen Gärten sterben ließ,
konnte sich das Christentum dank der toleranten römischen Reichsreligion ruhig
ausbreiten.
Gründe der Verfolgung der
Christen
An der Wende zum 3. Jh. war das Christentum aus seinem
Ghetto-Dasein herausgetreten und zu einer gefestigten Glaubensgemeinschaft
geworden. Sie konnte nicht mehr ignoriert werden, da sie die Ordnung des
Römischen Reiches zu sprengen drohte. Mit Misstrauen beobachteten die Heiden
den erstaunlichen Erfolg der christlichen Mission und das unbeugsame
Selbstbewusstsein der Gläubigen. Die Christen waren eine Bedrohung der
religiös-politischen Grundlagen des römischen Staatswesens, dessen Ideologie
auf dem Verhältnis zwischen Götterkult und staatlichem Glück ruhte.
Der Kult der römischen Götter galt als unerlässliche
Voraussetzung für den Fortbestand des Imperiums und das öffentliche Heil, eine
Zwangssituation, welche die Christen unweigerlich in den Konflikt mit dem Staat
trieb. Die Gemeinschaft der Gläubigen innerhalb der römischen Gesellschaft stellte
einen Fremdkörper dar, ja eine Art Gegenbild des Staates erschien, im Sinne
keine Loyalität gegenüber Staat und Herrscher.
Solange die christliche Gemeinschaft als Randgruppe zählte,
kam ihr nur lokale Aufmerksamkeit zu; mit dem Anwachsen der Gemeinden steigerte
sich die Nervosität der römischen Behörden. Die Großkirche mit ihren
Ordnungsformen provozierte zwangsläufig den Konflikt mit dem religiös
begründeten Staatswesen.
Etappe der
Verfolgung
1. Verfolgung von
Christen als Einzelpersonen durch Privatkläger (ca.60 – 200)
2. Angriff auf die
Organisation der Kirche (200 – 249)
3. Systematische
Massenverfolgung der Christen (249 – 305)
Das Trajan-Reskript
Kaiser Domitian galt als dominus
und deus und war ein Symbol der Einheit des Röm. Reiches. Er sollte angebetet
werden. Das wachsende Christentum bedrohte die alte Ordnung und das Heil des
Staates. Die Verweigerung des Götterkultes (Justin, Polikarp) bedeutete keine
Loyalität gegenüber dem Staat und dem Herrscher. Christen wurden als Feinde des
Staates gesehen, als ein Fremdkörper. Das provozierte zu den Tumulten gegen
Christen.
Dass es für einen rechtlich denkenden römischen
Staatsbeamten keine juristische Grundlage gegen die Christen gab, ist
ersichtlich aus einem Brief Plinius des Jüngeren, des Statthalters der Provinz
Bithynien, an Kaiser Trajan im Jahre 112.
Er schreibt: Ich fand (bei den mir vorgeführten Christen)
nichts weiter als einen üblen und maßlosen Aberglauben.
Die Antwort: Im Allgemeinen lässt sich eine feste Regel nicht
aufstellen. Aufzuspüren sind sie (die Christen) nicht; sollten sie angezeigt
und überführt werden, so sind sie zu bestrafen. Anonyme Anklageschriften dürfen
bei keiner Beschuldigung zugelassen werden.
Sauberkeit des rechtlichen Denkens, aber auch versöhnliche
Weite und keineswegs unsachliche Gehässigkeit sprechen aus diesem Dokument.
Noch ist die Haltung des römischen Staates gegenüber den Christen unsicher und
zögernd. Bis zur Mitte des 3. Jh.
stellte das zitierte Trajan-Reskript die maßgebende Richtlinie für
Christenprozesse dar.
Auf Grund der Natur-Katastrophen
oder wirtschaftlichen und militärischen Misserfolgen breitete sich die Meinung
(Ideologie) unter der römischen Bevölkerung aus, die Christen sind schuldig,
weil sie den römischen Göttern keine Ehre erweisen und jetzt die Götter geben
uns keinen Segen. Christen sind Verräter, weil sie einen anderen Gott verehren,
der uns plagt.
Juristische Argumente für die Christenverfolgungen
Erst
unter Kaiser Decius (249-251) hat der römische Staat juristische Argumente
formuliert, die eine gesetzliche Grundlage für die Verfolgung und Bestrafung
der Christen boten. Wurden bisher Christen nur als Privatpersonen von
Privatklägern verfolgt (eine Ausnahme bildete lediglich die Regierungszeit des
Kaisers Septimius Severus [193-211], der gegen die Bischöfe und Priester der
christlichen Gemeinschaft vorging), so setzte von 249 an eine systematische Massenverfolgung ein.
Um dem Römischen Reich durch die Belebung der alten
Religion neue Kräfte zu geben, erließ im Jahre 249 Kaiser Decius ein allgemeines Opferdekret. In Stadt und Land
wurden Opferkommissionen gebildet, die auf Opferscheinen (libelli)
bestätigen mussten, dass den römischen Staatsgöttern die schuldige
Verehrung bezeugt wurde. Damit stand jeder einzelne Christ vor der
Entscheidung:
entweder zu opfern und damit Verrat des christlichen Glaubens
- oder nicht zu opfern und damit in Konflikt mit den römischen Gesetzen (crimen
laesae majestatis) zu geraten.
Mancher Christ hat geopfert - aus Feigheit, aus Angst vor
der Verfolgung seiner Familie oder auch um seinen Posten im Staat nicht zu
verlieren (lapsi). Die meisten
Christen gingen in Treue den Kreuzweg bis zum Martyrium.
Den schwersten, vernichtenden Schlag gegen die Christen,
führte Kaiser Diokletian (284-305).
Er erließ im Jahre 303 ein
Verfolgungsdekret, das die christliche Kirche als Organisation vor allem
in ihrer Hierarchie treffen sollte. Jetzt waren die Christen Freiwild der
römischen Behörden. Kirchengebäude mussten zerstört, heilige Bücher ausgeliefert
werden. Den Christen wurden die bürgerlichen Rechte entzogen. Christliche
Religion war verbotene Religion (religio illicita). Wer sich zu
ihr bekannte, war Staatsfeind und damit des Todes. Mancher Christ floh von Rom,
wo die Verfolgung am heftigsten tobte, in entlegenere Gebiete des Reiches. Oft
regierten dort Statthalter, die entweder christliche Verwandte und Bekannte
hatten oder selbst mit der christlichen Religion sympathisierten, so dass von
ihnen die kaiserlichen Dekrete nur langsam und mit größter Milde ausgeführt
wurden.
Bekannte Namen aus der Vielzahl der Blutzeugen der ersten
drei Jahrhunderte: Ignatius von
Antiochien (+107), Polykarp von
Smyrna (+156), Justin, Philosoph
und christlicher Apologet (+165), Fabian, Papst (+250), Kornelius, Papst (+253), Cyprian von Karthago (+258), Laurentius, Diakon (+258), Sebastian, römischer Hauptmann (+288),
Kosmas und Damian, Zwillingsbrüder
und Ärzte (+303), Florian, römischer Tribun (+304), Agnes, Jungfrau (+304), Afra, in Augsburg (+305), Sarmannina, in Regensburg (+305).
Wie die Christen der Verfolgungszeit Leid, Spott und Tod
ertragen haben, spiegelt sich in den Worten, die Tertullian (+220) in seiner Verteidigungsschrift Apologeticum niedergeschrieben hat:
Kreuzigt und Foltert uns. Schickt uns in den Tod.
Vernichtet uns. Ungerechtigkeit ist nur der Beweis für unsere Unschuld. Die
grausamen Erfindungen eurer Wut sind ebenso viele Empfehlungen für die Kirche.
Unsere Zahl wächst, sooft ihr in unseren Reihen blutige Ernte haltet. Ein Same
ist das Blut der Christen (Semen est sanguis Christianorum).
Die Katakomben
In der Zeit der systematischen Christenverfolgungen
flüchteten viele römische Christen in die Emigration oder meldeten sich zum
Militärdienst, so dass nicht wenige römische Außenstellen einen hohen
Prozentsatz an Christen hatten. Die Auffassung, dass auch die im Spielfeld Roms
gelegenen Katakomben Zufluchtsstätten der verfolgten Christen waren, kann auf
Grund der Ausgrabungsergebnisse wie der römischen Rechtsgeschichte heute nicht
mehr vertreten werden.
Der Name Katakomben leitet sich her von ad
catacumbas - bei einer Senkung an der südlichen Straße Roms, der berühmten Via
Appia. Die Katakomben sind unterirdische, in den weichen rotbraunen Tuffstein
gehauene Grabstätten mit Nischen, Sarkophagen, Familiengrüften und
Gebetsräumen, die schon von den heidnischen Römern verwendet worden sind. Durch
Treppen und Gänge sind die Einzel- und Familiengrabstätten, in denen später
auch Christen bestattet wurden, miteinander verbunden. Die Gänge der Katakomben
wurden vielfach mit Bildern versehen, die christliche Motive zeigen und ein
beredtes Zeugnis des ungebrochenen
christlichen Glaubens und der zuversichtlichen Jenseitshoffnung sind.
Das Ende der Christenverfolgungen
Im Jahre 311 kam aus Nikomedien ein Edikt des Kaisers Galerius, das von den Christen in einer ganz
neuen, wenige Jahre zuvor noch undenkbaren Sprache redete:
„wir haben in Rücksicht auf unsere Milde und ständige
Gewohnheit, allen Menschen Verzeihung zu gewähren, nunmehr auch .. unsere Erlaubnis
dahin ausdehnen zu müssen geglaubt, dass sie wieder Christen sein und ihre
Versammlungen wieder halten dürfen, so dass sie nicht mehr gegen ihre eigene
Lehre verstoßen. Durch ein zweites Schreiben beabsichtigen wir auch noch den
Richtern mitzuteilen, was sie zu beobachten haben. Daher werden sie (die
Christen) nun auch infolge unserer Erlaubnis verpflichtet sein, für unser Wohl,
für das des Staates und für das ihrige zu ihrem Gott zu beten, damit das Reich
in jeder Hinsicht bestehen bleibt und sie selber ruhig an ihrem Herde leben
können.“
Wie erklärt sich dieser unerwartete Umschwung? Kaiser
Galerius war offensichtlich besorgt um die Einheit und den Frieden des
Römischen Reiches. Gewiss war es auch die Erfolglosigkeit aller
Unterdrückungen, die ihn Einhalt gebieten ließ. Als Erklärungsgrund wird auch
angeführt, Kaiser Galerius habe an einer unheilbaren Krebskrankheit gelitten
und sich in seiner Not auch an den Christengott mit der Bitte um Heilung
gewandt. Ohne Zweifel fällt in der Formulierung des Ediktes auf, wie sehr dem
Kaiser daran lag, die Christen möchten bei ihrem Gott für sein Wohl beten.
Kirchengeschichte Profangeschichte
30 v.-14.n.
Kaiser Augustus
7 v.
Geburt Christi
14-37 Kaiser Tiberius
30 n. Tod
Christi 26-36
Pontius Pilatus, Kaiserlicher Landpfleger
in Palästina
50
Apostelkonzil
51-52 Judenvertreibung aus Rom unter
Kaiser
Claudius (41-54)
Missionsreisen
und Wirksamkeit der Apostel
40-61
Missionsreisen des Apostels Paulus
64 (67) Martryium
der Apostel Petrus u.
Paulus in
Rom während der neronischen
Christenverfolgung
54-68 Kaiser Nero
64 Brand Roms
50-100 Niederschrift des Neuen Testamentes
70
Zerstörung Jerusalems.
81-96 Kaiser Domitian
um 180
Muratorisches Fragment 112
Brief Plinius des Jüngeren (62-114) an
Kaiser Trajan (98-117)
Irrlehren der Doketen,
Gnostiker. Montanisten
und
Monarchianer
193-211 Kaiser Septimius Severus
249 Allgemeines Opferdekret
Beginn der
decischen Christenverfolgung 249-251
Kaiser Decius
255-257 Ketzertaufstrelt
284-305 Kaiser Diokletian
285 Diokletianische Reichsteilung
303 Verfolgungsdekret
Beginn der
diokletanischen Christenverfolgung
311 Edikt des Kaisers Galerius
Beendigung
der Christenverfolgungen
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