5. Niederschrift und Sammlung der
neutestamentlichen Schriften
Im
Mittelpunkt der apostolischen Verkündigung stand die Frage: Ist der am Kreuz
hingerichtete Jesus von Nazareth mehr als ein Mensch, mehr als ein jüdischer
Rabbi gewesen? Das Ärgernis des Kreuzes konnte nicht umgangen werden. Aber das
Kreuz war im Leben Jesu nicht das Letzte: Der Herr ist auferstanden, er ist den
Aposteln wiederholt erschienen, er ist vor ihren Augen in den Himmel
aufgefahren und hat mit der pfingstlichen Geistsendung seine Verheißung
eingelöst.
Zentralthema
der apostolischen Verkündigung = der gekreuzigte und von Gott erhöhte Jesus
Wir
predigen den gekreuzigten Christus,
den Juden
ein Ärgernis,
den Heiden
eine Torheit.
Den
Berufenen aber, Juden wie Griechen,
Christus,
Gottes Kraft und Gottes Weisheit (1 Kor 1, 23).
Ich habe
euch überliefert:
Christus ist
für unsere Sünden gestorben gemäß den Schriften. Er wurde begraben und wurde
gemäß den Schriften am dritten Tag auferweckt (1 Kor 15, 3). Wenn aber Christus
nicht auferstanden ist, dann ist auch unsere Predigt leer, leer auch euer
Glaube (1 Kor 15,14).
Die
Apostel und ihre Mitarbeiter haben vor allem bei der Eucharistiefeier das
Geheimnis Christi immer wieder erschlossen. Die Gemeinden haben dabei die
apostolischen Jesusüberlieferungen empfangen; d.h. in Judenchristlichen Gemeinden wurde Jesus von Nazareth als der im
Alten Testament verheißene Messias herausgestellt, während in heidenchristlichen Gemeinden Jesus
als der einzige und wahre Kyrios (Herr) verkündet wurde, neben dem der Kaiser
(divus Augustus) und die heidnischen Götter nicht als kyrioi bezeichnet werden
können.
Gründe
für die Niederschrift der apostolischen Verkündigung
Sehr
verschiedene Gründe haben zur Entstehung jener Schriften geführt, die heute das
Neue Testament bilden. Seelsorgliche Anliegen haben Paulus zu Hirtenschreiben an die von ihm gegründeten
Gemeinden veranlasst. Paulus hat ausdrücklich gewünscht, seine Seelsorgsbriefe
möchten unter seinen Gemeinden ausgetauscht werden (Kol 4,16). In einem kurzgefaßten Jesusbuch sind wohl schon sehr früh
die bedeutendsten Aussprüche Jesu gesammelt worden
(sog.
Redequelle = Logien-quelle).
Ein
Ereignis, das eine tief greifende Glaubenskrise in den urchristlichen Gemeinden
ausgelöst hat, war der Zusammenbruch
der Parusie-Erwartung. Je mehr sich herausstellte, dass nicht mit einer
baldigen Wiederkunft (Parusie) Christi gerechnet werden konnte, umso heftiger
wurde der Wunsch, Augen- und Ohrenzeugen möchten authentische Berichte
hinterlassen. Der Urgemeinde von Jerusalem kommt daher eine hervorragende
Bedeutung zu, da in ihr viele Zeugen des geschichtlichen Jesus lebten. Aber auch das
Auftauchen der ersten Irrlehren (Doketen
und Gnostiker) ist eine Ursache gewesen, ohne die z.B. das johanneische
Schrifttum nicht denkbar ist.
Entstehung
der neutestamentlichen Schriften
Evangelien Paulusbriefe Andere
Schriften
51/52:
1. u. 2. Thess
54/57: Gal
57: 1. u. 2. Kor
58: Röm
62/63: Eph (?), Phil, Kol, Phlm
64: 1. Petr (?)
um 65 Mk
nach 70 Mt
um 75 Lk um
75 Apg
In nachpaulinischer Zeit entstanden 70/ 90: Jak, Jud, 2. Petr
um 80 Hebr
95/100 Joh 94/
95 Offb
95/100
1., 2. u. 3. Joh
um 100 1. u.2. Tim, Tit
Die
Sammlung der neutestamentlichen Schriften (Kanon)
Zu den
heiligen Schriften, die in der christlichen Eucharistie verlesen und ausgelegt
wurden, gehörten von Anbeginn Texte des Alten Testamentes. Es dauerte geraume
Zeit, bis die Sammlung der von den apostolischen Glaubenszeugen verfassten 27
Einzelschriften als Neues Testament zusammengefasst wurde und dem Alten
Testament rangmäßig zur Seite trat.
Papyrus ehester Beatty II: Die älteste Handschritt mit einem Paulustext (Eph 6, 20 bis Gal 1, 8), Anfang 3. Jh.
Der erste
Ansatz eines neuen Kanons war bereits um 150 n. Chr. in der Sammlung der vier
Evangelien (corpus evangelicum) erreicht.
Seit der Mitte des 2. Jh. entwickelte sich eine reich wachsende Produktion von
Jesusbiographien und von Briefen, die den Aposteln unterschoben wurden. Als
schließlich ein gewisser Marcion, der
sich im Herbst 144 mit der römischen Gemeinde überwarf und eine Gegenkirche
gründete, eine sehr eigenwillige Sammlung heiliger Schriften zusammenstellte
(dazu zählten ein stark verstümmeltes Lk und 10 ebenfalls verbesserte
Paulusbriefe, ohne Pastoralbriefe und Hebräerbrief), sah sich die Leitung der
Kirche aufgerufen, eine offizielle Abgrenzung der maßgebenden, normativen
Glaubensschriften des Neuen Testaments vorzulegen. Schriften, die nicht im
offiziellen Gottesdienst der christlichen Gemeinden, sondern nur in privaten,
meist sektiererischen, marcionitischen Zirkeln und gnostischen Geheimklubs
verlesen wurden (so genannte verborgene Schriften, auch Apokryphen genannt), erhielten keine offizielle
und verbindliche Anerkennung.
Das wichtigste historische Dokument, das den Stand des neutestamentlichen
Kanons gegen Ende des 2. Jh. zeigt, bildet das so genannte Muratorische Fragment. (Es handelt sich um eine in Bruchstücken
erhaltene Schrift aus dem Ende des 2. Jh., die von Ludovico Antonio Muratori in
der Ambrosianischen Bibliothek zu Mailand entdeckt und 1740 erstmals
veröffentlicht wurde.)
Im Jahre 367 stellte Bischof
Athanasius von Alexandrien in seinem 39. Osterfestbrief als erster jene
Liste von 27 Schriften als kanonizomena, d.h. als kanonische, vom Heiligen
Geist eingegebene Schriften heraus, die seither das Neue Testament bilden:
5 geschichtliche Bücher (Mt,
Mk, Lk, Joh und Apg)
21 Apostelbriefe (davon 14 Briefe von Paulus)
1 prophetisches Buch (Geheime
Offenbarung, auch Apokalypse genannt).
KKK 120; DS 179, 350, 1334-1336 (1442 K.
Florenz), 1501-1506 (1563 K. Trient).
KG in Dokumenten,
s.16
348 – Cyryl von
Jerusalem bezeugte 26 Bücher NT, ohne Apokalipse
382 – Synod in Rom,
27 Bücher NT, Dekretum Damasi
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