Saturday, 29 June 2013

8. Die Eingliederung der christlichen Kirche in das römische Reich



8. Die Eingliederung der christlichen Kirche in das römische Reich


Die Neuorientierung römischer Religionspolitik zu Beginn des 4. Jh. vollzog sich weitgehend im Rahmen überkommener Anschauungen, insofern nunmehr die Verehrung des Christen-Gottes Bürgschaft für die salus publica gewährleisten sollte.

Diokletians Tetrarchie: Vierkaiserherrschaft

West                                                                            Ost
Maximian, Maxentius                                                  Galerius, Maximinus Daja
Constantius Chlorus, Konstantin                                              Licinius

Konstantin, der Sohn des Constantius Chlorus und einer Schankwirtin namens Helena

306 – Konstantin gewählte Kaiser in Britanien
308 – Pakt in Carnuntum zwischen Konstantin und Maxentius
311 – Toleranzedikt von Galerius freie Bekenntnis christlichen Glaubens in allen Reichsteilen
312 – 28.X. Sieg Konstatntin an der Milvischen Brücke in Rom
313 – II. Mailänder Edikt – Konstantin und Licinius – Religionsfreiheit für Christentum
324 – Licinius wurde von Konstantin bei Adrianopel und Chrisopolis besiegt
330 – Gründung des Stadt Konstantinopolis, als Neu Rom, ohne heidnisches Tempel
337 – Tod des Konstantin


Die Wende der Religionspolitik unter Kaiser Konstantin

Der Wandel römischer Religionspolitik unter Galerius und Konstantin kam für die Christen nicht unvorbereitet. Wortführer aus ihren Reihen hatten schon lange Loyalität gegenüber dem Staat bekundet und selbst die Möglichkeit einer Kooperation von Kirche und Staat ins Auge gefasst.

Trotz der Übernahme christlicher Wege in das Gottesbild des Herrschers lässt sich kaum von einer Bekehrung im biblischen Sinne sprechen; er gab vielmehr dem Gott der Christen in seiner religiösen Vorstellungswelt Raum und begann dessen Kult als Pontifex Maximus zu fördern. Als Zeichen des militärischen Triumphes verlor gleichzeitig das Kreuz seinen Skandalon-Charakter, ein Umstand, der in der Folgezeit seine Darstellung als christliches Heilszeichen erleichterte.


Neuorientierung der Religionspolitik

Der siegreiche Kaiser übernahm als Pontifex Maximus die Sorge für den Kult des Christen-Gottes. Im Winter 312/13 übereignete Konstantin an die römische Christengemeinde das Gebiet der Laterani, wo die Basilica Constantiniana (San Giovanni in Laterano) errichtet wurde.

Reskripte an den Prokonsul von Afrika, Anullinus, verfügten die Rückgabe konfiszierten Kirchengutes, und dem Klerus des Bischofs Caecilianus von Karthago räumte man das Privileg der Liturgien ein (die steuerrechtliche Befreiung von öffentlichen Abgaben).

Die Kleriker dürfen nach Meinung des Herrschers ... weder durch Irrtum noch durch Sakrileg von ihrem der Gottheit schuldigen Dienst abgehalten werden, sondern sie müssen vielmehr ohne eine Behinderung ihrem eigenen (Kult) Gesetz dienen (dient salus publica).

Nach dem Vorbild der Priesterkollegien an heidnischen Tempeln werden die christlichen Kleriker in die religiöse Struktur der Zeit eingestuft, um ungehindert ihren sakralen Dienst für die Öffentlichkeit leisten zu können. Angesichts der donatistischen Wirren in Afrika tauchte jedoch plötzlich das Problem der Rechtmäßigkeit auf, ein Streit, in den der Kaiser alsbald selbst hineingezogen wurde.

Die Integration des Christentums mit dem römischen Imperium


Im Februar 313 trafen sich in Mailand Konstantin und Licinius zur Regelung jener Fragen, die aus dem Wandel der politischen Verhältnisse entstanden waren. Hinsichtlich der Religion einigte man sich im Anschluss an das Galerius-Edikt auf die Freiheit für das christliche Bekenntnis, und zwar neben der Tolerierung der alten Kulte. Über die Anerkennung (religio licita) hinaus wurde dem Christentum allgemeine Rechtsfähigkeit zuerkannt und zugleich die Rückgabe beschlagnahmter Kirchengüter verfügt, Maßgaben, die aus den veröffentlichten Reskripten in den jeweiligen Herrschaftsbereichen ersichtlich sind.

Konstantin lehnte den Kern des alten Kaiserkultes, das Opfer, entschieden ab, während er Titel und Funktion des Pontifex Maximus beibehielt und damit die Verantwortung im religiösen Bereich wahrnahm.

Im Rahmen dieser Religionspolitik machte sich christlicher Einfluss geltend, der nicht zuletzt humanisierende Züge aufweist. Im Jahre 315 ein Dekret, wonach das Antlitz von Verurteilten nicht mit dem Brandzeichen geschändet werden dürfe, weil es nach dem Gleichnis der himmlischen Schönheit gebildet sei. Hinsichtlich der Sklaven, in einer für die antike Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung schwerwiegenden Frage, ermöglichte ein Erlass (316) die Freigabe in der Kirche.

Nach einem Gesetz vom Jahre 318 können Streitsachen vor einem bischöflichen Schiedsgericht entschieden werden; die Anerkennung einer kirchlichen Rechtsinstanz illustriert die Tragweite der lex christiana.

Im Jahre 321 verordnete Konstantin, dass der Sonntag nicht durch Gerichtsverhandlungen oder handwerkliche Arbeit entweiht werden dürfe. Der religionspolitische Kurs steuerte offenkundig auf das Bündnis des Staates mit der Kirche zu, die immer ausschließlicher wahren cultus dei verbürgte; dementsprechend verloren die heidnischen Kulte an Bedeutung. Alle diese Maßnahmen bestätigen, dass Konstantin das Christentum nicht auf eine kultische Funktion beschränkte, sondern durchaus seinen ethischen Impulsen Raum gab.


Die Universalmonarchie Konstantins

Das Konzil von Nikaia wirkte als Demonstration kirchlich-staatlicher Integration, eben als Reichskonzil. In der Angleichung kirchlicher Strukturen an die Provinzgrenzen des Reiches und der Zuweisung rechtlicher Vollmachten an den Metropoliten bzw. die Provinzsynode wurde die Verschränkung beider Größen deutlich. Konstantin gesicherte als Universalherrscher die in Nikaia beschworene Einheit.

Konstantin sah sich genötigt, die theologischen Parteien zur Einheit zu drängen und er verfolgte weiterhin das Ziel einer Integration des Christentums in das Reich. Über machtpolitische Interessen hinaus kamen bei der Neuordnung des gesellschaftlichen Lebens verstärkt christliche Motive zum Tragen. Die wegen ihrer Grausamkeit berüchtigten Gladiatorenspiele wurden eingeschränkt, und die Exekution durch Kreuzigung grundsätzlich abgeschafft. Im Jahre 326 erging ein strenges Gesetz, das den Ehebruch der Frau mit dem Tode ahndete, wobei sich biblische Strenge mit altrömischer Rechtsauffassung verband.

Die von den Christen entschieden abgelehnte Kindsaussetzung wurde zwar nicht verboten, jedoch suchte man ihre Ursachen zu beheben, insofern arme Eltern staatliche Hilfe erhielten. Einer unmenschlichen Rücksichtslosigkeit steuerte das Verbot, Sklavenfamilien bei einer Erbteilung zu trennen.

Der Universalherrscher Konstantin äußerte sich seit 324 immer deutlicher seine Sympathien für das Christentum, und zwar für die Beobachter des katholischen Gesetzes; Häretikern und Schismatikern kamen die kaiserlichen Privilegien nicht zugute. Die Bischöfe der katholischen Kirche erlangten staatliche Ehrenrechte (Nobilitierung).

Ein großzügiges Bauprogramm bescherte den Gemeinden von Rom bis Jerusalem Basiliken und Martyrien. Konstantin stiftete um 325 über einer Gedächtnisstätte des Apostels Petrus am Vatikan eine Basilika, und seine Mutter Helena ließ eine Reihe von Kirchen und Palästen errichten. Ihren Höhepunkt erreichte die kaiserliche Bautätigkeit mit der Gründung der neuen Hauptstadt am Bosporus, Konstantinopel.
Es sollte das Neue Rom in seinem Erscheinungsbild eine christliche Stadt werden, die nur Kirchen und keine heidnischen Tempel in ihren Mauern aufweist. Als sie im Jahr 330 eingeweiht und zur kaiserlichen Residenz erkoren wurde, fand nicht nur ein christlich-religiöses Programm seinen Ausdruck, es verlagerte sich auch der politische Schwerpunkt in den Osten.

Als episkopos ton ektos, fühlte er sich nach wie vor für die Kirche verantwortlich. Während der Vorbereitungen zum Krieg gegen die Perser erfassten Konstantin in Nikomedien Todesahnungen. Er, der bislang nur als Katechumene zur Gemeinschaft der Christen zählte, ließ sich auf dem Sterbebett von dem arianischen Hofbischof Eusebios taufen. Vermutlich hinderte ihn seine Funktion als römischer Kaiser, der nach wie vor mit der Welt des Heidentums verantwortlich verwoben war, diesen Schritt früher zu vollziehen. Als Neugetaufter starb Kaiser Konstantin am Pfingstfest des Jahres 337 bei Nikomedien.

Im Westen webte man um den verstorbenen Herrscher die sog. Silvester-Legende, wonach der erkrankte Kaiser von Papst Silvester I (314-335) getauft wurde und so Heilung vom Aussatz erlangt habe. Die im 8. Jh. formulierte Fälschung, bekannt als Konstantinische Schenkung, erzählt dieses Ereignis und bemerkt ergänzend, dass der Kaiser zum Dank für die Gesundung dem Papst die kaiserlichen Insignien und den Westen des Reiches übergeben habe; denn es sei nicht recht, dort als ein irdischer Kaiser Gewalt zu üben, wo vom himmlischen Kaiser der Vorrang der Bischöfe und das Haupt der christlichen  Religion eingesetzt sei.


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