Saturday, 29 June 2013

5. Niederschrift und Sammlung der neutestamentlichen Schriften



5. Niederschrift und Sammlung der neutestamentlichen Schriften


Im Mittelpunkt der apostolischen Verkündigung stand die Frage: Ist der am Kreuz hingerichtete Jesus von Nazareth mehr als ein Mensch, mehr als ein jüdischer Rabbi gewesen? Das Ärgernis des Kreuzes konnte nicht umgangen werden. Aber das Kreuz war im Leben Jesu nicht das Letzte: Der Herr ist auferstanden, er ist den Aposteln wiederholt erschienen, er ist vor ihren Augen in den Himmel aufgefahren und hat mit der pfingstlichen Geistsendung seine Verheißung eingelöst.


Zentralthema der apostolischen Verkündigung = der gekreuzigte und von Gott erhöhte Jesus

Wir predigen den gekreuzigten Christus,
den Juden ein Ärgernis,
den Heiden eine Torheit.
Den Berufenen aber, Juden wie Griechen,
Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit (1 Kor 1, 23).

Ich habe euch überliefert:
Christus ist für unsere Sünden gestorben gemäß den Schriften. Er wurde begraben und wurde gemäß den Schriften am dritten Tag auferweckt (1 Kor 15, 3). Wenn aber Christus nicht auferstanden ist, dann ist auch unsere Predigt leer, leer auch euer Glaube (1 Kor 15,14).

Die Apostel und ihre Mitarbeiter haben vor allem bei der Eucharistiefeier das Geheimnis Christi immer wieder erschlossen. Die Gemeinden haben dabei die apostolischen Jesusüberlieferungen empfangen; d.h. in Judenchristlichen Gemeinden wurde Jesus von Nazareth als der im Alten Testament verheißene Messias herausgestellt, während in heidenchristlichen Gemeinden Jesus als der einzige und wahre Kyrios (Herr) verkündet wurde, neben dem der Kaiser (divus Augustus) und die heidnischen Götter nicht als kyrioi bezeichnet werden können.


Gründe für die Niederschrift der apostolischen Verkündigung

Sehr verschiedene Gründe haben zur Entstehung jener Schriften geführt, die heute das Neue Testament bilden. Seelsorgliche Anliegen haben Paulus zu Hirtenschreiben an die von ihm gegründeten Gemeinden veranlasst. Paulus hat ausdrücklich gewünscht, seine Seelsorgsbriefe möchten unter seinen Gemeinden ausgetauscht werden (Kol 4,16). In einem kurzgefaßten Jesusbuch sind wohl schon sehr früh die bedeutendsten Aussprüche Jesu gesammelt worden
(sog. Redequelle = Logien-quelle).

Ein Ereignis, das eine tief greifende Glaubenskrise in den urchristlichen Gemeinden ausgelöst hat, war der Zusammenbruch der Parusie-Erwartung. Je mehr sich herausstellte, dass nicht mit einer baldigen Wiederkunft (Parusie) Christi gerechnet werden konnte, umso heftiger wurde der Wunsch, Augen- und Ohrenzeugen möchten authentische Berichte hinterlassen. Der Urgemeinde von Jerusalem kommt daher eine hervorragende Bedeutung zu, da in ihr viele Zeugen des geschichtlichen Jesus lebten. Aber auch das Auftauchen der ersten Irrlehren (Doketen und Gnostiker) ist eine Ursache gewesen, ohne die z.B. das johanneische Schrifttum nicht denkbar ist.


Entstehung der neutestamentlichen Schriften


Evangelien                               Paulusbriefe                                                     Andere Schriften

51/52:  1. u. 2. Thess
54/57: Gal
57: 1. u. 2. Kor
58: Röm
62/63: Eph (?), Phil, Kol, Phlm
64: 1. Petr (?)
um 65 Mk
nach 70 Mt
um 75 Lk                                                                                                         um 75 Apg
In nachpaulinischer Zeit entstanden                 70/ 90: Jak, Jud, 2. Petr
um 80 Hebr
95/100 Joh                                                                                                       94/ 95 Offb
                                                                                                                        95/100 1., 2. u. 3. Joh
um 100 1. u.2. Tim, Tit






Die Sammlung der neutestamentlichen Schriften (Kanon)

Zu den heiligen Schriften, die in der christlichen Eucharistie verlesen und ausgelegt wurden, gehörten von Anbeginn Texte des Alten Testamentes. Es dauerte geraume Zeit, bis die Sammlung der von den apostolischen Glaubenszeugen verfassten 27 Einzelschriften als Neues Testament zusammengefasst wurde und dem Alten Testament rangmäßig zur Seite trat.

Papyrus ehester Beatty II: Die älteste Handschritt mit einem Paulustext (Eph 6, 20 bis Gal 1, 8), Anfang 3. Jh.

Der erste Ansatz eines neuen Kanons war bereits um 150 n. Chr. in der Sammlung der vier Evangelien (corpus evangelicum) erreicht. Seit der Mitte des 2. Jh. entwickelte sich eine reich wachsende Produktion von Jesusbiographien und von Briefen, die den Aposteln unterschoben wurden. Als schließlich ein gewisser Marcion, der sich im Herbst 144 mit der römischen Gemeinde überwarf und eine Gegenkirche gründete, eine sehr eigenwillige Sammlung heiliger Schriften zusammenstellte (dazu zählten ein stark verstümmeltes Lk und 10 ebenfalls verbesserte Paulusbriefe, ohne Pastoralbriefe und Hebräerbrief), sah sich die Leitung der Kirche aufgerufen, eine offizielle Abgrenzung der maßgebenden, normativen Glaubensschriften des Neuen Testaments vorzulegen. Schriften, die nicht im offiziellen Gottesdienst der christlichen Gemeinden, sondern nur in privaten, meist sektiererischen, marcionitischen Zirkeln und gnostischen Geheimklubs verlesen wurden (so genannte verborgene Schriften, auch Apokryphen genannt), erhielten keine offizielle und verbindliche Anerkennung.


Das wichtigste historische Dokument, das den Stand des neutestamentlichen Kanons gegen Ende des 2. Jh. zeigt, bildet das so genannte Muratorische Fragment. (Es handelt sich um eine in Bruchstücken erhaltene Schrift aus dem Ende des 2. Jh., die von Ludovico Antonio Muratori in der Ambrosianischen Bibliothek zu Mailand entdeckt und 1740 erstmals veröffentlicht wurde.)
Im Jahre 367 stellte Bischof Athanasius von Alexandrien in seinem 39. Osterfestbrief als erster jene Liste von 27 Schriften als kanonizomena, d.h. als kanonische, vom Heiligen Geist eingegebene Schriften heraus, die seither das Neue Testament bilden:


5          geschichtliche Bücher              (Mt, Mk, Lk, Joh und Apg)
21        Apostelbriefe                                       (davon 14 Briefe von Paulus)
1          prophetisches Buch                             (Geheime Offenbarung, auch Apokalypse genannt).


KKK 120;        DS 179, 350, 1334-1336 (1442 K. Florenz), 1501-1506 (1563 K. Trient).


KG in Dokumenten, s.16
348 – Cyryl von Jerusalem bezeugte 26 Bücher NT, ohne Apokalipse
382 – Synod in Rom, 27 Bücher NT, Dekretum Damasi

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