10. Das donatistische Schisma in Afrika
(Donatismus)
Nach
seinem Sieg an der Milvischen Brücke traf Kaiser Konstantin als Herrscher des
Westens auf eine zwiespältige Kirche in den afrikanischen Provinzen, welche die
einheitliche Verehrung des Christen-Gottes bedrohte. In einer Art
Vergangenheitsbewältigung kam es dort wegen des Verhaltens in der
Diokletianischen Verfolgung erneut zu Streit, der aus der Dynamik christlicher
Lebenspraxis zu einer Spaltung führte.
Eine
umstrittene Bischofsweihe in Karthago
Nach dem
Tode des Bf. Mensurius von Karthago
wählte die dortige Gemeinde im Jahre 312 den Diakon Caecilian zum Nachfolger. Eine Minderheit verweigerte ihm jedoch
die Anerkennung, weil er die Betreuung gefangener Christen vernachlässigt habe;
vor allem aber warf man ihm die Mitwirkung des Bf. Felix von Abthungi bei seiner Weihe vor, der wie die beiden anderen
Konsekratoren im Verdacht der Traditio
stand. Der Einspruch gegen Caecilian wurzelt in der Überzeugung, dass ein Traditor als Sünder die persönliche Heiligkeit
verloren habe und deshalb auch nicht den Heiligen Geist vermitteln könne.
Geradezu
nach Art einer Vererbung überträgt sich vom Ursprung her sündhafte Befleckung
und verhindert so Eingliederung zur heiligen Kirche. Solche Grundsätze
afrikanischer Theologie, wie sie vor allem Cyprian entwickelt hatte, führten
über persönliche Animositäten hinaus zum Widerspruch gegen die Konsekration
Caecilians. Seine Gegner trugen den Fall dem BF Secundus von Tigisis (Primas von Numidien) vor. Eine Synode von fast 70 Bischöfen, prüfte
die Angelegenheit und sprach die Absetzung über Caecilian aus. Gleichzeitig
erhob sie den Gegenbischof Majorinus,
der nach seinem Tod im Sommer 313 einen Nachfolger erhielt, den tatkräftigen Donatus von Casae Nigrae (+355). Das
Schlagwort von der Traditio, das seine polemische Kraft aus der Gleichsetzung
von Christi Wort und Schrift bezog, führte dazu, dass in Afrika Altar gegen
Altar gestellt wurde.
Das Eingreifen
Konstantins
Vermutlich
von seinem Ratgeber Bf Ossius von Cordoba über die Vorgänge in Afrika
informiert, verfügte Kaiser Konstantin im Zuge seiner neuen Religionspolitik
nicht nur die Entschädigung des Kirchenvermögens, sondern regelrechte
Geldzuwendungen, bezeichnenderweise an den Klerus, der mit Caecilian in
Verbindung stand. Die kaiserlichen Schreiben aus der Zeit 312/13 setzen die
Existenz rivalisierender kirchlicher Gruppen voraus, sie verraten aber keine
Kenntnis der theologischen Streitpunkte. Mehr um Unruhen einzudämmen und das
staatliche Wohl durch die Einheit des rechtmäßigen Kultes zu sichern, stellte
der Kaiser die Hilfe seiner Beamten in Aussicht. Aufgeschreckt durch diese
Begünstigung wandten sich die Gegner Caecilians an Konstantin und baten um
Beilegung der Streitigkeiten, und zwar durch gallische Bischöfe, weil es dort
keine Verfolgung gegeben habe. Damit wurde der innerkirchliche Streitfall durch
Initiative der Donatisten bei der weltlichen Gewalt anhängig. Der Kaiser zog
das Verfahren aber nicht an sich, sondern beauftragte Papst Miltiades (310-314), zusammen mit
gallischen Bischöfen die Angelegenheit zu klären; dazu sollten Vertreter beider
Parteien erscheinen.
Im X. 313 versammelte sich in Rom eine Synode, verstärkt durch 15 italische Bischöfe. Die
Verhandlungen ergaben die Haltlosigkeit der Vorwürfe gegen Caecilian; es kam
vielmehr zur Verurteilung des Donatus. Seine Anhänger gaben sich jedoch mit dem
Urteil nicht zufrieden und appellierten wegen angeblicher Formfehler an den
Kaiser. Im Bewusstsein seiner Verantwortung für die vera religio ordnete
Konstantin erneut eine richterliche Untersuchung durch eine größere Zahl von
Bischöfen an, die im August 314 in Arles zusammentraten.
Die Synode verwarf die
Appellation der Schismatiker, anerkannte nach römischem Brauch die Weihe durch
einen Traditor. Ihre Beschlüsse übersandte sie zur Veröffentlichung Papst
Silvester I.
Den
Freispruch für Karthagos BF Caecilian und die Entlastung des Felix von Abthungi
beantworteten die unterlegenen Donatisten wiederum mit einer Intervention beim
Herrscher, um eine Revision des Urteils zu erreichen. Noch immer auf Ausgleich
bedacht, ergab ein Prozess in Mailand
(316) erneut die Schuld der
Donatisten. Tumultuarische Unruhen und steigender Fanatismus nötigten nun zu
Eingreifen. Kirchen der Donatisten wurden beschlagnahmt, einige ihrer Bischöfe
verbannt und gegen die Aufständischen Truppen eingesetzt, ein Vorgehen, das die
Opposition jedoch nur verschärfte, so dass der Kaiser ihre Verfolgung wieder
einstellte.
Die
Konsolidierung des Donatismus
Konstantins
Duldungspolitik ermöglichte die Rückkehr verbannter donatistischer Bischöfe.
Als letzteren in Cirta eine Kirche weggenommen wurde, stiftete der Kaiser
Ersatz aus öffentlichen Mitteln. Den so gegebenen Freiheitsraum nützten die
Schismatiker aus, um ihre Gemeinden zu konsolidieren. Um das Jahr 336 konnte
ihr Führer Donatus in Karthago 270 schismatische Bischöfe zu einer Synode versammeln. Mit dem Anspruch,
die Kirche ohne Flecken zu sein, lehnte die Donatisten jede Gemeinschaft mit Katholiken
ab. Die Bewegung gewann immer mehr an Boden und wurde, von
Autonomiebestrebungen, zur Religion von fast ganz Afrika. Der Sieg über den
aufständischen Donatisten, das
Wirken des Hl. Augustinus und zuletzt die Wandalen legten das Schisma nieder.
No comments:
Post a Comment