Tuesday, 30 April 2013

Exegese altes Testament Abraham Einleitung



Exegese AT: Abrahamserzählungen


Hinweis im Literaturverzeichnis besonders auf Ruppert.

0. Einleitung

        Die wichtigsten Persönlichkeiten im AT sind Abraham, Moses, David. Davon ist Abraham der einzige der aus neutestamentlicher Sicht nicht relativiert wird. Moses und David werden in Christus überholt (Mt 5,1 etc.). Es ist sogar so, dass die Bedeutung Christi anhand von Abraham herausgestellt wird (Joh 8,58: Noch ehe Abraham wurde, bin ich).
        Die Bedeutung des Abraham:
-         Röm 4,10: Abraham ist der Vater aller Glaubenden
-         Abraham ist das Bindeglied der drei großen monotheistischen Religionen
-         Abraham ist das Urbild jedes glaubenden Menschen
        An Abraham geht als erstes eine ausdrückliche biblische Verheißung: Beginn der Heilsgeschichte, Eröffnung eines Hoffnungsraumes. Jeder Glaubende ist in diese Verheißung miteinbezogen universales Heil des biblischen Gottes, alle Menschen sollen gerettet werden.

1. Die Abrahamserzählungen Gen 11,27 – 25,11 (allg. Überblick über Komposition und Entstehung)

1.1 Die Vätererzählungen (Gen 12-50) in ihrem heutigen kanonischen Kontext

        Überblick über die Vätererzählungen (es ist ein Erzählduktus über 4 Generationen):
-         (Gen 11,27-32: Geschlechterfolge nach Terach)
-         Abraham: 11-25
-         Isaak 26
-         Jakob 27-36
-         Joseph 37-50
        Abraham Isaak Jakob (Esau) (12 Söhne) Joseph

Die Stellung der Vätererzählungen zwischen der Urgeschichte (UG) und dem Exodus:
a) Die Verbindung von UG und der Abrahamserzählung (AE):
        Genealogische Verbindung:
-       Der Stammbaum von Sem in 10,21f. wird in Gen 11,10 noch einmal aufgegriffen. 11,18 führt die Söhne Pelegs auf, die in 10,25 nicht genannt werden. Der Stammbaum geht bis 11,27 wo Terrach Abraham zeugt So wird Abraham genealogisch über Noah mit Adam verbunden! Durch die hohen Lebensalter der Vorfahren Abrahams wird erreicht, dass alle Vorfahren Abrahams seine Geburt erleben!
-       Die AE wird so auf die UG fokussiert und wird damit zur UG Israels: ähnlich wie die UG der Menschheit ist die UG Israels eine Familiengeschichte.
        Theologische Verbindung:
-       Rad: Die UG ist die Kulminierung der menschlichen Schuld, die den Fluch Jahwes nach sich zieht. Es gibt 3Flüche: Ackerboden, Kain, Ham, wobei sich der Fluch steigert und auf alle menschlichen Beziehungen tangiert. Damit einher geht eine zunehmende Lebensminderung. Immer gibt es jedoch den Aspekt der Bewahrung des Menschen durch Jahwe: Fellkleidung, Kainsmal und Arche.
-       In der AE wird nun dem Fluch der UG das Segenswirken Jahwes entgegengestellt es beginnt ein neues Kapitel in der Beziehung Gottes zum Menschen in Kontinuität und Diskontinuität zur UG: Jahwe spricht direkt zu Abraham, letzter Adressat war Noah wie bei Noah geschieht Bewahrung und Heil. 12,2.3: fünfmal „Segen“, der durch Abraham universal auf die Völker bestimmt ist. Die Verfluchung des Ackerbodens von 3,17 wird in 26,12 aufgehoben, weil sich der Segen Abrahams auswirkt.
        weitere Verbindungen der UG mit der AE:
-       Die Ost-West-Bewegung der UG (2,8 und 11,2) setzt sich in der AE fort: Abraham wandert von Ost nach West, wird aber in ein neues Eden (13,10) hineingeführt, weil er auf den Ruf Jahwes hört.
-       Parallelisierung des Abraham mit Noah: Wie Noah wird Abraham durch Jahwe bewart, weil er seinen Weg mit Jahwe geht. Wie Noah in 8,20 baut Abraham in 12,7 einen Altar
-       Die Berufung des Abraham ist auf dem Hintergrund des Turmbaus zu lesen: Das, was sich die Menschen selber aneignen wollten, wird Abraham in 12,2 von Gott verheißen (großes Volk, großer Name). Abraham wird zum Prototyp des gelungenen Menschseins in der nachsintflutlichen Zeit.
-       Baumgartner: Kap. 10/11 gehörten nicht mehr zur UG, sondern bilden die Verbindung zwischen UG und VE: Erst in 12,1.7 (also später als alle anderen) ergeht die Landverheißung (Kanaan) an Abraham. Die beiden Kapitel davor (10/11) beschreiben über die Genealogie, wie Israel durch Abraham zum Land kommt.

b) Verbindung der Vätererzählungen (VE) mit dem Exodus:
        15,13: Vorausblick auf die Sklaverei.
        Verbindung aufgrund der Landverheißung:
-       12,7: erste Landverheißung und Eröffnung des Bogens, denn die Einlösung geschieht erst in Josua, bzw. vollkommen mit David.
-       Damit einher geht ein neues Gottesverständnis: Jahwe verpflichtet sich Israel und löst seine Verheißung in der Geschichte ein.
        Verbindung aufgrund der Sohnes-/Mehrungsverheißung:
-       15,5: Verheißung zahlreicher Nachkommen, die in Isaak eingelöst wird, sich aber erst in Ex 1,7 entfaltet. Erst in Ägypten kann das Volk entstehen. Dieser Umweg über Ägypten wird aber auch der VE nicht ersichtlich. Deshalb ist die Verbindung zw. VE und Exodus nicht so eindeutig.
Die VE ist wichtiges Bindeglied zwischen der UG und Ägypten (die Josefgeschichte erklärt den Aufenthalt Israels in Ägypten)
Die VE sind die Urgeschichte Israels, weil Abraham der Stammvater Israels ist.

1.2 Die Abrahamserzählungen im kanonischen Kontext der Vätererzählungen (VE)

Folgende Verbindungen lassen sich feststellen:
1.   AE (12-25) und VE sind durch die Generationsfolge miteinander verbunden (Abraham, Isaak, Jakob, Josef) genealogische Verbindung
2.   Die Verheißungen sind weitere Verbindungen:
-       Die Landesverheißung in 12,7 an Abraham wird in 26,3 für Isaak erneuert
-       Die Mehrungsverheißung in 12,3 und in 15,5 an Abraham wird in 26,3 für Isaak erneuert.
-       28,13 koppelt beide Verheißungen und fügt noch die Segensverheißung hinzu.
über die genealogische Verbindung hinaus werden die drei Patriarchen (Abraham, Isaak und Jakob) durch die Verheißungen theologisch verbunden.
3.   Motiv der Unfruchtbarkeit der „Erzmutter“:
-       Sarah, Frau des Abraham (11,30)
-       Rebekka, Frau des Isaak (25,31)
-       Rahel, Frau des Jakob (29,31). Sie bedient sich wie Sarah ihrer Magd um Kinder zu bekommen.
Die mehrmalige Aufnahme des Motivs der Unfruchtbarkeit verbindet die Patriarchen miteinander.
4.   Isaak und Jakob haben Frauen aus der Verwandtschaft und keine Kanaaniterinnen (29,18-30). Es ist einen Haltung der Abgrenzung gegenüber Fremdvölker. Esau bricht diese Regel (26,34) und heiratet Hetiterinnen.
5.   Der Erstgeborene wird nicht zum Träger der Verheißung: Isaak tritt an Ismaels Stelle (AE) und Jakob an Esaus (VE).
6.   Gefährdung der Frauen: Sarah in Gen 12 und 20 (Dublette) / Rebekka in Gen 26. Die Intention ist Isaak in enger Analogie zu Abraham darzustellen.

Komposition der Vätererzählungen:
Die VE ist nicht, wie man aufgrund der Verbindungen (s.o.) annehmen könnte aus einem Guss entstanden, sondern in drei Abschnitten, die eine jeweils unterschiedliche Genese haben:
1.      Die AE, die aus Einzelerzählungen besteht, die locker miteinander verknüpft sind.
2.      Die Jakobserzählung (inklusive Esau-Jakob-Laben-Zyklus 27,41 – 33,20), die im Gegensatz zur AE ein umfangreicher Erzählzyklus mit einem durchkomponierten Erzählbogen ist.
3.      Die Josefserzählung (Gen 37.39-50), die ebenfalls eine schlüssige Erzählung ist.

1.3 Synchroner Überblick zu den Abrahamserzählungen

        Aufgabe: AE lesen und einen Überblick, bzw. Gliederung über die AE anhand der Bibel herausschreiben!
        Bezüge innerhalb der AE:
-       Lot und Sodom/Gomorra in 13,11 und Gen 19
-       Geographische Bezugnahme (Negeb-Ägypten-Negeb) in 12,9.10 und 13,1
-       Bezüge der Kapitel 16-18. 21. 22. 24

Theologischer Duktus innerhalb der AE nach Seebass:
        Einleitung (11,27-32 Stammbaum des Terrach)
        Erster Abschnitt (12,1 – 15,21): „das Land der Zukunft“
-       12,10-20: Abraham flieht aus Kanaan nach Ägypten: Verheißungsland ex negativo. Die erste Verheißung droht zunichte zu werden, da Sarah Haremsfrau wird. Abraham wird zum Vorläufer Israels in der Josefsgeschichte. Beide Male steht die Zukunft Israels auf dem Spiel
-       Gen 13: Verheißungsland ex positivo. Lot scheidet als Verheißungsträger aus und der scheinbar benachteiligte Abraham bekommt in 13,15.16 eine erneute Verheißung.
              die Landverheißung von 12,7 wird in diesem Abschnitt variiert gefährdet.
     Zweiter Abschnitt (15,1 – 22,19): „der leibliche Erbe von Sarah“
-       Zwei Themen: Land (15,18) und leibliches Erbe (15,4: der Haussklave scheidet als Erbe aus)
-       Es zeichnet sich ab, wie Jahwe die Mehrungsverheißung (MV) umsetzt. Da Lot und der Haussklave bereits ausgeschieden sind, verengt sich die Mehrungsverheißung auf Ismael, der aber in 17,21 ausscheidet und in 21, 9-21 verstoßen wird.
-       Erneuerung des Bundes in Gen 17 und Geburtsverheißung des Isaaks in Gen 18.
-       18,16-19: Gericht gegen Sodom und endgültige Ausschließung des Lot. In 19,30-38 wird Lot zum letzten Mal erwähnt.
-       Gen 20: erneute Gefährdung der MV durch Abimelech. Gott greift aber ein.
-       Gen 21: Geburt des Trägers der MV: Isaak
-       Gen 22: Opfer Isaaks als erneute Gefährdung der MV. Ismael und Isaak werden beide durch das Eingreifen Jahwes gerettet Abraham muss beide Söhne aus der Hand geben, um sie neu zu empfangen.
     Dritter Abschnitt (22,20 – 25,6): „Frauen um Abraham“
-       Gen 23: Tod Sarahs. In Gen 24 tritt Rebekka als neue Ahnfrau an die Stelle Sarahs.
     Vierter Abschnitt (25,7-11): Tod Abrahams

auf synchroner Ebene lässt sich eine stimmige Komposition der AE feststellen. Die Verheißung an Abraham setzt sich durch und mit Isaak beginnt der Anteil am verheißenen Land. Dennoch gibt es Unstimmigkeiten: Gen 14 fällt aus dem Gesamtduktus heraus und es ist eine redaktionelle Bearbeitung von einst unabhängigen Erzählungen anzunehmen. Deshalb:

1.4 Die Abrahamserzählungen diachron betrachtet

1.4.1 Vorbemerkung: Der gegenwärtige „Paradigmenwechsel“ in der Pentateuchkritik

Die drei Entstehungsmodelle des Pentateuchs:
1.      Neuere Urkundenhypothese (vier-Quellen-Modell) von Wellhausen (entwickelt aus der Urkundenhypothese): J(9.Jh.)+E(8.Jh.)=JE + Dtn(7.Jh.) + P(550)
2.      Fragmentenhypothese: Unabhängige Schriften werden von einem Redaktor zusammengefügt
3.      Ergänzungshypothese: Kombination von 1+2 (Ergänzung der Grundschicht, bestehend aus J,E,P durch Fragmente)

Zum Folgenden vgl. „Thesenblatt zur neueren Pentateuchdiskussion“:
        Zu 2b): Theorie von Noth (Überlieferungsmodell): Es gibt eine Grundschicht, aus der sich J und E unabhängig voneinander entwickelten. G selber entwickelte sich aus unabhängigen Erzählkränzen. (Problem: unklare Zergliederung, die schwer verifizierbar ist)
        Zu 3: Kriterien zur Abgrenzung von P setzt Zapff aus der Einleitung voraus.
        Zu 4a): Ist der priesterlichen Bestand (P) eine eigene Quelle, oder ist P redaktionelle Bearbeitung von nP?
        Zu 4b): Der nichtpriesterliche Bestand (nP) ist aus Erzählzyklen entstanden, die redaktionell zu einem Ganzen zusammengefügt wurden. Somit kann man sowohl die thematischen Zusammenhänge, als auch die literarischen Widersprüche erklären.

1.4.2 Umfang und Theologie des priesterschriftlichen Bestandes in den Abrahamserzählungen

Grundsätzliches zu P:
        P ist die jüngste Quelle im Pentateuch. Sie kennt nP und nimmt darauf Bezug.
        P wurde vor allem an der UG erarbeitet und von da auf den Tetrateuch übertragen
        Unklar ist, ob P eine eigene Quelle ist (Wellhausen, Zenger), oder ob P Bearbeitung eines früheren Werkes im Sinne einer Fortschreibung von nP ist (Rendtorf, Blum). Dieser Frage wird im Folgenden nachgegangen. Kennzeichen dafür dieses Zeichen:
Eigenart und Charakter von P:
        P in der UG:
-       Zwei priesterliche Erzähleinheiten: erster Schöpfungsbericht und priesterliche Sintfluterzählung (Schöpfung und Antischöpfung). Die Arche ist Mikrokosmos, der Bund mit Noah hat zum Anliegen den Bestand der Schöpfung dauerhaft zu sichern.
-       Fünf Toledots (siehe Vorlesung Urgeschichte)
P in der UG kann man zu einer eigenständigen Erzählung abtrennen. Problem ist die Trennung von P und nP in der Sintfluterzählung.
        P in der VE:
-       Zum Anteil von P siehe Blatt (in der Bibel makieren!): P ist in drei Gruppen unterteilt:
a) Toledots (fünf)              b) narrative Texte (Erzählmaterial)              c) Itinerative (Wanderungsnotizen)
a) Aspekte hinsichtlich der Toledot-Formeln:
        Die Toledots leiten immer eine Geschlechterfolge, oder eine Geschichte ein, nie aber (...)
        Die Einleitung der Toledots (Toledotformel) korrespondiert mit dem Tod des Stammvaters (Todesnotiz) am Ende des Toledots Abgrenzung zwischen den Vätern. Daraus ergibt sich folgende Gliederung in der VE:
1.      Terrach-Toledot (= AE) 11,27 – 25,11
2.      Ismael-Toledot (Nebenlinie) 25,12-18
3.      Isaak-Toledot (= Jakobsgeschichte) 25,19 – 35,29
4.      Esau-Toledot (Nebenlinie) Gen 36
5.      Jakob-Toledot (Geschichte Josephs und seiner Brüder) Gen 37 – 50
Auffälligkeiten nach Blum:
-       Die Nebenlinien heben sich von den anderen Toledots, den Hauptlinien ab. Sie sind dazwischen geschoben und spielen danach keine Rolle mehr.
-       Die Nebenlinien enthalten genealogische Angaben und nichtpriesterliches Material Abwechslung zwischen P und nP.
              Daraus lässt sich schließen, dass P Bearbeitung eines früheren Werkes (nP) ist (gegen das Wellhausen-Modell)
Intention der Toledots:
-       Nach der Todesnotiz schließt sich der Hinweis auf den Wohnsitz der Nachkommen an (Gen 25,18). Damit erreichen die Toledots, dass die Hauterben im Verheißungsland bleiben und die Nebenlinien außerhalb wohnen. Die Nachkommen Sems rücken nach und nach in ihr Territorium ein, Jakob und Isaak sind bereits im Verheißungsland, aber es gehört ihnen noch nicht.
-       Die fünf Toledots der VE bilden zusammen mit den fünf der UG die Zahl zehn.
              Die eigene Intention der Toledots spricht für die Eigenständigkeit von P als Quelle.

b) Aspekte hinsichtlich des narrativen Textes 17,1-27
        17,1: „Gott der Allmächtige“ (yD;v; lae) taucht nur noch in Gen 28,3; 35,11; 48,3 und Ex 6,2 auf. Letztere Stelle ist die priesterliche Variante zur Dornbuscherzählung. Verbindung zw. Exodus und VE.
        P hat eine gestufte Offb mit folgenden Phasen des Gottesnamens: Elohim in der UG, El Schaddai in der AE, Jahwe in Ex 6,2.
              Dieser Sachverhalt spricht für die Eigenständigkeit von P als Quelle.

Das Bundesthema:
        Verbindung von Noah und Adam durch den Bund, der beidesmal unbedingt ist. Zeichen des Bundesschlusses ist der Regenbogen und die Beschneidung.
        In den allgemeinen Bund mit Noah wird der Bund mit Abraham für Israel hineingestellt konzentrische Kreise, typisch für P.
              Bei Abraham gibt es den Bundesschluss zweimal: Doppellung in Gen 15 und 17. Das spricht für P als Quelle. Versteht man aber die Doppellung als Korrektur, spricht der gleiche Sachverhalt für P als Bearbeitung eines früheren Werkes.
        Anhand von Gen 17 lässt sich die Abhängigkeit von P vom vorpriesterlichen Bestand erkennen

c) Aspekte hinsichtlich der Itinerare
        Itinerare sind Notizen über die Wanderungen der Väter
        Gen 12,4b-5 ist P wegen der Altersangabe und der Abhängigkeit vom Toledot Terrachs.

              Die Problematik um in Gen 16 und 21 spricht eher für P als Redaktion
              Bei der Geburtserzählung des Ismaels und des Isaaks sprechen mehr Argumente für P als Quelle

              Man kann wegen der Kompliziertheit keine klare Entscheidung treffen, ob P Quelle oder redaktionelle Bearbeitung ist!

Zapff vertritt die Position, dass P eine Quelle ist: P ist als Gegenkonzeption zu nP eingefügt worden. P setzt andere Akzente, aber behält dennoch deutlich den Inhalt von nP bei (z. B. bei der Landes- und Mehrungsverheißung). P verschweigt menschliche Schwäche (z.B. die Entehrung des Noahs), und zeichnet die Gestalten als Helden. Deshalb fällt der Bestand von P in der AE relativ gering aus.

Datierung der Priesterschrift:
Es gibt zwei Positionen:
a)   Für eine exilische Entstehung spricht die Landes- und Mehrungsverheißung (Betonung der Dauerhaftigkeit der Verheißung, der Bundesschluss (Betonung der Beschneidung als äußeres Zeichen im fehlenden staatlichen Rückhalt), sowie die Sabbatterminologie.
b)   Für eine nachexilische Entstehung spricht die Mischehenproblematik ( Gen 26,34ff. und 27,46 – 28,8), die in Esra 9 wichtig ist.

1.4.3 Der Bestand an nichtpriesterlichen Texten (nP) in den Abrahamserzählungen

Erzählduktus nach Abzug von P in Gen:
        Zweiter Schöpfungsbericht
        Sündenfall, Sintflut, Turmbau
        In Gen 12,1 nimmt sich Gott die Sippe Abrahams heraus und führt sie ins Verheißungsland
        Der Gesamtduktus führt über Abraham, Ismael, Isaak, Jakob, Joseph und seine Brüder (12 Stammväter)
Schwierigkeiten bereitet, dass nP aus einem komplexen Geflecht von Einzelerzählungen, mit jeweils unterschiedlicher Theologie besteht. Früher nahm man folgendes Entstehungmodell an:

Das Enstehungsmodell von nP nach Wellhausen:
        nP entstand aus zwei Erzählwerken: dem Jahwist (J) und dem Elohist (E), die der Jehowist zum Jehowistischen Geschichtswerk (JE) verband.
        Problem: J und E kann man nicht genau voneinander unterscheiden. Auch die Subtraktionsmethode greift nicht, weil man nicht einmal eine Schicht genau abzugrenzen vermag. J, E und JE sind also hypothetische Größen. Deshalb zog man bald ein anderes Modell vor:

Kombination von modifizierter Fragmenten- und Ergänzungshypothese:
        nP entstand aus der Komposition von einzelnen Bausteinen der Überlieferung.
        Man nimmt eine Grundschicht an, der Fragmente eingearbeitet wurden. Diese ist dann fortgeschrieben worden: (G + Fragmente) + Fortschreibung
        J, E und JE sind also keine Quellenschichten mehr, sondern Überarbeitungen, bzw. Fortschreibungen.
        Offen bleibt die Frage nach dem Umfang von nP: von Gen 2,4b bis Num oder nur in der VE?

Wie muss man sich die Entstehung der nP Vätererzählung vorstellen?
Unter 1.2 (Komposition der Vätererzählungen) sind die drei Abschnitte in der VE charakterisiert worden. Diese drei Erzählungen sind auch geographisch von einander unterschieden:
        Die AE spielt sich im Süden ab (Negeb, Sodom, Mambre, ...)
        Die Jakobsgeschichte spielt sich in Mittelpalästina ab (Bet El, Jabok-Fluß, Sichem)
Einmal gibt es jedoch eine geographische Überschneidung, die Abraham und Jakob miteinander verknüpft.
              Die nP VE muss aus ursprünglich selbstständigen Erzählungen entstanden sein, die dann über die Genealogie und über die Geographie miteinander verknüpft wurde.

Der nichtpriesterliche Bestand in den Vätererzählungen (siehe Blatt):
        Zu a): Gen 14 ist aufgrund des anderen Erzählduktus und der anderen Charakterisierung des Abraham als Krieger, was sonst nicht vorkommt, ausgeschieden.
        Zu b): Kriterien für die Zurechnung des Sondergutes zum Elohisten: Meidung des Gottesnamens Jahwe (eher Elohim) und Motiv der Gottesfurcht.
        Inhaltlicher Duktus der nP AE anhand von c) in der Bibel nachvollziehen.

Überlieferungsgeschichte der nP AE:
Besonders in Gen 18/19 lässt sich eine mündliche Vorüberlieferung feststellen. Gen 19 (Sodom und Gomorra) hat ätiologische Züge. Der Text erklärt, warum das südliche Gebiet am Toten Meer so wüst ist. Der Vorverweis auf Sodom in 13,13 ist redaktionelle Einfügung, um Gen 19 einzugliedern. Außerdem weiß Gen 19 nichts von Abraham. Gen 19 ist eine ursprünglich eigenständige Einzelerzählung.

Diachroner Bezug der nP AE zur UG und zur VE (Ergänzung zur synchronen Verbindung unter Punkt 1.1). Beziehungen entstehen durch folgende redaktionelle Verbindungen:
        Gen 12,1-3 ist Scharnier zw. UG und AE
        11,1-9 (Turmbau) ist Kontrastfolie zu Abraham
        12,1-3.7 und 28,13-15 sind älteste Verheißungen, die als redaktionelle Klammer fungieren.
        Durch das Segensthema entsteht ein großer Erzählzusammenhang:
-       Der Segen in AE ist Kontrapunkt zum Fluch der UG: redaktionelle Verknüpfung durch das Fluch-Segen-Thema
-       Der Segen spannt einen Bogen zur Jakobserzählung (12,2 entspricht 28,14-15). Das Segensthema beherrscht den Fortgang der nP AE. Weitere Segnungen, bzw. Auswirkungen des Segens (in der Bibel makieren): 13,2.5 / 24,35 / 26,12-16 / 27,27-29 (Jakobssegen) / 30,27.29-30 / 32,5-6 (Auswirkung auf Laban)
Auf redaktioneller Ebene werden einst unabhängige Segnungserzählungen miteinander verbunden: Der Segen Jahwes, den er Abraham versprochen hat, wirkt sich auf die anderen Personen aus.
        Die genealogische Verbindung: Abraham – Lot – Ismael – Isaak – Jakob, Esau
        Die Geographie (s.o.)
Umstritten ist der Umfang der nP AE. Drei Meinungen gibt es:
-      Kratz: es ist eine Komposition von der UG bis zu den VE (Zapff)
-      Blum: (AE + Jakobserzählung) wurden mit der UG verbunden
-      Ruppert: die jahwistische Grundschrift geht bis zum Exodus

Die Intention der nP Komposition:
        zwei Grundintentionen: Geburt der Söhne Jakobs (vor allem Juda von Lea in 29,35) und Umbenennung Jakobs in Israel Juda und Jakob-Israel werden die Stammväter der beiden Staaten Juda und Israel.
        Jahwisierung: Identifikation der Gottheiten der Väter mit Jahwe (monolatrisches Denken). Durch die Verbindung von UG und VE wird der Gott der Schöpfung aus der UG wird mit Jahwe identifiziert. Daneben wird die Familienreligion, die vorexilisch auch andere Gottheiten zuließ, mit der Staatsreligion verbunden.
        Nationalisierung: Israel und Juda werden zu Vater und Sohn inmitten anderer Bruderstaaten. Die nP VE ist die Gründungslegende der Staaten Israel und Juda in nichtstaatlichem Gewand.

Die Datierung der nP Komposition:
a)     Wellhausen (Ruppert): 10.Jh., salomonische Zeit, Absicht war die Festigung des davidischen Reiches. Aber: man kann so früh nicht mit einer Jahwe-Monolatrie rechnen. Sie ist frühestens im 9. Jh. (mit Elia) anzusetzten.
b)     Blum: exilische Zeit, 6.Jh.
c)      Zenger, Kratz: nach 720 v. Chr. (Fall Samariens durch die Assyrer 722).




1.5 Zum historischen Hintergrund der Abrahamserzählungen, oder: „Gab es eine Patriarchenzeit?“

Literatur vor allem Ruppert: Genesis. S. 40-60

1.5.1 Ausgangspunkt für die historische Rückfrage

Bezug zur diachronen Analyse:
a)     Die Texte aus P sind relativ jung und somit nicht für die Historie heranziehbar. Insbesondere die Toledot sind nicht historisch anzusehen, sondern haben theologische Bedeutung.
b)     Die elohistischen Texte sind aus dem 8. Jh.. Wenn man die Patriarchenzeit auf 1250 v. Chr. ansiedelt ist der Abstand von 400 Jahren ein zu großer Zeitraum für historische Rückschlüsse.
c)      Selbst wenn man für die jahwistischen Texte aus dem 10. Jh. eine mündliche Vorüberlieferung annimmt, ergibt sich im günstigsten Fall immer noch ein Abstand von 250 Jahren.
Aufgrund der literarischen Verhältnisse kommt nur einem geringen Textbestand Historizität zu. Mündliche Überlieferungen über so lange Zeit sind unzuverlässig.

Der Versuch die Patriarchenzeit (PZ) zu datieren scheitert an folgenden Punkten:
1.      Die Abfolge der Väter ist nach den diachronen Untersuchungen keine chronologische und somit nicht historisch. Wenn es eine PZ gegeben haben sollte, handelte es sich höchstens um einzelne Gestalten, auf die sich die Stämme beziehen.
2.      Die Einordnung der VE in die UG setzt die biblische Darstellung voraus, die davon ausgeht, dass die PZ eine Epoche zwischen der Landverheißung und der Landnahme darstellt. Es ist zweimal von einer Landnahme berichtet, einmal friedlich in Exodus und einmal kriegerisch in Josua. Ein Vorschlag ist, die PZ als Teil der Landnahme anzusehen.
3.      Textinterne Indizien für eine Datierung fehlen. Die VE spielt sich in einer Zeitlosigkeit ab. Weder die Lebensweise als Halbnomaden (es gab sie immer) noch die Könige in Gen 14 (man kann sie nicht identifizieren) geben einen Anhaltspunkt.
Die VE geben keinen Hinweis auf eine Datierung. Man kann die PZ nicht als Epoche vor der Landnahme annehmen.

1.5.2 Datierungsversuche Abrahams

1.      Der früheste Datierungsversuch bringt Abraham mit der amoritischen Wanderung im Zeitraum von 2200 – 1900 v. Chr. in Verbindung. „amartum“ heißt westlich und die Amoriter sind eine Volksgruppe die westlich wanderten und in Kanaan einsickerten. Dagegen spricht die Unklarheit und dass eine 1000jährige mündliche Überlieferungsgeschichte notwendig gewesen sein müsste, da die früheste Abrahamserzählung um 900 verschriftlicht wurde.
2.      Ein weiterer Datierungsversuch bringt Abraham mit den Hyksos in Verbindung. Dies sind semitische Völker, die nach Ägypten eindrangen. Gen 12,10-12 (Abraham zieht mit Sarah wegen der Hungersnot nach Ägypten) könnte mit ihnen in Verbindung stehen. Das ist aber ebf. unsicher. Allenfalls Gen 37-50 (Josefsgeschichte) könnte noch mit den Hyksos in Verbindung stehen.
3.      Die Erwähnung der Hetiter in Gen 23 hat zu einer dritten These geführt: Abraham wird als Zeitgenosse der Hetiter (1700 – 1280) dargestellt. Aber die Hetiter kamen nicht bis nach Palästina, da es unter ägyptischer Herrschaft stand.
4.      El-Amarna-Hypothese. El-Amarna ist die Korrespondenz des ägyptischen Pharaos mit den kanaanäischen Stadtfürsten über die Hapiru, die die kanaanäischen Stadtstaaten bedrohten. Hapiru sei die Vorform von Hebräer (semantische Ableitung), weil Abraham in Gen 14,13 als Hebräer bezeichnet wird, sei er ein Hapiru gewesen. Dagegen spricht, dass die Hapiru ein kriegerisches Volk waren, die Erzväter aber friedlich.

Auf die Frage nach Datierung und Historizität des Abrahams gibt Ruppert folgende Antwort:
        Die Erzvätererzählungen sind ein Vorspiel der Landnahme, die weitgehend friedlich verlief. Es gab zu der Zeit mehrere Sippen (Abrahamsippe, Jakobssippe, etc.), die sich nach dem Patriarchen benannten, aber sonst nichts von ihm wussten. Sie projizierten ihre eigenen Erfahrungen mit Gott auf den Namensgeber corporal personality (Personalisierung des eigenen Selbstverständnisses).
        Abraham ist also historisch, aber die AE stammt als Projektion aus einer späteren Zeit.

1.5.3 Die Abrahamserzählungen im Kontext altorientalischer Sitten und Gebräuche

Ein anderer Ansatz in der Frage nach Historizität und Datierung geht von den Sitten und Bräuchen in der AE, bzw. PE in Verbindung zum altorientalischen Umfeld aus:
        Die PE haben Sitten und Bräuchen, die sonst im AT unbekannt oder verboten sind:
-       Verwandten-Ehe in Gen 20,12 widerspricht Lev 18,9 (Heiligkeitsgesetz) und 2Sam 13,11-12. Abraham lebt also in einer Beziehung, die später geachtet wird.
-       Leihmutterschaft (30,9-13) und Beerbung durch den Haussklaven (15,3) sind im AT sonst unbekannt.
Es scheint, dass man in vorstaatlicher Zeit andere Sitten als in staatlicher, bzw. nachexilischer Zeit hatte.
        Analogie zum altorientalischen Umfeld:
-       In den hurritischen Keilschrifttafeln aus dem 14. Jh. gibt es das Fratriarchat, bzw. die wife-sister-Verbindung (Bruder heiratet Schwester). Eine Verbindung der AE dazu ist aber nicht eindeutig, da auch dies auch in Ägypten Sitte war.
-       Ebenfalls kommt die Beerbung durch den Haussklaven darin vor. Dieser Brauch war in Israel aber zu allen Zeiten möglich, ist also nicht auf dem Hintergrund der hurritischen Keilschrifttafeln zu erklären.
-       Leihmutterschaft ist in altorientalischen Urkunden belegt, aber nicht datierbar und lokalisierbar.
Fazit (nach Ruppert): altorientalische Parallelen zu Bräuchen der Erzväter lassen sich nicht auf die hurritischen Keilschrifttafeln beschränken. Damit kann man die Erzväter auch nicht mit Hilfe der hurritischen Keilschrifttafeln datieren. Trotzdem spricht einiges für die Herkunft des Abraham aus dem mesopotamischen Raum. Die Parallelen in den Bräuchen gehen wahrscheinlich auf die Sippen (s.o.) zurück.

1.5.4 Die Namen der Erzväter

Die Namen sind für die Datierung wichtig. Zwei Möglichkeiten gibt es:
a)     Es sind Kunstnamen für corporale Persönlichkeiten
b)     Es sind reale Namen, die auf historische Gestalten verweisen, ohne dass etwas von ihnen bekannt ist.

Für b) spricht:
        Die AT’lichen Patriarchennamen sind im israelitischen Volk sonst ungebräuchlich. (nur noch in Num 16,1-21)
        Abraham wird als Vater der Menge gedeutet (17,5). Der Name ist eine Volksetymologie. Abram und Abraham sind Dialektvarianten
Deutung des Namens Abraham:
a)     Im Akadischen (2000 v. Chr.): abam-rama = Er hat den Vater lieb
b)     Noth deutet ihn als Nominalsatznamen. Ab = Vater und rum = erhaben der Vater ist erhaben. Vater ist auch Bezeichnung für die Gottheit, daraus folgt, dass in diesem Namen die Beziehung zwischen den Menschen und Gott ausgedrückt ist. Der Vater der Sippe steht repräsentativ dafür. Es ist kein Sonderverhältnis zwischen dem Einzelnen und Gott, sondern Ausdruck des Verhältnisses zwischen Gott und der Sippe Das Gottesverständnis drückt sich im Namen aus. Zu diesem Sachverhalt gibt es Parallelen am ehesten in den Texten von Mari (nordwestsemitisch). Zeit: 17. /18. Jh. „ram“ kommt in den Mari-Texten häufig vor.
c)      Amana-Hypothese: In den Schriften von Ugarit (Hafenstadt in NW-Syrien, Blütezeit im 13./14. Jh., Bal-Mot-Mythos) fand man Texte der Amana, einem Volkstamm zwischen den kanaanäischen Stadtstaaten. Die Sprache ist semitisch. Man fand auf einem Papyrus die Konsonantenkombination Ab-rm. Zeitlich datieren kann man den Namen allerdings nicht.
Abram / Abraham ist auf jeden Fall ein Name aus vorisraelitischer Zeit. Enger eingrenzen kann man ihn nicht. In der AT’lichen Zeit ist der Gebrauch des Namens sehr selten.

Die Namen Isaak und Jakob:
        Beide Namen sind Imperfektkurznamen. Die Langform der Namen hatte ein theophores Element, das bei der Verkürzung jedoch wegfiel.
        Jakob kommt von Jakubila, gebräuchlich bei den Westsemiten des Zweistromlandes. Der Name heißt „die Gottheit möge schützen“.
        Isaak kommt von sahaq: „die Gottheit möge lachen“. Es ist ein Wunsch nach einer Gottheit mit freundlicher Miene. Der Ausdruck ist aber nicht auf Jahwe bezogen, sondern auf Sarah in Gen 17,17.
        Im altorientalischen Umfeld ist Isaak sonst nicht nachweisbar.

1.5.5 Die Religion der Erzväter – ein vorjahwistischer Religionstyp?

Dieser Punkt ist nach anderen Mitschriften rekonstruiert. Vgl. dazu, sowie zum gesamten Punkt 1.5, Ruppert: Genesis. S. 40-60.  Signatur: 75/BC 7500 S357-70
        Es geht um die Frage, was man unter der Religion der Erzväter zu verstehen hat und um ihre Datierung: vorstaatlich oder vorisraelitisch?
        Wellhausen: Was wir aus der Jahwe-Quelle wissen ist nicht die Religion der vorstaatlichen Zeit, sondern die Religion des 10. Jh., denn J ist nicht Sammler, sondern Autor seines Werkes.
        Der wellhausensche Ansatz änderte sich mit dem Aufkommen der Überlieferungsgeschichte. Gunkel: Man muss vor den Quellen mit einer mündlichen Vorgeschichte rechnen. Es sind also neben der zeitgenössischen Religion auch frühere Formen von Religion eingeflossen, ihre Spuren sind in den Texten noch erkennbar. Man kann also auf die vorjahwistische Religionsform rückschließen. Wichtig dafür ist:
-       die Datierung der Erstverschriftlichung der Patriarchenerzählungen
-       die Bedeutung, die man der mündlichen Überlieferungsgeschichte beimisst.
        Blum: Der Abraham-Lot-Zyklus wurde erst im Exil verschriftlicht, es gab also eine 600 Jahre lange Überlieferungszeit. Man kann daraus keinen Rückschluss auf die vorstaatliche Zeit ziehen.
        Ruppert geht von einer frühen Verschriftlichung aus (Ende des 10. Jh.). So ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich in den PE Spuren vorjahwistischer Religionsformen erhalten haben.

Was war die Religion der Väter? – Charakterisierung der Väterreligion entsprechend der heutigen Darstellung der Bibel
(vgl. Maag, Volker: Der Hirte Israels. S. 111 – 144.):
        Die Erzväter glauben an eine besondere Beziehung Gottes zu ihnen.
        Gott hat zu ihnen eine familiäre Beziehung als Vater.
        Die Gottheit hat keinen Eigennamen, sondern wird durch die Namen der Erzväter definiert: Gott Abrahams (26,24), Gott Isaaks (28,13), Gott Jakobs. Gott meines Vaters (31,5): der Nachkomme ordnet sich genealogisch in die Verehrung Gottes ein.
        Sonderbezeichnungen für Gott: Der Starke Jakobs (49,24), Schrecken Isaaks (31,53).
        Der Vätergott führt den Stammvater und seine Sippe, bzw. Nachkommen sicher ans Ziel: Abraham (12,1) und Jakob (31,3).
        Gott geht mit den Vätern mit. Er ist nicht ortsgebunden, ruht nicht an einer Kultstätte deus vagans, deus migrans. (Gen 26,24: denn ich bin mit dir. Weitere Stellen: 28,15; 28,20; 46,4; 12,10-12)
        Der Vätergott sorgt sich um seine Verehrer und gewährt ihnen Schutz. Er nimmt Jakob vor Laban in Schutz (31,29.42), rettet aus Gefahren (32,12), versorgt mit dem Nötigsten, bewahrt vor Hunger, Durst und Blöße (28,20) persönliches Verhältnis, das auf existentielle Nöte eingeht.
        Von den Vätern ist kein Opferkult berichtet. Sie errichten zwar Altäre, aber opfern nicht darauf. Das einzig berichtete Opfer ist das Widderopfer anstelle des Isaaks in Gen 22 Ätiologie des Kultes, Berg Moria soll als Berg Zion legitimiert werden.
        Gott ist ein Gott der Verheißung: Landverheißung an Abraham, Isaak und Jakob, Mehrungs- und Sohnesverheißung.

Alt: (Albrecht Alt: Der Gott der Väter)
        Alt (1929), geht davon aus, dass die Väterreligion ein vorjahwistischer Religionstyp ist. Die Charakterisierung der Väterreligion weist darauf hin.
        Der Vergleich der Väterreligion bezüglich der oben dargestellten Elementen mit nabatäischen und palmyrischen (?) Schriften aus der hellenistischen Zeit ergibt, dass die Väterreligion ein Religionstyp eigener Prägung ist.
        Er unterscheidet zwischen dem vorpalästinischen Status (nomadenhaftes Umherziehen) und dem palästinischen Status (Sesshaft-Werdung, Identifizierung der Gottheiten mit lokalen Kultstätten).
        Die Mehrungsverheißung ist älter als die Landverheißung: Die MV entspricht dem Interesse der Nomaden an der Mehrung der Männer. Sie ist also im vorpalästinischen Status entstanden. Die LV entspricht dem Wunsch nach Kulturland (man sitzt bereits im Land), sie ist im palästinischen Status entstanden.
        Auswirkungen des palästinischen Status sind:
-       Die Väter konnten Offenbarungsempfänger und Kultstifter werden: Gen 28 (Offenbarungsempfang des Jakob, Bet-El)
-       Die Väterreligion wurde selbstständig. Es kam zu einem Nebeneinander von Stammesreligion und Jahwereligion
-       Nach und nach wurde jedoch alles jahwisiert und die El-Gottheit wurde mit der Vätergottheit Jahwe identifiziert.
        Alt’s These wurde in den 80iger Jahre in Frage gestellt. Blum geht von einer späten Verschriftlichung aus, nach Köckert ist sie ein religionsgeschichtlicher Befund.
        Alt’s Fehler ist, dass er sich von der biblischen Chronologie leiten lässt. Die Landnahme ist aber Teil der Patriarchenzeit (Zweifache Erzählung, sowohl friedlich als kriegerisch)

Köckert (Köckert, M.: Vätergott und Väterverheißungen) kritisiert Alt:
        Die Väterreligion ist nicht typisch für Halbnomaden, sondern entstammt der staatlichen Familienreligion als in der Assurkrise die Jahwereligion nur in der Familie weiterexistieren konnte.
        Es gibt vier mögliche Wendungen für die Gottesbezeichnung:
a)     Gott des NN
b)     Gott meines/deines Vaters
c)      Kombination von a) und b)
d)     Appellativ und Patriarchenname (Schrecken Isaaks)
Daraus lässt sich nicht die Annahme einer nomadischen Herkunft ableiten.
        b) ist traditionsgeschichtlich die älteste Gottesbezeichnung, aber sie weist nicht unbedingt in vorstaatliche Zeit hinein. Dass ein Mensch sich auf Gott beruft weist nicht auf die vorstaatliche Zeit, sondern auf den familiären Hintergrund hin.
        Am Anfang war ein Stammvater, in dessen Familie sich die Gottheit beheimatet.
        Köckert datiert die Entstehung der Väterreligion ins 8. Jh., denn der Monojahwismus passt am besten in diese Zeit. (Zapff schließt sich im an).

Vorländer (Vorländer, H.: Mein Gott):
        Man muss im alten Orient zwischen den persönlichen Gottheiten (Familiengötter) und den Nationalgottheiten unterscheiden. Auf den sumerischen Königsinschriften ist von einem persönlichen Schutzgott die Rede: Ein Einzelner hat von seinem Vater eine Gottheit übernommen und mit seinem Namen versehen. Der persönliche Gott ist Garant für das Wohlergehen.
        In Israel gab es auch den Unterschied zw. persönlichen Schutzgottheiten und dem Nationalgott. David hat Jahwe zu seinem persönlichen Schutzgott erwählt und verknüpfte so Staat und Familie.
        Durch den Jahwisten wurden die Familiengötter jahwisiert. Die Schutzgottheit der Väter wurde mit Jahwe identifiziert. Deshalb fehlen auch die Namen der Familiengötter, Jahwe ersetzte alle anderen Götternamen. Gen 28, 20-22 ist paradigmatisch für die Jahwisierung der Familienreligion.
        Im 8. Jh. wurde Israel Vasall von Assur, Israel musste im Tempel den Gott der Assyrer verehren. Um die Jahwereligion zu gewährleisten verehrte man Jahwe in den Familien. Auf diesem Hintergrund versuchte das nP Geschichtswerk aus dem 8. Jh. die Jahwereligion zu stärken und ihr Überleben zu sichern: Nach der Zerstörung des Tempels überlebte Jahwe im Exil allein in der Familie. Die VE sollten dafür als Paradigma gelten die Väterreligion war also nicht Vorstufe, sondern sie existierte bis ins Exil als Jahwereligion.
        Zwar gab es auch in vorstaatlicher Zeit eine Väterreligion, aber diese ist schwer zu charakterisieren.

!!Die PE ist eine Erzählung, die die Menschen in der Gegenwart betrifft. Das Wichtige dabei ist nicht die historische Gewissheit, sondern die theologische Wahrheit!!

2. Exegese ausgewählter Texte aus den Abrahamserzählungen Gen 11,27 – 25,11

2.1 Texte aus den nichtpriesterlichen Abrahamserzählungen

2.1.1 Die Berufung des Abraham Gen 12,1-9

2.1.1.1 Text und Übersetzung

Siehe Blatt

2.1.1.2 Textkritik

        V2: In der LXX steht „sei gesegnet“ statt „sei ein Segen“. Die LXX ist dem Text aber nicht gerecht gewesen.
        V9: %Alh + Inf. absolutus: ständiges Laufen, Gehen.

2.1.1.3 Abgrenzung, Kontextbezüge, innere Struktur und Gattungsbestimmung von Gen 12,1-9 (synchron)

Der Text ist einer der großen theologischen Texte des ATs. Es gibt zu ihm viel Sekundärliteratur, aber ohne Grundkonsens. Dieser Abschnitt geht synchron vor, weil die Fragestellungen ohne Blick auf die Schichten beantwortet werden können. In 2.1.1.4 geht es diachron weiter.

Abgrenzung:
        wissenschaftlich unbestritten.
        Nach vorn: nach dem Tod Terachs beginnt mit 12,1 ein neuer Abschnitt.
        Nach hinten: V9 ist Überleitungsvers. Manche zählen ihn bereist zum Folgenden, manche noch zum Kapitel. Beides ist richtig. Sicher ist, dass nach V9 etwas neues beginnt.

Kontextbezüge:
1.      Der Auszugsbefehl in V1 erinnert an Gen 7,1 (Befehl an Noah), die Ähnlichkeiten reichen bis in den sprachlichen Bereich hinein. Es geht beidesmal um die Trennung von der Heimat. Abraham wird zum zweiten Noah, wie Noah zum Stammvater der Menschheit wird, wird Abraham zum Stammvater des Gottesvolkes.
2.      Nimmt man 12,1-9 für sich allein, fällt die Ortlosigkeit Abrahams auf. Das Vaterhaus in V1 wird nicht lokalisiert. Das erinnert an die UG, wo die Personen ebf. ohne Ortsbezug geschildert werden. Abraham ist nicht als individuelle Persönlichkeit, sondern als korporative Persönlichkeit gezeichnet: Abraham rettet Israel.
3.      Die Verheißung an Abraham in V2 bildet den bewussten Kontrast zur Turmbaugeschichte.
4.      Die Segnung des Abraham steht im Kontrast zum Fluch in der UG (3,17; 4,11; 9,25)
5.      Der V3 (Segen für alle Völker) findet in 18,18 und 22,18 sein Echo (Zusammenhang innerhalb der AE)
6.      Übergreifender Zusammenhang mit den PE: Die Verheißung an Abraham weitet sich in 26,4 (Verheißung an Isaak) und in 28,14 (Verheißung an Jakob) aus.
7.      V4b (Haran) setzt 11,28-32 voraus.
8.      Die Erwähnung des Lot in V4a ist Voraussetzung für Gen 13.
9.      Durch 12,6-8 werden die Erzväter Abraham und Jakob in Parallele gesetzt: Wie Abraham nach (?) wandert, so später auch Jakob.
Fazit: 12,1-9 hat kontextuelle Bezüge nach hinten und vorne die Erzählung spielt für die Interpretation der anderen Texte eine zentrale Rolle.

Struktur (siehe Blatt!):
2 Teile: V1-3 und V4-9
        V2/3 hat 7x das Verb segnen in einem kunstvollen Aufbau: 3 Futural-, bzw. Verbalsätz am Anfang und 3 am Schluss.
        V 3b fällt aus der Reihe, weil er länger ist und in einer anderen Zeit steht.
        Zweigipfliger Aufbau: V2b = Hauptgipfel, V3b = Nebengipfel. Das ergibt auch eine inhaltliche Aussage: der Segen in 2b ist wichtiger als in 3b.
        Der zweite Teil ist weniger strukturiert. Er erzählt von der unsteten Wanderung des Abraham ohne Ziel. Abraham steht in der Gefahr das Verheißungsland zu verfehlen.

Gattung:
        Anhand von V2/3 ließe sich die Gattung als klassische Verheißung bestimmen: Hofsprache gemäß Ps 72,17.
        Die Gattung ist jedoch die eines Itinerars (Wegbeschreibung einer Wanderung). Auch wenn V1 nicht den Ausgangspunkt bringt, motiviert er aber die Wanderung. Die VV2/3 lassen sich in das Itinerar einfügen.
        Sitz im Leben der Itinerar-Gattung: Situation eines Wanderhirten, der seine Wanderung festhält. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es sich traditionsgeschichtlich um eine in vorstaatliche Zeit zurückreichende Erzählung handelt. Bei Blum erübrigt sich der Sitz im Leben, da er die Erzählungen ins Exil datiert. Ruppert datiert sie in die Zeit Salomos.




2.1.1.4 Literarkritik

Ausgangspunkt für die Literarkritik: Sachkonturen, theologische Konturen stehen in Spannung.


V4b/5:
        wissenschaftlicher Konsens (außer Blum) ist, dass die Verse spätere Ergänzung sind, und damit ausscheiden. Kriterien für die Ausscheidung sind:
        Textinternes Kriterium: Dopplung des Mitziehens von Lot, dadurch entsteht eine inhaltliche Spannung von V5 zu V4a. Weitere Spannung: In V5 zieht Lot auf die Initiative des Abraham mit, in V4a zieht Lot auf eigene Initiative mit.
        Textexternes Kriterium: Durch „Haran“ ergibt sich ein Bezug zu Gen 11,31 und eine Analogie zu 11,32. Haran ist von daher Ausgangspunkt der Wanderung des Abraham. Die Altersangabe in V4b gehört zu P.
V4b/5 ist also nachträglich eingefügt und gehört zu P.

Der Restbestand:
Nach der Subtraktionsmethode bleiben die VV 1-3; 4a; 6-9 übrig. Sie gehören zu nP. Nach älterer exegetischer Auffassung wird er dem Jahwisten zugeschrieben. Westermann / Ruppert gehen davon aus, dass er auf ältere Traditionen zurückgeht, die von J aufgenommen wurden. Kilian / Zenger sagen, dass der jahwistische Grundtext noch Ergänzungen erfuhr.

Weitere literarkritische Ausscheidungen nach Zenger / Ruppert:
        V3a ist spätere Ergänzung, denn er schränkt die undifferenzierte Segensaussage für alle Stämme in V3b ein, indem er ihr die Segnung an eine Bedingung knüpft. (Diese Ausscheidung akzeptiert Zapff. Die Folgenden aber nicht. Sie sollen nur dargestellt werden)
        V2aα (und ich mache dich zu einem großen Volk) und V2ab (und ich mache deinen Namen groß): scheide aus, weil es im Kontext zu früh komme. Die beiden Halbverse seien nachträglich eingefügt worden. Zapff dagegen sagt, dass V2 einheitlich ist, weil in ihm die Aussagen einander entsprechen: die Folge des Volk-Werdens ist der große Name.
        4aβ: die Erwählung Lots sei nachträgliche Ergänzung. Aber das kann so nicht ohne weiteres behauptete werden. Die Frage entscheidet sich nämlich auf dem Hintergrund des jeweiligen Entstehungsmodells.
        V6bβ: Kanaaniter sei nachträgliche Einfügung.
        V7 sei spätere Ergänzung des jahwistischen Grundtextes. Gründe:
-       Spannung zu V1: Während in V1 nur die Jahwerede steht, steht die Jahwerede in V7 im Zusammenhang mit einer Gotteserscheinung. Auch kommt der Altarbau in V7 in V1 nicht vor.
-       Gebrochene Landverheißung: Das Land wird nicht Abraham, sondern seinen Nachkommen verheißen im Gegensatz zu Gen 13,15.
        V8: erneuter Altarbau und Spezifizierung der Ortsangabe V8 sei ebf. spätere Ergänzung
Nach diesen Ausscheidungen bliebe dann als Grundbestand die VV 1; 2; 3b; 4aα; 6abα; 7-9

2.1.1.5 Redaktionskritische Überlegungen und der Versuch einer Datierung

Im Folgenden soll Gen 12,1-9 auf dem Hintergrund der verschiedenen Entstehungsmodellen gedeutet werden. Früher nahm man mit Wellhausen an, dass der Grundbestand von J älteste Quellenschicht) ist und datierte ihn demnach ins 10. Jh. (salomonische Ära). Heute gibt es drei Datierungsversuche: Blum, Ruppert und Kratz / Zenger:

Datierungsversuch nach Blum:
        Ausgangsthese: die Gesamtkomposition der VE wurde erst im Exil fertiggestellt.
        12,1-9 ist unterschieden in drei Teile: V1-3 / 6-9 / 10-12. V6-9 bildet eine kompositionelle Klammer, die 1-3 mit 10-12 verbindet. Zugleich parallelisiert 6-9 Jakob mit Abraham durch die Wanderung und den Altarbau. V6-9 steht in Korrespondenz mit der Jakobserzählung und damit in Zusammenhang mit der Komposition der Vätergeschichte, welche Blum als Vätergeschichte 2 (Vg2) bezeichnet.
        Vg2 ist die Überarbeitung von Vg1. Vg1 besteht aus dem Abraham-Lot-Zyklus (Gen 13/19) und dem Jakob-Laban-Zyklus. An Vg1 wird nun 12,1-9 angefügt, wodurch Abraham pointiert vorangestellt wird. So entsteht Vg2. 12,1-9 ist also literarische Produktion im Blick auf Vg2.
        Zentrale Themen von Vg2: die vier Gottesreden, Abraham (12,1) Verheißung der Volkswerdung, der Landgabe und des Segens.
        Vg2 ist unabhängig von der UG und vom Exodus entstanden, da zu beidem keine Zusammenhänge bestehen.
        Blum datiert deshalb Vg2 (und damit 12,1-9) in die exilische Zeit. Begründung der Datierung:
-       Entsprechend Deuterojesaja (Jes 41,13) werden auf Abraham (und damit auf Israel) königsideologische Elemente übertragen: V3b (durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen) findet sich in Ps 72 und 45 königliche Konnotation.
-       Die Mehrungsverheißung (V2a) ist nur als Negation der völlig desolaten Lage Israels im Exil zu verstehen. Angesichts des Bevölkerungsschwunds verheißt sie Hoffnung.
-       Die Segensverheißung ist im Exil Trost für Israel: Jahwes Segen bleibt bei euch.
-       Die Landverheißung entstand angesichts der Tatsache, dass das Leben im Verheißungsland in Misskredit geraten ist. Vgl. Jer 42: Das Land ist verwüstet, die Übriggebliebenen wollen deshalb nach Ägypten auswandern, was aber als Zeichen des Unglaubens zu werten ist. Deshalb wird betont, dass das Land das Verheißungsland ist.
        Gegen eine exilische Datierung spricht (Zapff ist mit Blum nicht einverstanden):
-       Blum nimmt die literarkritische Analyse von 12,1-9, die auf eine längere Redaktionsgeschichte verweist nicht genügend ernst. Der Grundbestand wurde in späterer Zeit fortgeschrieben. Bei einer Datierung ins Exil würde die Fortschreibung viel zu spät geschehen sein und würde in Konkurrenz zu P treten.
-       Nach Blum gibt es in 12,1-9 keinen vorexilischen Bestand. Der Text ist reine „Schreibtischarbeit“. Das ist aber kaum vorstellbar, denn man muss in jedem Fall einen religionsgeschichtlichen Hintergrund annehmen. Abraham ist eine Persönlichkeit. Eine rein exilische Herleitung trifft nicht zu.
-       Die Verbindungslinien zwischen der UG und dem nichtpriesterlichen Grundbestand von 12,1-9 belegen, dass die Grundschrift von 12,1-9 eine ursprünglich durchgehende Schrift war. Vg2 kann daher nicht sukzessive entstanden sein. Folgende Verbindungslinien lassen sich feststellen:
1.      Die Beziehung zwischen der nP VE und der UG ist enger als Blum annimmt.
2.      V8 findet sich in Gen 4,26 (nP UG)
3.      Abraham befindet sich in der urgeschichtlichen Bewegung von Ost nach West.
4.      Enge Verbindung zwischen Noah und Abraham.
5.      Die Altarbaunotizen verbinden Abraham mit Noah.

Datierungsversuch nach Ruppert:
        Ruppert vertritt die Datierung von Wellhausen: Der Text ist in 10. Jh. entstanden.
        Im Unterschied zu Blum geht Ruppert davon aus, dass die Verheißungen bereits Wirklichkeit wurden, sie sind im Salomonischen Großreich (10. Jh.) verwirklicht.
        Insbesondere die Segensverheißung (in dir sollen sich segnen alle Völker) hat sich im friedlichen Zustand des Salomonischen Großreiches verwirklicht. Der Segensverheißung kommt ätiologischer Charakter zu: man wollte erklären, woher der Friedenszustand des Salomonischen Großreiches herkommt.
        Der Grundbestand von 12,1-9 ist jahwistisch.
        Die Erweiterung V2/3 (Eingrenzung in 3a) stammt aus späterer Zeit
        V7 ist ebf. später. Hintergrund dafür ist der Landverlust nach 722 (Untergang des Nordreichs und Restaurationsprogramm des Hiskija)
        Ruppert liefert einen detaillierten Deutungs- und Datierungsversuch. Kriterium zur Beurteilung ist, ob sich die Segensverheißung schon erfüllt hat, oder ob sie noch aussteht.

Datierungsversuch nach Kratz / Zenger (nach Zapff am ehesten angemessen):
        Die Grundschrift stammt aus dem letzten Drittel des 8. Jh., Zeit der Hiskajanischen Reform
        Nord- und Südreich wuchsen in jener Zeit wieder zusammen, Israel muss jetzt unter nicht-staatlichem Gewand existieren. Auf diesem Hintergrund unterstreicht 12,1-9 die Landverheißung an Abraham trotz der Zerstörung des Nordreichs kann sich Israel als Einheit erfahren und zum Segen werden.
        Der Text hat eine doppelte Aussage-Intention: Bekräftigung der Landverheißung – Umsetzung der Segensverheißung im nicht-staatlichen Zustand Schlüsseltext zur Selbstvergewisserung des Volkes in schwieriger Zeit.
        In der Gestalt der Patriarchen weist die Familienreligion den Weg, wie die Jahwereligion gelebt werden kann. Israel kann auch unter der Bedingung der Nichtstaatlichkeit mit Jahwe im Rahmen der Familienreligion weiterexistieren.

2.1.1.6 Einzelexegese

        V1 + V4a (Wegzug) bilden einen Rahmen um die Verheißung in V2/3. V4a vermerkt die Umsetzung der Weisung in V1.
        Das Wort Jahwes in V1 steht in Verbindung mit der Verheißung in V2/3
        Es gibt eine Steigerung des Segens von V2b (Andeutung, dass der Segen über Abraham hinaus wirkt) zu V3 (Segen wird universal)

V1:
        Unvermitteltes, plötzliches Jahwewort: manche schlagen 11,28-30 als Einleitung dafür vor, es spricht aber mehr dafür, dass V1 unvermittelter Beginn der VE ist.
        Ziel ist die radikale Kontrastierung: auf den Turmbau folgt sofort die Berufung des Abraham (der Text dazwischen ist aus P) auf die Hybris der Gehorsam, auf das Stimmengewirr die Stimme Jahwes. Es wird ein neues Kapitel aufgeschlagen.
        In der Jahwerede wird eine neue Initiative Jahwes deutlich: Er beruft Abraham aus freien Stücken.
        V1 setzt eine Unmittelbarkeit (unmittelbares Verhältnis) zwischen Gott und Mensch voraus. Es ist die Unmittelbarkeit der UG (3,17 und 7,1). Die Anrede an Abraham entspricht deutlich Gen 7,1. Beidesmal wird eine neue Epoche eingeleitet. Abraham wird wie einst Adam und Noah zum Begründer einer neuen Menschheit.
        Durch die Beziehungen zu Noah wird Abraham nicht als Einzelperson dargestellt, sondern als Person der Heilsgeschichte im Sinn einer korporativen Persönlichkeit in Abraham spiegelt sich Schicksal und Charakteristik Israels, sowie sein Selbstverständnis wieder. Es gibt im biblischen Denken kein Gegensatz zwischen Historie und Theologie. Biblisches Denken ist Reflex auf Historie in anderem Sprachgewand und kein modernes Geschichtsdenken.
        „Abram“ ist Dialektvariante. J greift die Konzeption von P auf, um auf die Umbenennung in Gen 17 (Abram-Abraham) hinzuarbeiten.
        Die Jahwerede ergeht als Befehl, Forderung der Gott der Bibel ist ein fordernder Gott.
        Dreigliedrige Struktur der Forderung: die drei Termini Land, Verwandtschaft und Vaterhaus bezeichnen eine vollkommene Herauslösung aus allen Verwurzelungen (3 = Zahl der Vollkommenheit) dreigliedrige Verengung von außen (Land) nach innen (Familie als intimster Bereich).
Theologie der Jahwerede in V1 und V2:
V1:
        Westermann: Da Abraham ein Wanderhirte ohne Heimat ist, ist die Weisung als Rettung aus einer Notlage zu verstehen. Der Schutzgott weist ihn in ein anderes Gebiet um einer Not zu entgehen. Aber: es ist nicht nur ein Gebietswechsel geboten, auch die Familie soll verlassen werden. Die Forderung ist eine Zumutung
        Die Aufforderung den Schutz der Sippe zu verlassen bedeutet Lebensgefahr (Vgl. Zapff: Was ist der Mensch, Antrittsvorlesung). Da der Jahwist wahrscheinlich in einer Stadt lebte, war er sich der Bedeutung von Sicherheit wohl bewusst. von Abraham wird ein enormes Vertrauen in Jahwe gefordert.
        Das Hebräische ^l.-%l, (Geh für dich) ist ausdruckstarkes Verb dafür es ist für Abraham eine Glaubensprobe.
        Das Ziel des Herausrufens wird in V1b sehr allgemein benannt, es ist ungewiss. Das verwendete Verb ist har in kausativer Form (ich lasse dich sehen). Diese Form wird für das Handeln Gottes verwandt: theologische Verbform. Bis Jahwe das Land zeigt ist von Abraham blindes Vertrauen gefordert. Die Zumutung steigert sich.
        Jahwe verpflichtet sich dadurch aber auch bei Abraham zu sein, er geht mit. Rad: In dem Ruf sah Israel ein Grundmerkmal seines ganzen Lebens vor Gott. Herausgenommen aus den Völkern liegt es ganz in der Hand Jahwes.
V2:
        Motivation des Aufbruchs sind die Verheißungen.
        Leitwort der Verheißung ist „Segen“, krB. Es kommt 5x in verschiedener Weise vor. Die Betonung des Segens ist auffällig, weil in der nP UG der Segen nicht vorkommt. Nimmt man nP für sich kommt in 12,2 zum erstenmal das Wort Segen vor Abraham erscheint in besonders hellem Licht.
        Sinnvoller wäre es, wenn der Segen vor der Volkswerdung stehen würde (Ruppert scheidet den Vers deswegen aus), aber es ist bewusst umgekehrt, denn die Intention ist: der Segen Jahwes ergeht nicht nur für Abraham, sondern durch ihn für ganz Israel. So Seebass.

V2:
Erste Verheißung: „großes Volk“:
        Für Volk ist das Wort yAg verwendet. Im Unterschied zu am (Innenseite, familiäre Sicht und Blutsverwandtschaft eines Volkes) bezeichnet es die Außenseite, die staatliche Größe, die gemeinsame Sprache und die Landesgrenze eines Volkes.
        Datierung:
-       Wenn Jahwe Abraham ein yAg verheißt, ist das Anhaltspunkt für die Datierung ins Salomonische Großreich, weil dort die Verheißung erfüllt wurde.
-       Ruppert dagegen sagt, dass das Salomonische Großreich keine geschlossene Größe war, sondern ein Vielvölkerstaat. Er datiert den Text nach 722, als Juda yAg inmitten der Völker war. (Zapff schließt sich Ruppert an, allerdings datiert er im Gegensatz zu ihm die ganze Grundschrift nach 722. Ruppert ja nur Teile davon. V2 ist bei Ruppert spätere jehowistische Überarbeitung.)
-       Da Juda aber kein vollständiges yAg war, sondern abhängiger Vasallenstaat, war es einerseits im Ist-Zustand des yAg, andererseits im Verheißungszustand auf die volle Verwirklichung hin. Ideal war damals das davidische Reich. Es war aber deutlich, dass nur Jahwe Juda wieder zu einem yAg machen kann.

Zweite Verheißung: Segen:
        Die Bedeutung der Segensverheißung (krB):
-       Grundbedeutung: Heilskraft, heilsschaffende Kraft.
-       Die zweite Bedeutung von krB ist Niederknien. Das Verhältnis zwischen beiden ist aber ungeklärt
-       Im alten Orient hat krB noch andere Bedeutungen: Kraft der Fruchtbarkeit, des Wachsens, karabu = segnen, grüßen
        krB kommt im AT 88x vor, besonders in Gen, Dtn, Psalmen. KrB ist Charakteristikum der VE.
        Übersetzung von krB:
-       Deklaratorische Bedeutung: es erklärt, dass jemand mit heilschaffender Kraft begabt ist.
-       Jahwe verleiht heilschaffende Kraft.
        Der Segen ist auf Zukunft ausgerichtet: „sei ein Segen!“ der Segen konkretisiert sich in der künftigen Volksgeschichte. Segen wird zum Deutewort der Geschichte Israels.

Dritte Verheißung: „großer Name“:
        Rückbezug zur Turmbaugeschichte
        Bedeutung des Namens:
-       Dianoetisches Element: Der Name bezeichnet das Wesen der Person. Am Namen erkennt man die Person, nomen est omen. Bsp: Abel = Vergänglichkeit, Gen 35,18 wo Rahel ihrem Sohn wegen der schwierigen Geburt den Namen Unheilskind gibt.
-       Dynamisches Element: Der Name bezeichnet Macht und Bedeutsamkeit. Wer bedeutsam ist, dessen Name ist groß – wer einen großen Namen hat, der ist bedeutsam (aufeinander bezogen). In 2Sam 7,9 ist steht „Name“ im Kontext der Politik, großer Name heißt politische Macht. Das entspricht altorientalischer Königsideologie Übertragung königstypischer Vorstellungen auf Abraham? Aber die Verheißung eines großen Namens geht nicht an Abraham, sondern an seine Nachkommen, nicht Abraham, das ganze Volk ist groß. Das heißt aber auch, dass Jahwe den großen Namen verschafft, es ist keine Leistung des Abrahams. Von hier aus gibt es zwei Datierungsvorschläge: exilisch / 8. Jh.

Deutung des Abschluss von V2: „und sei ein Segen!“:
Wie in Sach 8,13: „damit ihr ein Segen seid“ ist die Aussage ist im Sinne eines Fazits zu verstehen. Da V3b den Segen expliziert, ist V2 als Einleitung zu V3b zu verstehen. (3b folgte ursprünglich auf V2, 3a ist später). Dieses Fazit kann man dreifach deuten:
a)     Abraham ist „fleischgewordener Segen“, d.h. der Segen ist an ihn gebunden und hat keine Auswirkung auf andere. Aber in V3b beziehen sich die Völker auf den Segen. Diese Deutung stimmt also nicht.
b)     Abraham hat bezüglich der Völker eine aktive Rolle. Er ist Segenspender.
c)      Abraham hat bezüglich der Völker eine passive Rolle. Der Segen geht ohne sein Mittun auf sie über.
              a) scheidet aus, gegen b) spricht, dass es keine Völkermission im AT gibt, also ist c) am ehesten denkbar: In Abraham/Israel ist die heilvolle Kraft Jahwes gegenwärtig und kann auf die Völker überfließen. Das geschieht z.B. auch in der Jakob-Laban-Geschichte, wo der Segen Jakobs auf Laban überfließt (30, 17). Dies ist eine königsideologische Vorstellung, vgl. Ps 72 (kosmische Dimension der Segenskraft).

V3b:
(Weil V3a literarkritisch ausgeschieden ist, wird zuerst V3b behandelt. V3b folgte auf V2)
Die Übersetzungsmöglichkeiten von Wkr>b.nIw> (wenibreku). krB steht im Niphal und hat damit keine eindeutige Übersetzung. Es kann passivisch, reflexiv oder medial übersetzt werden siehe Blatt!:

Zu 1:
        Der Satz ist dann als passivum divinum zu verstehen Gott steht hinter dem Segen und gibt allen Völkern Anteil am Segen. Kontrast zum Fluch der UG

Zu 2:
        Es gibt zwei Parallelstellen mit dem Verb wenibreku und zwei Parallelstellen mit krB im reflexiven Hitpael. Weil alle reflexiv übersetzt werden, ist V3b auch reflexiv zu übersetzen, so Blum.
        Bei dieser Übersetzung ist nicht Jahwe der Segensspender. Wie Abraham erstreben die Völker für sich den Segen. Sie segnen sich selbst. Auch in Ps 72,17 und Jer 4,2 ist der Segen im diesem Sinn zu verstehen. Die Völker wollen also wie Abraham gesegnet sein.
        Wenn sich die Völker aber selber segnen, fällt der Zusammenhang zwischen UG und VE weg.
Einwände von Ruppert:
        Die Parallelstellen sind jünger als V3b und damit Interpretation von V3b.
        Die beiden Hitpaelformen sind eine Abschwächung der Aussage von V3b. Der Autor will vermeiden, dass die Völker von Jahwe gesegnet werden.
        Die Parallelstellen sind also nur bedingt hilfreich.

Zu 3:
        Ruppert schließt sich Schreiner an.
        V3b wird vom Kontext, d.h. von V3a her interpretiert.
        Bei der medialen Übersetzung ergibt sich, dass die Völker aktiv am Segen mitwirken aktive Rolle der Völker.

Ergebnis:
        2 (Blum) ist nicht überzeugend. Da V3a sekundäre Erweiterung ist, scheidet 3 (Schreiner) aus. Es bleibt nur noch 1 (Rad) als Möglichkeit: In Beziehung zur UG geht durch Abraham der Segen auf alle Völker über.
        Dafür spricht auch die Verwendung von adama in V3b (Zusammenhang mit Segen) in Parallele zu 3,17(Zusammenhang mit dem Fluch) Dem Fluch wird der Segen gegenübergestellt.
        Über Abraham wird der Segen auf alle Völker übergehen. Abraham signalisiert die Wendung zum Heil. wenibreku ist passivisch zu verstehen. Das entspricht auch der kirchlichen Theologie.
        Unterschiedliche Interpretationen der Grammatik können also theologische Unterschiede bewirken.
        Im heutigen Kontext ist V3a ist Nachinterpretation von 3b. nach der Einfügung von V3a ergibt sich eine mediale Interpretation in dem Sinn, dass man wegen dem feindlichen Verhalten der Völker die Segensverheißung eingrenzen wollte.

Datierung:
        Israel ist also Bedingung für das Heil der Völker. Das impliziert aber auch einen moralischen Impetus: Israel muss sich segensgemäß Verhalten. Deswegen datiert Ruppert V3b in die Zeit des Salomonischen Großreiches (10. Jh.)
        Zapff ist für die Datierung ins 8. Jh. In dem Vers spiegelt sich die existentielle Lage Israels nach dem Untergang des Nordreichs. Es gibt nur noch Juda. Intention ist: nicht durch Assur wird die Völkerwelt geeint, sondern durch Jahwe, weil er Israel erwählt hat.

V3a:
        3a (spätere Ergänzung) ist die konditionale Auffassung von 3b.
        „segnen“ steht im Hebräischen in der Pluralform, „fluchen“ in der Singularform die Mehrzahl segnet Abraham, nur eine Minderheit flucht ihm.
        Die Fluch- und Segensaussagen kommen auch in Gen 27,29 und Num 24,9 vor, dort aber in einem magischen Verständnis (Fluch und Segen fallen automatisch auf die jeweilige Person zurück). In V3a ist dies nicht der Fall, weil „segnen und fluchen“ personalisiert ist: Jahwe segnet und flucht Jahwe steht auf der Seite seines Volkes und schützt es, er setzt sich mit ganzer Person für Abraham ein.
        Auf die Völker geht der Segen nicht automatisch über, er ist an die Solidarität mit Israel geknüpft. Israel hat für die Völker Heilsbedeutung.
        Die Segnung Abrahams impliziert die Anerkennung Jahwes.
        Es kommen zwei Verben für „fluchen“ vor: das erste Verb kalal steht im Piel und hat die Bedeutung von „verächtlich machen“. Es steht im Zusammenhang mit den Menschen. Das Zweite Verb aar steht im Zusammenhang mit Gott und hat die Bedeutung „verfluchen“. Die Herabsetzung des Menschen ist äußerlich. Die Verfluchung durch Gott (aar) dagegen ist existenzmindernd (vgl. Fluch in Gen 3,14.17; 4,11). Damit ist ausgedrückt, dass die Menschen gegen Abraham nichts vermögen.
        Israel ist für die Völker der Katalysator des Heils.

V4a:
        Gehört zur Grundschrift.
        Die Reaktion des Abraham ist in einem einzigen Wort charakterisiert: und er ging Aufgreifung von „geh!“ aus V1. gedeutet wird dies in zwei Weisen:
a)     Die Mehrzahl der Exegeten deuten es als Gehorsamstat
b)     Westermann deutet es wegen dem traditionsgeschichtlichen Hintergrund als Ausweichen vor einer Notlage (Transmission). Aber: dies mag zwar der traditionsgeschichtliche Hintergrund sein, aber entsprechend V1 hat der Verfasser der Grundschrift das Weggehen als Lösung aus den menschlichen Bindungen verstanden.
        Charakterisierung des Gehorsams in V4a: bedingungslos, Gehorsam der Tat Kontrastierung zur UG und zum Ungehorsam des Sündenfalls in Gen 3,17.
        Das neue Kapitel der Menschheit beginnt mit dem Gehorsam des Abraham. Im Gehorsam kann der Segen Jahwes zu den Völkern kommen. (vgl. die Verkündigung an Maria. Der Unterschied dabei ist aber der Dialog zw. Gabriel und Maria)
        Der Ausgangspunkt der Wanderung ist nicht genannt. Es könnte Haran aus 11,28-30 sein, wahrscheinlich ist aber bewusst kein Ort genannt als Steigerung der Ortlosigkeit Abrahams.
        Das Mitziehen Lots ist redaktionelle Einfügung als Vorbereitung des Lotzyklus in Gen 13.

V4b-5:
        Priesterschriftlicher Einschub, weil andere Konzeption. Vom Pentateuchredaktor geschickt eingefügt.
        Form: P benützt die Struktur des Itinerars: Mitnahme Lots – Auszug – Ankunft.

Die Altersangabe in V4b:
        Durch die Altersangabe und Haran (Geographie) wird ein Bezug zu 11,27.32 hergestellt. Im Gegensatz zur nP Grundschrift wird in P der Ausgangspunkt festgelegt
        Sowohl das Hereinbrechen der Sintflut in 7,6 als auch die Geburt des Ismael in 16,16 ist mit einer Altersangabe verbunden.
Erste Implikation der Altersangabe:
        Die Altersangabe von 75 Jahren in 4b steht im Zusammenhang mit anderen Altersangaben: Aus 11,32 geht hervor, dass Terach, der Vater Abrahams, 205 Jahre alt wurde. Wenn Abraham mit 75 Jahre wegzog, war Terach zu diesem Zeitpunkt 145 Jahre alt.
        21,5: Abraham bekommt Isaak mit 100 Jahren wenn Abraham mit 75 Jahre wegzog, war er 25 Jahre im Verheißungsland, bis Isaak geboren wurde.
        25, 26: als Jakob und Esau geboren wurden, war Isaak 60 Jahre alt, und Abraham demnach 160 Abraham erlebt die Geburt seiner Enkel Jakob und Esau. Er erlebt die Erfüllung der Verheißung, dass er Vater vieler Völker wird.
        25,7: Abraham lebte insgesamt 175 Jahre er war 100 Jahre im Verheißungsland.
              Die Lebensdaten Abrahams sind so angelegt, dass sich runde Zahlen ergeben: symbolische Daten.
Zweite Implikation:
        Liest man nur P (d.h. ohne 12,1-4a) geht Abraham in 4b aus eigener Initiative weg. Jahwe spricht zu ihm dann erst in 12,7. Aber aus den Altersangaben wird implizit sichtbar, dass Gott im Verhalten Abrahams wirkt implizite Theologie.

V5:
        Unterschied zu nP: Lot zieht nicht freiwillig mit und Abraham ist nicht mittellos, er hat Besitz.
        Mit Lebewesen sind die Tiere, Kleinviehherden entsprechend 13,6.11b (ebf. P) gemeint.
        5b: Das Ziel des Abraham ist bekannt. Während in nP das Ziel nur Jahwe bekannt ist, weiß Abraham in P das Ziel selbst.
              Gott tritt in P in den Hintergrund, aber im menschlichen Tun wird die göttliche Absicht sichtbar theologischer Unterschied zu nP.

V6-8 ist bis auf V6bβ nP:
V6:
        V6 ist die Fortsetzung des Itinerars von 4a.
        Auf der Ebene der Grundschrift war Sichem die erste Station Abrahams. Denn „Abraham durchzog das Land“ (ba’aräs) ist nachträgliche Ergänzung des Pentateuchredaktors. Ursprünglich hieß es nur „Abraham zog seines Weges“. Land bezieht sich auf Kanaan.
        Auf der Endtextebene heißt es dann, dass Abraham das Land in einer Art Inspektion durchzog. ba’aräs ist Terminus der Wanderhirten für die Inspektion des Landes.
Der Ort Sichem:
        meqom ist Ausdruck für „Heilige Stätte“, Sichem bedeutet wörtlich Bergrücken.
        Sichem (bei Samaria, Berg Garizim) ist bedeutende Stadt im AT. Schnittpunkt der beiden Hauptverkehrswege. Heute Nablus.
        Sichem wird in einer Grabinschrift eines Pharaos erwähnt und erscheint im 14. Jh. als Zentrum der Hapiru (Outlaws, die die Herrschaftsstruktur in Palästina erschütterten).
        Sichem war Zentrum der israelitischen Stämme: Landtag zu Sichem in Jos 24,1-28.
        Gen 33,18-20: Jakob erwirbt sich ein Grundstück in Sichem und baut einen Altar. Dies ist die Motivation Abraham in V6 nach Sichem wandern zu lassen. Abraham wird bewusst mit Jakob parallelisiert. Weitere Parallelisierung ist der Altarbau (12,7 und 33,18). Damit wird Abraham zum Vorläufer Jakobs. Jakob folgt dem Vorbild Abrahams ätiologisches Interesse.
        Aussageintention der Parallelisierung:
-         Steigerung der Bedeutung Abrahams, indem auch nordisraelitische Stätten für ihn vereinnahmt werden. Abraham erlangt gesamtisraelitische Bedeutung.
-         Vereinheitlichung von Nord- und Südreich in der Krisenzeit. Die beiden Staaten werden neben der Genealogie auch geographisch in Verbindung gesetzt.
elon moräh:
        Unklarer Ausdruck: elon = Baum, Eiche; moräh = Partizipialform von lehren Baum des Lehrenden: ein Priester, der unter der Eiche lehrt. Attributiv übersetzt: der lehrende Baum im Sinne eines Orakels (Identifizierung einer Gottheit mit einem Baum).
        Bäume haben göttliche Bedeutung: Gen 18: Jahwe erscheint an den Eichen von Mamre (markanter Ort bei Sichem).
        Erklärung:
-         Ruppert: Abraham erwartet in Sichem eine göttliche Botschaft, bekommt sie aber nicht und zieht deshalb nach elon moräh weiter.
-         Zapff:  Die Eiche ist Offenbarungsort einer fremden Gottheit und wird jetzt jahwisiert.
        6bβ (Kanaaniter) ist Anachronismus. Da das Land schon besetzt ist, wird Abraham vor eine weitere Glaubensprobe gestellt.

V7:
        Im Gegensatz zu V1 erscheint Jahwe. Wegen dieser anderen Offenbarungskonzeption bezeichnet Ruppert V7 als spätere Einfügung. Andere dagegen bezeichnen ihn wegen der besonderen Offenbarung Jahwes als Höhepunkt von 12,1-9.
        Das „Erscheinen Jahwes“ in V7 ist wie das „zeigen“ in V1 mit aar gebildet wenn Jahwe sich sehen lässt, ist zeigt er Abraham damit das Land, wie er es in V1 verheißen hat.
        „Erscheinen Jahwes“ in allen Schichten vor: Gen 17,1 (P) / 18,1 (J) / 22,14 (E). Es meint keine visuelle, sondern personale Erfahrung mit dem Ziel der göttlichen Verheißungsrede.
        In 1Sam 3,21 entwickelt sich die „Erscheinung Jahwes“ zur Offenbarung fort.
        Der Inhalt der Erscheinung ist die gebrochene Landverheißung (Das Land wird nicht Abraham, sondern seinen Nachkommen verheißen). Damit verbindet sich:
1.      Abraham wird mit der Volkswerdung verbunden. Auf dem Hintergrund der Entstehungszeit des 8. Jh. ist das ein Trost, denn wie einst Abraham sieht Israel das Verheißungsland in fremden Händen. Wie bei Abraham ist die LV dennoch nicht hinfällig, sondern erfüllt sich.
2.      Abraham wird eine weitere Glaubensprobe zugemutet, weil Sarah unfruchtbar ist (11,30). Wenn er in V7b einen Altar baut, ist das auch innertextuell von Bedeutung: Es ist ein schweigender Dank Abrahams, denn Abrahams Glaube ist ein Glaube der Tat und nicht der Worte. Weil der Altarbau im heidnischen Heiligtum Sichem erfolgt, heißt das, dass Abraham Sichem zum Heiligtum Jahwes erklärt. Damit wird aber auch des Land zum Land Jahwes. Ein Opfer auf dem Altar wird nicht erwähnt die Väter brachten keine Opfer dar. Nach Blum ist dies ein Hinweis auf die exilische Entstehung des Textes, da im Exil keine Opfer dargebracht werden konnten. Zapff sagt, dass eine Opferthematik in dem Text gar nicht intendiert war, primär soll zum Ausdruck kommen, dass Abraham ein treuer Jahwe-Verehrer war.

V8:
        Fortsetzung des Itinerars von V6. Elemente sind:
-         Aufbruch
-         Station mit Ortsangabe
-         Episoden: Altarbau
-         Weiterziehen in V9
        Ruppert, der V7 als später eingefügt bezeichnet, sieht die Motivation für das Weiterziehen im Schweigen Jahwes. Zapff sieht V6-8 jedoch als einheitlich an und charakterisiert das Weiterziehen als Inspektionsreise.
        Bet-El:
-         70km nördlich von Jerusalem auf einem Gebirgssattel. Vorisraelitisches Heiligtum
-         Nach der Reichsteilung gibt es dort ein Kalb-Postament (Götterbild) von Jerobeam I.
-         Aus Am 7,13 geht hervor, dass es ein wichtiges Reichs-Heiligtum war.
-         Der Name Bet-El bezeichnet dreierlei: das Heiligtum, eine vorisraelitische Gottheit (Gen 31,13), und die Ortschaft beim Heiligtum.
-         Die Gründungsgeschichte von Bet-El wurde ätiologisch mit Jakob in Verbindung gebracht (Gen 28,19). Die Verbindung mit Jakob ist älter als die mit Abraham. Wenn hier Bet-El durch Abraham begründet wird, dann aus folgenden Gründen:
-       Steigerung der Legitimität des Heiligtums.
-       Steigerung der Bedeutung des Abrahams für die Nordreich-Bewohner, um Einheit im Reich zu schaffen.
        Abraham schlägt sein Lager zwischen Bet-El und Ai auf. Die Intention dafür ist:
-         Abraham bewegt sich nur im Umkreis von Bet-El
-         Weil die damalige Grenze zwischen Bet-El und Ai verlief korrigiert der Jehowist damit eine Vorlage. Abraham soll so als Grenzgänger zwischen Nord- und Südreich vorgestellt werden.
-         Den Bewohnern des Nordreichs soll Abraham als gemeinsamer Vorfahre vorgestellt werden.
        Mit dem Aufschlagen des Zeltes wird Abraham als Wandernomade charakterisiert. Es war ein Spitzelt.
        Ai:
-         liegt östlich von Bet-El an der Straße nach Jericho. Ai heißt Trümmerhaufen
-         Ursprung liegt in der Frühbronzezeit, ab 1150 v. Chr. gab es zwei Bauphasen, ab 1000 verfiel es.
-         Jos 8: Zerstörung von Ai.
        Der Altarbau in Ai drückt den Besitzanspruch Jahwes und die Übereignung des Landes an Jahwe aus. Wieder gibt es kein Opfer.
        Gegenüber V7 ruft Abraham Jahwe ausdrücklich an. Abraham meldet sich zum ersten Mal zu Wort die Antwort Abrahams steigert sich. Nach Gen 4,26 ist Abraham in nP der erste Mensch, der Jahwe anruft. Im Kontext von 12,1-9 ist dies der Höhepunkt. „anrufen“ ist in nP selten, es ist Terminus der Beziehung zu Jahwe. Es ist kein Herbeizwingen damit gemeint, sondern die Kontaktaufnahme. Intention:
-         Israel grenzt sich so vom Kultverständnis der Nachbarvölker ab, wo der Kult Drama ist.
-         Der jüdische Gottesdienst ist in Abrahams Verhalten vorgeprägt: er besteht aus Wort und Handlung.

V9:
        Im heutigen Zusammenhang bildet der Vers den Übergang zur Weiterwanderung nach Ägypten.
        Nach Ruppert ist Gen12, 10-20 später eingefügt Auf 12,9 folgte 13,1 wo Negeb wieder aufgegriffen wird. Gen 13,18 ist dann der dritte Ort des Aufenthalts Abrahams: die Eichen von Mamre.
        2x wird ysn (aufbrechen, wörtlich herausreißen) verwendet. Das zweite Mal steht es im Infinitiv absolutus, was die Fortdauer des Aufbrechens bezeichnet. Damit wird die Existenz eines Wanderhirten charakterisiert.
        Negeb geht in im Süden in die Sinai-Wüste über. Zur Zeit der Landnahme war der Negeb nicht besiedelt.
        Im Kontext von 12, 10-20 (Abraham und Sarah in Ägypten) kann V9 als Flucht gedeutet werden. Dahinter mag die Warnung stehen, das Verheißungsland nicht zu verlassen.

2.1.1.7 Theologische Würdigung und Rezeptionsgeschichte

Zusammenfassung der zentralen Aussagen:
12,1-9 schlägt in der nP Komposition ein neues Kapitel auf. Abraham wird zum Stammvater Israels, mit dem sich Jahwe verbindet. Daraus ergeben sich folgende theologische Aussagen:
a)     Gott ist ein Gott des Heils für alle Völker. 12,1-9 stellt den Anfangspunkt der Heilsgeschichte dar. Die Heilsgeschichte ist nicht partikulär verengt, sondern universal. Der Gott des ATs ist nicht nationalistisch. Die Vollendung der Heilsgeschichte findet sich im NT.
b)     Das Handeln Jahwes ist nicht abstrakt, sondern konkret und kategorial. Jahwe hinterlässt konkrete Spuren. Die Konkretheit Gottes im Christentum hat hier ihren Ansatz.
c)      Die Berufung des Abraham eröffnet den Spannungsbogen des Heils. Die Hoffnung auf das Handeln Jahwes, der seinen Verheißungen treu bleibt, hat hier seinen Ansatz.
d)     Der Text steht jedem Antisemitismus entgegen, weil der Antisemitismus sich gegen Gott selbst richtet. Gott lässt das Heil durch Israel allen Völkern zuteil werden.
e)     Abraham wird zum Paradigma des Glaubens, wobei Glaube Antwort auf die Zumutung Gottes ist. Zentrales Thema ist der Aufbruch, der auf Gottes Weisung hin erfolgt. Es ist eine Loslösung, das Ziel bleibt im Dunkeln. Jahwe verlangt Vertrauen. Daran knüpfen die Heiligen der Kirche an (Antonius, Franziskus, Damian de Veuster, Mutter Teresa, ...) das Einlassen auf den Ruf Jahwes bringt Segen.

Rezeption im AT:
        Jes 51,2: „Blickt auf Abraham, euren Vater, und auf Sara, die euch gebar. Er war allein, als ich ihn rief; doch ich habe ihn gesegnet und ihm viele Nachkommen geschenkt“. Die nachexilische Gemeinde kann auf die Verheißung an Abraham bauen, denn sie ist auch jetzt noch gültig.
        Weish 44,19-21 (??): das Weisheitsbuch ist das jüngste Buch der Bibel (1.Jh.). In dem Text werden mehrere Stellen der VE synchronisiert. In 44,21b wird die MV aufgegriffen und die LV ausgeweitet. Darin spiegelt sich das Selbstverständnis der Diasporagemeinde.
Rezeption im NT:
        Hebr 11,8-10: „Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde. Aufgrund des Glaubens hielt er sich als Fremder im verheißenen Land wie in einem fremden Land auf und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten; denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hat.“ Abraham wird zum Exemplar des Glaubens und zum Vorbild für jeden Christen.
        Gal 3,6-8: 3,8 nimmt Bezug auf Gen 12,3: „Von Abraham wird gesagt: Er glaubte Gott, und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet. Daran erkennt ihr, dass nur die, die glauben, Abrahams Söhne sind. 8 Und da die Schrift vorhersah, dass Gott die Heiden aufgrund des Glaubens gerecht macht, hat sie dem Abraham im voraus verkündet: Durch dich sollen alle Völker Segen erlangen.“ Aufgrund des Glaubens sind die Heiden gerechtfertigt. Loyalität mit Abraham zeigt sich nicht ethnisch, sondern im Glauben. Paulus schreibt die Verheißungen an Abraham Christus zu, denn in Gal 3,16 fasst er „deiner Nachkommenschaft“ singularisch auf: „Abraham und seinem Nachkommen wurden die Verheißungen zugesprochen. Es heißt nicht: «und den Nachkommen», als wären viele gemeint, sondern es wird nur von einem gesprochen: und deinem Nachkommen; das aber ist Christus.

In der jüdischen Tradition wurde 12,1 im Zusammenhang mit 22,2 gesehen: beide Male „geh!“ Abraham soll seine Heimat und sein Sohn Opfern, beide Male gewinnt Abraham seine Zukunft.

2.2. Texte aus der priesterlichen Abrahamserzählung

2.2.1 Der Bundesschluss Gottes in Gen 17,1-27

Gen 17,1-27 ist der einzige größere narrative Text in P

2.2.1.1 Text und Übersetzung (siehe Blatt)

2.2.1.2 Textkritik

        Text ist problemlos
        Text ist deutlich von nP unterschieden:
-         Viele sprachliche Wiederholungen
-         Umständliche Wiederholungen. Bsp.: Beschneidung und Durchführung der Beschneidung ist aufs peinlichste genau beschrieben.
-         Typische priesterliche Formulierungen: ewiger (dauerhafter) Bund / Bund aufrichten (in nP Bund schneiden, z.B. in Gen 15,18) / Vermeidung von „Jahwe“, der Gottesname ist „El Schaddaj (Ausnahme ist V1)
        Textkritische Bemerkungen:
-         V1: LXX übersetzt El Schaddaj mit „dein Gott“. Problem ist die unklare Bedeutung von El Schaddaj.
-         V16: LXX bezieht die Segensaussage auf Isaak und nicht auf Sarah (siehe Übersetzung).

2.2.1.3 Abgrenzung, Kontextbezüge, Gattungsbestimmung und innere Struktur

Abgrenzung nach vorne:
        Geburtsnotiz des Ismael in Gen 16, 15, verbunden mit der Altersangabe des Abraham in 16,16 (beide Verse aus P): 86 Jahre – in Gen 17,1 ist er 99 Jahre.
Abgrenzung nach hinten:
        Ab Gen 18,1 wird wieder der Gottesname Jahwe verwendet.
        Gen 18, 10 ist Dublette zu 17,21
Verbindung im Kontext von P:
        17,1-27 setzt die priesterlichen Texte fort.
        16,16: Abraham ist 86 J. – Gen 17,1: Abraham ist 99 J. damit stimmt die Angabe des Ismael in 17,25 (13 J.) überein: 86 + 13 = 99. Wenn es in 17,21 heißt, dass Isaak im kommenden Jahr geboren wird, ist Abraham bei der seiner Geburt 100 J. alt, was mit 21,5 übereinstimmt.
        P ist durch die Altersangaben verbunden

Verbindungen im Kontext mit nP (Beziehung von Gen 17 zu Gen 15-18):
        Gen 17 findet sich in nP wieder: Gen 15 (nP Bundesschluss) und Gen 18,15-21 (Geburtsankündigung des Isaak) Gen 17 ist an der einzig möglichen Stelle in nP eingefügt
        Gen 17 klärt die Stellung und Bedeutung von Ismael, die bisher unklar war.
        Isaak wird entsprechend 17,21 (P) und 18,10 (nP) übers Jahr geboren.
Weitere Entsprechungen zwischen Gen 17 und der nP AE nach Ruppert (vgl. Ruppert-Kommentar S. 340):
1.      V1b: Gotteserscheinung              -              Gen 12,7
2.      V2,4,7: Bund                             -              Gen 15,8
3.      V4b: Menge von Völkern              -              Gen 12,2
4.      V8: Landverheißung                               -              Gen 12,7; 15,8; 28,13
5.      V16a: Verheißung des Sohnes              -              Gen 18,10-15
6.      V12: Abrahams Lachen              -              Gen 18,12
7.      V 19b Beschränkung des Bundes auf Isaak, Ausschluss Ismaels - Gen 21,12 (E)
es gibt viele Anklänge an den nP Textbestand.
        Zentral ist 2. (Bund). Auffällig ist dabei, dass im Gegensatz zu Gen 15 die Landverheißung in Gen 17 nur einmal erwähnt wird. Gen 17 (P) ist von Gen 15 (nP) abhängig. Dagegen spricht:
-         Wenn Gen 17 exilisch, dann Gen 15 vorexilisch. Gen 15 wäre in der Zeit entstanden, als das Nordreich verloren ging, Jahwe hat aber in Gen 15 sich verpflichtet den Israeliten das Land zu geben.
        P ist also eine eigene, unabhängige Quellenschicht (s.o.). Dafür sprechen zwei Indizien:
-         Die gestufte Offenbarung des Jahwenamens: Elohim – El Schaddaj – Jahwe ist nur verständlich, wenn P keine Fortschreibung, sonder Quelle ist.
-         Der Bundesschluss in Gen 17 ist Doppelung und Neukonzeption des Bundesschlusses von Gen 15 nur erklärbar, wenn P Quelle ist.
        P schöpft aus nP und um dessen Konzeption. Dies wird z. B. deutlich, wenn Gen 17 eine eigene Konzeption des Bundes gegenüber Gen 15 hat. Der Bund in Gen 17 ist in konzentrischen Kreisen angelegt: Nach dem Noahbund (für alle Menschen) errichtete Gott einen zweiten Bund mit Abraham (für Israel).
        Bisher war in P nur von der Initiative Abrahams die Rede. Weder der Leser noch Abraham wussten in P vom Heilshandeln Gottes. Das ändert sich in Gen 17: Plötzlich meldet sich Gott massiv zu Wort und überhäuft Abraham mit Verheißungen. Gen 17 ist der zentrale Text in P und gewährt Einblicke in die priesterliche Theologie.

Gattungsbestimmung von Gen 17:
        Keine Dramatik, kein Handlungsfortschritt
        Trotz narrativer Züge ist es keine Erzählung, sonder ein literarisches Gebilde, das eine Erzählung nachahmt und dabei ältere Erzählungen von Abraham voraussetzt.
        Formale Elemente sind:
1.      Beschneidung in V23-27
2.      Gottesreden in V1b-22, die unterbrochen sind von zwei Aktionen Abrahams (er fällt auf das Gesicht) in V3 und V17.
3.      Hinweis auf das Erscheinen Gottes in V1a und V22
für die Gattung „Gotteserscheinung“ reichen die formalen Elemente nicht aus.
        Behelfsmäßige Bestimmung (Ruppert): Gen 17 ist ein literarischer Bericht einer Gotteserscheinung, der von Gottesreden durchbrochen ist und durch eine Handlung (Beschneidung) abgeschlossen wird.

Gliederung:
Da die Komposition in einer Spannung steht, gibt es kein einheitliches Modell. Drei Gliederungsmodelle:

Zweitens:
Gliederung nach dem Inhalt (Mc Evenue)

1. Teil (Verheißung ergeht an Abraham):
A               V1f. Jahwes Absicht einen Bund zu stiften, Verheißung der Nachkommenschaft
B              V3b Abraham fällt aufs Gesicht
C              V4b-6 Abraham wird zum Vater vieler Völker
D              V7 Gott schließt den Bund für immer
E              V9-14 Zeichen des Bundes (Beschneidung)
2. Teil (Verheißung ergeht an Sarah):
A’              V16 Gottes Absicht Sarah mit Nachkommen zu segnen
B’              V17f. Abraham fällt aufs Gesicht
C’              V19 Sarah wird ein Sohn verheißen: Isaak
D’              V18b.21 Gott schließt den Bund für immer
E’              V23-27 Zeichen des Bundes (Beschneidung

Erstens:
Gliederung nach der Handlungsstruktur von Rede und Handlung (Westermann):

A: Redeteil V1b-22
-       gerahmt durch V1a und V22.
-       V1-3a: Proömium
-       V3b-22: Entfaltung des Proömiums
-       A ist unterteilt in fünf Gottesreden:
1.      V1f.
V3a: Unterbrechung durch Abraham
2.      V3b-8
3.      V9-14
4.      V15f.
V17.18: Zweite Unterbrechung durch Abraham
5.      V19-21
B: Handlungsteil V23-27 (Beschneidung)




















Drittens:
Gliederung aufgrund der konzentrischen Struktur
(Mc Evenue)

A              V1a Abraham ist 99 Jahre alt
B              V1bα Jahwe erscheint Abraham
C              V1bβ Gott spricht
D              V1bγ-2 erste Rede
E              V3a Abraham fällt aufs Gesicht
F              V4-8 zweite Rede
G              dritte Rede V9-14
F’              V15f. vierte Rede
E’              V18 Abraham fällt aufs Gesicht
D’              V19-21 fünfte Rede
C’              V22a Gott beendet die Rede
B’              V22b Gott fährt auf
A’              V24f. Abraham ist 99 Jahre alt






Mit der Struktur werden Inhalte verbunden:
        Bei Zweitens ist die Parallelisierung
von Sarah und Abraham zentral
        Bei Drittens ist das Beschneidungs-
Gebot zentral









2.2.1.4 Literarkritik, Redaktionskritik und Datierung

Einheitlichkeit:
        Rad: Nähte im Text weisen auf einen sukzessiven Zusammenschluss hin.
        Die Struktur nach Mc Evenue belegt die Einheitlichkeit des Textes.
        Literarischer Befund aufgrund sprachlicher Indizien (Seebass): V9-14 ist sekundär, wegen dtn Formulierungen. Diese sind:              V9a: Bund bewahren
V10a: Bund halten
V14b: Bund brechen
V14a: Exkommunikationsformel
Darüber hinaus hat V9-14 keine Verbindung zum Kontext. Nach Seebass gehören zur Grundschrift: V1-8 / 15-22 / 26-27a / 24f.
        Einwände von Ruppert gegen Seebass:
-         dtn Terminologie war während des Exils in Gebrauch, es lässt sich nicht genau zwischen P und dem dtn Sprachgebrauch unterscheiden.
-         V9-14 kann nicht sekundär sein, weil V24 die Beschneidung aufgreift und deshalb V9-14 voraussetzt.
-         Das Ausscheiden von V9-14 löst die konzentrische Struktur auf.
-         V9-14 könnte allenfalls die Aufnahme einer bestehenden Beschneidungsordnung sein.
        Köckert:
-         V9-14 ist dreimal erweitert worden. (darauf wird nicht weiter eingegangen)
-         V12b.13a: Erweiterung der Beschneidung auf Nichtisraeliten kann kaum ursprünglich sein, es ist nachpriesterliche Erweiterung.
-         Außerdem hat V12b.13a Numeruswechsel vom Plural zum Singular
-         Wenn V12b.13a auf einer anderen Ebene, dann auch V23.27 (Wiederaufnahme des Motivs)

Datierung:
a)     Ruppert, Zapff: Exilische Zeit (586-539). Die Beschneidungsvorschrift ist im Exil als Abgrenzung gegen die Babylonier gut denkbar Identitätsstiftung.
b)     Nachexilisch (nach 539-Mitte 5. Jh.)



2.2.1.5 Einzelexegese

Die erste Gliederung (Westermann) wird als Grundlage genommen.

Das Proömium V1-3a (erste Gottesrede):
        Es kommt zum Ausdruck, dass die Wanderung von Gott geheimnisvoll geführt war.
V1:
        Die Altersangabe steht im Zusammenhang mit 16,16 (s.o.).
        Nur eine kurze Notiz verweist darauf, dass Gott erscheint. P hat Interesse am Wort Gottes, nicht an den Begleitumständen Wortzentrierung, vgl. erster Schöpfungsbericht.
        „Jahwe“ ist ungewöhnlich, es wurde nachträglich eingefügt. P stellt klar, dass es Jahwe und kein anderer Gott ist, der erscheint. Der Gottesname Jahwe wurde erst dem Mose (Ex 2) offenbart. Der Leser weiß also mehr als Abraham.
        V1 entspricht 18,1 und 12,1 sowohl durch ähnliche Formulierung als auch durch das Verb „gehen“ (halak) 17,1 wurde auf dem Hintergrund von 18,1 und 12,1 formuliert.
        Die Gottesrede beginnt mit der Selbstvorstellungsrede Gottes entsprechend Gen 15,7.
Der Gottesname in P:
        V1: Erste Offenbarung Gottes in P, Gottesname El Schaddaj
        Gen 35,11: zweite Offenbarung Gottes in P: (Jakob): ähnlich eingeführt, Gottesname El Schaddaj
        Ex 6,2: dritte Offenbarung Gottes in P: Gottesname Jahwe.
        Jahwe offenbart sich den Vätern als El Schaddaj. Es gibt in P eine gestufte Offenbarung:
-         UG: Elohim kein Bezug zu Gott
-         VE: El Schaddaj Beziehung
-         Ex: Jahwe kultische Anrufbarkeit











Exkurs: Der Gottesname El Schaddaj

        Übersetzung:
-         EÜ: Gott, der Allmächtige
-         Vulgata (Hieronymus): deus omnipotens
-         LXX übersetzt unterschiedlich
        Die Langform (El Schaddaj) kommt insgesamt 8x vor, 5x in P. Die Langform ist typisch für P. Die Kurzform (Schaddaj) kommt 40x vor, 31x in Hiob.
        Etymologie:
-         Vom hebräischen sadeh (Feld) Gott des Feldes
-         Vom akkadischen sadu (Berg) Gott des Berges
-         Jes 31,6: sadad (verwüsten), passt aber nicht zu Gen 49,25
        Bedeutung:
-         El Schaddaj ist Kultname als Konkretisierung des kultischen Obergottes. El Schaddaj war eine alte Vätergottheit. Dagegen spricht, dass El Schaddaj in jüngeren Texten verwendet wird.
-         Einzige Stelle mit älterer Tradition ist Gen 49,25. Darin rekurriert P mit El Schaddaj auf die im vorpriesterlichen Werk angetrofffenen Gottheiten. P führt mit El Schaddaj eine übergreifende Bezeichnung für die Vätergottheiten ein.
-         In Gen gibt folgende Gottesbezeichnungen: Gott Abrahams (17,1), Gott Isaaks (38,2), Gott Jakobs (35,11), Gott Josefs (48,3) die priesterliche Theologie führt El Schaddaj als Name für den gemeinsamen Gott der Väter ein.
        Schaddaj in Hiob: Hiob soll als Patriarch stilisiert werden

























Die Weisung an Abraham: „wandle vor mir uns sei rechtschaffen“. Der erste Teil „wandle vor mir“:
        „gehen“ ist mit gehen im Hitpael gebildet. Neuinterpretation gegenüber 12,2 (nP). Mit „gehen“ ist keine Ortsveränderung mehr gemeint, sondern eine neue Weise des Daseins: wandeln vor Gott. Die Weisung kann man als Zusammenfassung des biblischen Glaubens verstehen.
        Wandeln meint die religiöse Beziehung. Es kommt auch in Gen 5,22.24 (Henoch) und 6,9 (Noah) vor Abraham als neuer Henoch, Noah. Er soll jetzt aber vor Gott wandeln, nicht mehr mit Gott. Abraham hat eine direkte Beziehung zu Gott Steigerung
        Impliziert ist auch ein prüfendes Element: das gesamte Leben wird in Beschlag genommen, es gibt keine halbe Sache. Die Weisung meint ein Leben im Gegenüber zu Gott.
Der zweite Teil „sei rechtschaffen“:
        tamim = ganz, vollständig Opferterminus: Vollständigkeit, Fehlerlosigkeit des Opfertieres
        Gott verlangt von Abraham eine ungeteilte Hingabe
        Da Abraham nicht als Einzelperson, sondern als corporative Persönlichkeit gesehen wird, richtet sich die Aufforderung an alle, die im Glauben in den Spuren Abrahams wandeln.

V2:
        berit ist der zentrale Begriff in Gen 17. Deshalb ein Exkurs dazu:

Exkurs zu berit:

        Zwei Arten:               - Vereinbarung zwischen gleichen Partner (eher die Ausnahme im alten Orient)
- Verhältnis zwischen einem stärkeren und einem schwächeren Partner (Gedanke der Verpflichtung)
        Bedeutung von „Bund schließen“:
-         Ein Stärkere legt einem Schwächeren einen berit auf mit bestimmten Bedingungen an ihn, z. B. Ausschluss von anderen Bündnissen, Halten des Gesetzes (Vasallenvertrag). Der Stärkere gewährt dafür dem Schwächeren Schutz.
-         Das Dtn nimmt diese Konzeption der Vasallenverträge auf. Es ist jetzt Jahwe, der seinem Volk einen berit auferlegt. Bundesbruch geschieht durch Untreue. Das ist Theologie im Kontext.
-         Den Bund kann immer nur der Schwächere brechen, denn der Stärkere gewährt ja den Bund. Aber der Stärkere verpflichtet sich selbst. So ein Bund ist ein Gnadenbund, er ist im alten Orient belegt (Könige verpflichten sich ungeschuldet an Untergebene).

























        Der Bund in Gen 17 ist ein Gnadenbund, denn von Abraham sind keine Voraussetzungen zu erbringen. Die Imperative in V1 ist keine Bedingung für den Bund, denn die Bundessetzung ist sprachlich nicht vom Rechtschaffensein abhängig. Wenn sich Abraham rechtschaffen verhält entspricht dies der Offenbarung Gottes.
        Der Zusammenhang zwischen Imperativ und Bundeszusage ist nichtbedingt: Ähnlich wie Abraham rechtschaffen sein soll, verpflichtet sich Gott Abraham.
Die Formulierung „Bund stiften“, wörtlich „Bund geben“:
        Weil nicht „Bund schneiden“ wie in Gen 15 verwandt wird, wird jede sprachliche Metaphorik vermieden.
        Es kommt die freie Souveränität Gottes zum Ausdruck: Gott gibt den Bund in reiner Gnade.
        In V2 heißt es „Bund geben“, in V7 „Bund aufrichten“ in V2 wird der Bund verheißen, in V7 wird er definitiv geschlossen.

V2b: die Mehrungsverheißung:
        Der Bundesschluss ist keine priesterliche Interpretation der MV von 12,1-9. Gründe:
-         V6/7 machen deutlich, dass der Inhalt des Bundes über die MV hinausgeht: V7b etabliert ein neues Verhältnis zwischen Gott und den Nachkommen Abrahams. Der Bund geht also über die MV hinaus.
-         in V20 wird Ismael in die MV miteinbezogen, in den Bund dagegen nicht (V19) Bund und MV sind zwei verschiedene Größen.
        Auf P-Ebene wird durch V2 deutlich, dass die MV nicht durch Ismael (16,3) erfüllt wird.
Beziehung der MV in V2 zu den anderen Mehrungsverheißungen:
        Die Formulierung in 17,2 greift auf die vorpriesterlichen Formulierungen in 12,2 und 15,5 zurück
        „zahlreich machen“ (Wurzel rabah) kommt auch in Gen 1,27 und 9,1 (Auftrag zur Mehrung) vor. Daraus geht hervor:
-         In Gen 17,2 ist die Mehrung kein Auftrag mehr, sondern Verheißung Gottes.
-         rabah erscheint immer, wenn ein neuer Anfang gemacht wird Gott setzt mit Abraham einen neuen Anfang, der den Mehrungsauftrag übertrifft: Gott führt selbst die Mehrung durch, er handelt in direkter Weisel
-         Der Abrahambund wird an die Schöpfung rückgebunden.
Theologische Implikationen:
        V2 ist eine theologische Herausarbeitung, dass Israel in Abraham seinen Ursprung dem gnadenhaften Handeln Gottes verdankt: Gott benützt einen unfruchtbaren Greis, um sein Volk zu konstituieren (sola gratia-Motiv).
        Gott etabliert sich im Volk Israel eine neue Menschheit.

V3a: das wortlose Niederfallen Abrahams aufs Angesicht:
        altorientalischer Ritus zur Ehrung.
        Die Geste wird in P als kultische Beugung vor Gott im Sinne des Amens (Bestätigung) gebraucht.
        Lev 9,24: großes Amen von ganz Israel zum Heilshandeln Jahwes.
        Ruppert: Das Niederfallen ist geschickt in den Gesamtduktus eingebaut. Es steht nicht schon in V1, das Abraham sich noch nicht sicher sein konnte, mit welchem Gott er es zu tun hat. Erst nachdem Gott sich als El Schaddaj offenbart hat, wirft sich Abraham nieder. Das Niederfallen drückt Folgendes aus:
-         Abraham verpflichtet sich vor Gott rechtschaffen zu wandeln
-         Einleitung der Selbstverpflichtung Abrahams zum Bund

Die zweite Gottesrede V3b-8
Es ist zweimal vom Bund die Rede. Es handelt sich aber nicht um zwei unterschiedliche Bünde, sondern um eine zweifache Entfaltung des einen Bundes:
a)     V4/5: Bund zwischen El Schaddaj und Abraham. Inhalt ist die Mehrungsverheißung
-         Bleibt ohne Bundeszeichen. Weil in P der Bund immer mit einem Bundeszeichen einhergeht (vgl. 9,13: Regenbogen) kann V4/5 kein eigener Bund sein. a) und b) sind Entfaltungen des einen Bundes.
-         V4/5 ist Einlösung des in V2 angekündigten Bundesschlusses und Konkretisierung der allgemeinen MV von V2b.
b)     V7/8: Bund zwischen El Schaddaj, Abraham und seinen Nachkommen. Inhalt ist die Dauerhaftigkeit des Bundes (berit olam) und das besondere Gottesverhältnis.
-         Die Beschneidungsvorschrift in V9-14 bezieht sich auf wegen der Nachkommen darauf. Beschneidung ist das Bundeszeichen.
Verhältnis der zwei Entfaltungen des Bundes:
        V4/5 ist theologisches Vorwort und Voraussetzung für V7/8.
        V7/8 (Nachkommenschaft) setzt die Mehrungsverheißung von V4/5 voraus.
        V7/8 dehnt den Bund von V4/5 auf die Nachkommen und auf die Zeit aus. Der Bund mit Abraham bekommt Dauerhaftigkeit.

Einzelexegese:
V4:
        V4a ist merkwürdig formuliert. ani (ich) weist auf V1b Gott steht mit seiner ganzen Person hinter dem Bund.
        Im Gedanken der Selbstverpflichtung Gottes ist die Verheißung enthalten. Da das Hebräische keinen Begriff für Verheißung kennt, drückt es Verheißung durch Selbstverpflichtung aus.
V5:
        „Vater eines Getöses von Völkern“: Ausweitung der Vaterschaft Abrahams:
-         Gen 16: Abraham wird mit Hagar Vater von Ismael
-         Gen 12,2: Abraham wird verheißen Vater eines großen Volkes zu werden
-         Gen 17,5: Abraham wird verheißen Vater von einem Getöse von Völkern zu werden
        Wer ist mit gojim (Völker) gemeint?
-         Die Ismaeliten. P hat aber die Nachkommen Abrahams über Isaak im Blick, nicht über Ismael.
-         Die Söhne der Ketura (Gen 25,1-4), von denen die arabischen Stämme abstammen. Sie werden aber in 25,6 weggeschickt.
gojim meint weder die Ismaeliten noch die Ketura-Söhne. gojim meint die 12 Stämme Israels, die über Isaak-Jakob entstehen (Gen 35,11: Volk im Singular, gemeint ist Israel) und die Edomiter, die über Isaak-Esau entstehen (Gen 36,9).
Die Umbenennung des Abrahams:
        Art und Weise der Umbenennung: P benützt die Dialektvariante Abraham für eine volksetymologische Deutung: Abrahamhamon (Getöse vieler Völker) Abraham wird zum Getöse vieler Völker
        Wie Abraham wird auch Jakob (Gen 32,29) umbenannt ähnlich wie beim Gottesnamen El Schaddaj werden die beiden Erzväter durch die Umbenennung in Verbindung gebracht.
        Während Jakob durch die Umbenennung zum Volksvater (Israel) wird, wird Abraham zum Völkervater, zum Vater aller, die im Umkreis seiner Erwählung stehen. Deshalb ist auch gojim nicht nur auf Israel, sondern auch auf die Edomiter zu verstehen, so Zapff. Ruppert sieht in gojim nur Israel.
        Abraham wird in Bezug zu Noah gesetzt: wie von Noah die Menschheit abstammt, so stammt von Abraham das Getöse von Völkern ab.
        Den Namen erhält man bei der Geburt, er drück das Wesen aus. Wenn Abraham einen neuen Namen bekommt, heißt das, dass er neu geboren wird.
        Die Umbenennung steht auf dem Hintergrund der altorientalischen Inthronisationsfeiern, bei denen der König einen neuen Thronnamen bekam (vgl. Jes 9) Übertragung von königlichen Zügen auf Abraham
V6:
        para (fruchtbar sein) entspricht Gen 1,28; 9,1. Hier aber bewirkt Gott die Fruchtbarkeit selbst. Abraham ist der neue Mensch in Überbietung von Adam und Noah.
        V6b: die Könige sind die davidischen Könige. Wenn aus Abraham Könige hervorgehen, wird Abraham als königlich charakterisiert.
V7:
        Die Aufrichtung des Bundes steht mit qum.
        berit olam: Der Bund wird als dauerhafte Institution eingesetzt. Er überdauert Abraham, weil er unkündbar und nicht an Bedingungen geknüpft ist (vgl. Röm 9-11).
        Vor dem exilischen Hintergrund ist die priesterliche Bundeskonzeption ein „Evangelium“: Der Abraham-Bund überdauert trotz dem Bundesbruch Israels.
        Das besondere Verhältnis zwischen Gott und Abraham wird auf Abrahams Nachkommen übertragen.
        P hat eine eigenständige Konzeption: sie verlässt die nP MV und LV und geht über zum dauerhaften Verhältnis zwischen Mensch und Gott.
        Es klingt die Bundesformel aus Dtn 26,17-19[1] an. Inhalt:
1.      Jahwe ist der Gott Israels
2.      Israel ist Jahwes Volk.
Aber V7 unterscheidet sich von der Bundesformel:
-         Keine Bedingungen. Die Zusage „ich bin dein Gott“ ist unbedingt.
-         Nur 1. kommt in V7 vor, 2. fehlt. Erst in Ex 6,7 findet sich in P die vollständige Bundesformel. Es gibt bei Abraham das Volk Israel ja noch nicht logischer, heilsgeschichtlicher Duktus.
V8:
        Die LV an Abraham und an seine Nachkommen entspricht der nP Tradition in 12,7 und 15,18f. Während in Gen 15 die LV zentral ist, spielt sie in 17,8 eine untergeordnete Rolle.
        Im Vordergrund steht das besondere Verhältnis Gottes zu Abraham und zu seinen Nachkommen in V7b.8b die LV ist von dem „Gott sein“ in 7b.8b gerahmt.
        V8a: Kanaan als Land der Schutzbürgerschaft: exilische Erfahrung klingt an. Für die nach Babylon Verschleppten und für die im Land Verbliebenen drückt sich darin die Hoffnung aus, dass der exilische Zustand sich ändern wird.
Zentrale Aussagen:
        Auch ein Landverlust wie im Exil kann die Gottesbeziehung der Kinder Abrahams nicht tangieren.
        Die eigentliche Heimat ist die Beziehung zu Gott.

Die dritte Gottesrede und das Gebot der Beschneidung V9-14:
Die Beschneidung ist kein Gebot, sondern ein Bundeszeichen. Sie ist die Antwort Abrahams und seiner Kinder auf den Bund. Der Begriff „Bundeszeichen“ (ot):
        Während in Gen 9,13 Gott selbst das Bundeszeichen stiftet (Bogen) und sich verpflichtet keine Flut mehr zu stiften, setzt Abraham in Gen 17 das Bundeszeichen selbst.
        V10: Beschneidung setzt Bund in Kraft Bund und Bundeszeichen sind stark miteinander identifiziert.
        Währen in Gen 9,9 Gott dem Bund mit allem Lebendigen schließt, ihn unabhängig vom Menschen schließt und sein Gegenüber nicht miteinbezieht, gibt es in Gen 17 auf der menschlichen Seite eine Rezeption des Bundes durch das Bundeszeichen. Das Bundeszeichen ist aber keine Bedingung des Bundes, sondern das menschliche Ja zum Bundesangebot Gottes die menschliche Freiheit kommt ins Spiel.
        V14: Das Unbeschnitten-Sein (=Bundesbruch) ist nur Einzelnen möglich. Der von Gott mit Abraham geschlossene Bund bleibt davon unberührt, er besteht auf ewig. die Freiheit des Einzelnen wird nicht übergangen.
        Die Beschneidung entspricht im christl. Verständnis der Taufe: unkündbares Bundesverhältnis.
              imponierende Bundeskonzeption der Priesterschrift: Gott verpflichtet sich Israel. Der Mensch kann immer nur antworten. Die Gnade Gottes ist vorgängig und kann vom Menschen angenommen oder verweigert werden.
Struktur der VV 9-14:
-         V9a: Einleitung der dritten Gottesrede
-         V9b: Aufforderung zur Bewahrung des Bundes
-         V10: Beschneidung als Bewahrung des Bundes
-         V11a.12-14: Ausführungsbestimmungen zur Beschneidung
-         V11b: Beschneidung als Bundeszeichen
Rahmung durch V9b (Bewahrung des Bundes) und durch V14b (Alternative: Bundesbruch)
Leitthema der Verse 9-14 ist „Bund“

Einzelexegese:
V9:
„Bund bewahren“:
        ist mit der Wurzel samar gebildet
        dtn. Sprachgebrauch (vgl. Ex 19,5; Dtn 29,8) P verwendet dtn. Terminologie, nach Seebass ist deshalb V9-14 später.
        Gegen Seebass: P hat den Ausdruck bewusst aufgegriffen, um ihm eine neue Bedeutung zu geben. Deuteronomistisch wird der Bund durch Gesetzeserfüllung gewährleistet, in Gen 17 ist der Bund unbedingt, das Bundeszeichen ist Rezeption des Bundes und nicht Voraussetzung „Bund bewahren“ in P heißt lediglich Ja-Sagen, nicht mehr Gesetzeserfüllung.
V10b:
        Zum erstem Mal kommt „Beschneidung“ (mul) ausdrücklich vor.


Exkurs zur Beschneidung:
        Ursprung der Beschneidung ist Ägypten.
        Werkzeuge aus Stein (Jos 5,2) lassen auf eine sehr alte Zeit schließen archaisches Ritual
        Beschneidungsalter: Pubertät
        Die Beschneidung wurde mit der Heirat verbunden (Gen 34,15) Beschneidung als Mannbarkeitsritus und als Abwehr des Dämonischen. Damit war die Beschneidung offen für eine religiöse Deutung, sie konnte zum religiösen Symbol werden (vgl. Jos 5,1-12: kollektive Beschneidung als Abwälzung der ägyptischen Schande, Reinigung).
        1Sam 14,6: Unbeschnitten-Sein ist Schande und Schimpfwort.
        Im Exil wurde die Beschneidung zum Zeichen der Identität, um die Assimilation zu Verhindern. Mit dem Wandel der Beschneidung zum Unterscheidungsmerkmal ging einher, dass die Knaben bereits mit 8 Tagen beschnitten wurden (vgl. Lk 8,23)
        Die Beschneidung mit 8 Tagen:
-         Durch die frühe Beschneidung wird bereits der Neugeborene zum Teilhaber am Bund.
-         Da die Beschneidung im Kontext der MV steht wird die persönliche Fruchtbarkeit relativiert: Ismael steht für die persönliche Fruchtbarkeit, er wird mit 13 Jahre beschnitten, Isaak als Erbe der MV wird bereits mit 8 Tagen beschnitten (21,4) es kommt auf die Verheißung Gottes an die Fruchtbarkeit schenkt, nicht auf die persönliche Fruchtbarkeit.
        Zur äußeren Beschneidung muss die Beschneidung des Herzens hinzukommen: Dtn 10,16 (Jer 6,10: Beschneidung der Ohren) dtn. Einfluss, Spiritualisierung des Bundes ohne Aufgabe des äußeren Zeichens.
        Makkabäischen Kriege (1Makk 1,15): In der griechischen Kultur der Nacktheit ruft die Beschneidung Spott hervor.
        NT: Abtrennung der inneren Haltung vom äußeren Zeichen (Gal 6,15).

























V12b.13a (nachträglicher Zusatz, s.o.):
Hinter der Forderung steht der Gedanke der kultischen Einheit der Großfamilie (vgl. Ex 12,43-49 Psekundär). Es geht darum auch Nicht-Israeliten die Teilnahme am Pascha-Mahl zu ermöglichen Humanisierung, da der Sklave wie ein Familienmitglied behandelt wird. Sklave-Sein heißt auch Gottesgemeinschaft zu haben. Der Sklave wird zum Mitbruder.
V14:
        Im Stil eines sakralen Rechtssatzes wird das alternative Verhalten, nämlich das Brechen des Bundes, mit einer Strafkonsequenz belegt.
        Da die Beschneidung mit dem Bund identisch ist, ist die Konsequenz des Nicht-Beschnitten-Seins die Exkommunikation: karat = abhauen, vgl. Ex 12,1.19, u.a.
        näpäs (Kehle) wird abgeschnitten: es klingt der ursprüngliche Sinn der Todesstrage an, die aber nicht gemeint ist, sondern nur der Ausschluss aus der Religionsgemeinschaft, bzw. aus dem Volk.
        Der Singular zeigt, dass nur einzelne den Bund brechen können. Abraham hat den Bund in V24 angenommen, er ist somit gültig.
        „Bund brechen“ ist dtn. (Dtn 31,16.20). V14 ist aber keine spätere Ergänzung, sondern Neukonzeption (s.o.) selbe Ausdrucksweise mit neuem Inhalt.


Die vierte und fünfte Gottesrede V15-21:
Struktur:
-         V15.16: Umbenennung Sarais als Symbol der sich an Sarai vollziehende MV
-         V17.18: Reaktion und Bitte Abrahams
-         V19-21: Fortsetzung und Bestätigung der Verheißung Gottes von V15.16
Inhalt:
1.      Sarah wird in V16a ein Sohn verheißen die MV vollzieht sich nicht über Ismael.
2.      Abraham kommt zum ersten Mal selbst zu Wort
3.      das Verhältnis von Isaak und Ismael wird geklärt.
        V17.18 ist kein Dialog, sondern dient zur Akzentuierung der Gottesrede.
        V15.16 knüpft an Gen 18,9 an, wo Sarah aber Ohrenzeugin der Verheißung ist. Hier ist Abraham einziger und direkter Empfänger der Verheißung. Dies ist aber keine Abwertung Sarahs, denn die Umbenennung Sarais zeigt, das Sarah Abraham ebenbürtig ist. Abraham und Sarah als Erzeltern Israels.
        Sarah-Sarai ist Dialektvariante. Sarah = Fürstin Hinweis auf die Verheißung von V16.
V16:
        Die Segensverheißung ist nur für Sarah: Segen bewirkt keine allgemeine Fruchtbarkeitsförderung wie in Gen 9,1, sondern die Aufhebung der Unfruchtbarkeit Steigerung des Segens der UG.
        Traditionsgeschichtlicher Hintergrund ist Gen 12,2
        Verbindung zu Gen 16,2 (Winkelzug mit Hagar): Die Segensverheißung bringt zum Ausdruck, dass es keinen Winkelzug wie in Gen 16 bedarf.
        Während Ismael Frucht menschlicher Initiative ist, ist Isaak von Gott gegeben. In der Sohnesverheißung kommt der besondere Gnadencharakter zum Ausdruck: Isaak ist von Gott.
        Sarah ist die gesegnete Frau des ATs: Archetyp, weibliche Figuration des Gottesvolkes (vgl. DJ, Jes 54,1; TJ) Maria Mutter der Kirche ist in Sarah vorgebildet. Ähnlich wie Sarah gebiert Maria den Verheißungsträger des Neuen Bundes marianisch-weibliche Figuration der Kirche. Lk 1,28: „unter den Frauen“ (in der EÜ nicht so übersetzt) entspricht im Hebräischen der Formulierung bei Sarah.
V17:
        Reaktion Abrahams: wie in V3 fällt er aufs Gesicht (Zeichen des Dankes).
Spannung:
        17a: im Niederfallen drückt sich Abrahams Glaube aus
        17b: es wird deutlich, dass das Lachen ein ungläubiges Lachen ist
psychologische Unmöglichkeit.
Inhaltlicher Sachverhalt und theologische Deutung:
        P zeichnet ein Bild von Abraham, das sich von nP unterscheidet: Abraham ist nicht der Vater des Glaubens, sein Herz zweifelt. Der Stammvater Israels hat einen oberflächlichen Glauben.
        Der Unglaube Abrahams fällt umso mehr ins Gewicht, da Abraham vor Gott steht: Kontrast zwischen der Erscheinung Gottes und Abrahams Unglaube
        Verschärfung: in 18,12 (nP) lacht Sarah heimlich, in 17,17 lacht Abraham vor Gott und wird dennoch zum Exponenten des ungläubigen Gottesvolkes.
        17,19: Der Name Isaak (Anspielung auf das Lachen) wird von Gott angeordnet. Isaak wird zum Zeugnis, dass Gott trotz des ungläubigen Lachens seine Verheißung verwirklicht.
        Gen 17: kein Tadel für das Lachen – Gen 18,13: Tadel für Sarah.
deutlicher Unterschied zu nP
Gott vermag Dinge, die menschlich unmöglich sind
Gott ist in seinem Tun unabhängig vom Glauben der Menschen
P zeichnet Gott souverän
Kerygma auf dem Hintergrund des Exils
V18:
        Abraham ergreift das Wort auf dem Angesicht liegend, aber es ist ein Wort des Unglaubens, verpackt in der Bitte für Ismael.
        Abraham hält an den realen Gegebenheiten (Ismael) fest und versucht die Verheißung auf Ismael umzulenken Dimension der Tiefe des Zweifels, Abraham klammert sich an menschliche Sicherheiten.
        V18 bringt also den Zweifel von V17 ins Wort
        Aussage: auch wenn Gott den Bund nicht scheitern lässt, bleibt der menschliche Bundespartner gefährdet. In P scheint Gott auf die menschlichen Voraussetzungen nicht zu bauen.
V19:
        Klarstellende Verheißung
        Gottesrede in drei Teilen:
a)     Nochmalige Geburtsankündigung. Im Unterschied zu V16 wird durch die Formulierung „Sohn gebären“ die Möglichkeit ausgeschieden, dass Ismael gemeint sein könnte.
b)     Benennung des geborenen Sohnes. Rückverweis auf das Lachen Abrahams und deutlicher Hinweis, dass Gott Abrahams Lachen wahrgenommen hat. Der Name ist Bekenntnis für Abraham zu seinem Kleinglauben.
c)      Bundesschluss mit Isaak und seinen Nachkommen. Konkretisierung von V7: allein mit Isaak und seinen Nachkommen schließt Gott den Bund. Ismael wird vom Bund ausgeschlossen.
V20:
        Der souveräne Gott hat Abrahams Bitte von V18 erhört, er geht nicht über sein Anliegen hinweg der Ausschluss Ismaels vom Bund ist keine Existenzminderung.
        Dass Ismael im Hinblick auf die MV keine Nachteile hat drückt sich in den Verheißungen für Ismael aus:
-         V20 überträgt den Segen von V16 auf Ismael
-         Übertragung der MV auf Ismael: durch die Parallelstellung von „fruchtbar machen“ - „zahlreich machen“ überbietet V20 die Parallelstelle in Gen 1,28; 9,1 in Ismael vollzieht sich der Urgeschichtliche Segen in vollkommener Weise.
-         „Fürsten“ entspricht den Königen von V6.16, es ist darin aber auch eine Minderung ausgedrückt.
-         12 Fürsten = Analogie zu den 12 Stämmen Israels. In Gen 25,12-26 wird die Verheißung der 12 Fürsten eingelöst.
-         „großes Volk“: Rückgriff auf 12,2 (nP).
        Ausdruck des Universalismus: der Gott Abrahams hat es auch mit anderen Völkern zu tun.
Zum Namen Ismael:
        Wortspiel „...Ismael erhöre...“: 2x sama (hören). Ismael ist ein Nord-West-semitische, theophorer Satzname (s.o.). is-sama-el = Gott möge hören.
        P übernimmt den Namen Ismael aus der vorpriesterlichen Tradition. Gen 16,11 (E): der Name wird mit Hagars Not begründet, Gott hat gehört.
Islam:
        Die Muslime leiten sich von Ismael ab, der in der islamischen Tradition der eigentliche Sohn Abrahams ist. Die Bevorzugung Isaaks wird als nachträgliche Verfälschung betrachtet.
        Abraham ist nach Mohammed die zweitwichtigste Person im Islam, er wird in 25 Suren erwähnt

Der Handlungsteil V23-27:
        Ausführung der Beschneidungsvorschrift
        V23: Die Erweiterung der Beschneidung auf Nicht-Israeliten (im Text kursiv) entspricht V12b.13a (selbe Intention, s.o.). Mit ohne die Erweiterung gelesen hat Ismael durch die Beschneidung eine besondere Stellung, mit der Erweiterung gelesen wird Ismael nachträglich relativiert.
        Die Beschneidung wird gemäß Gottes Anordnung juristisch genau ausgeführt.
        Abraham setzt die Weisung sofort um Ausdruck seines Gehorsams. Abraham wird in P als Vater des Gehorsams stilisiert, nicht wie in nP als Vater des Glaubens. Auf dem exilischen Hintergrund ist das eine Mahnung zur Beschneidung trotz eventueller Glaubenszweifel.
        V24.25: die doppelte Altersangabe ist in P Markierung für besonders Wichtiges.
        Die Beschneidung des Abrahams ist Setzung des Bundeszeichens und Inkraftsetzung des unaufkündbaren Bundes.
Im 99. Jahr Abrahams beginnt die neue Geschichte Gottes mit den Menschen. In P beginnt die Geschichte Israels mit der Beschneidung.
V25:
        13 Jahre: Hinweis auf das ursprüngliche Alter der Beschneidung.
        Gen 16,16: Abraham ist 86 Jahre + 13 Jahre Ismael = 99 Jahre bei der Beschneidung.
        Gen 25,17: Gesamtlebensalter Ismaels ist 137 Jahre (13 x 10 + 7 Zahl der Vollkommenheit, Beginn der biblischen Zahlenmystik)
V26/27: Nachtrag, bzw. Zusammenfassung, der die genaue Ausführung Beschneidungs-Vorschrift unterstreicht.

2.2.1.6 Theologische Würdigung und Rezeptionsgeschichte


Theologische Würdigung:
Gen 17 bildet als erster narrativer Text das Zentrum der P in den VE Sparsamkeit, die bereits in der P-UG da ist (nur erster Schöpfungsbericht und P-Sintfluterzählung). Dennoch kommt das theologische Anliegen gut zum Ausdruck. Gen 17 (Gründungsurkunde Israels) ist in den Noahbund eingeschrieben.

Zwei theologische Schwerpunkte in Gen 17:
a)     Das besondere Verhältnis Gottes zu seinem Volk:
-         P hat Interesse an der Setzung der Fundamente: Noahbund begründet den Bestand der Welt, Abraham-Bund begründet die theologische Besonderheit Israels (das besondere Verhältnis Gottes zu seinem Volk)
-         Die theologische Besonderheit Israels wird in der P-Exodusgeschichte im „Wohnen Gottes unter dem Volk“ realisiert.
Folgende Schritte:
-         Ex 24,15b-18a: Gott zeigt Moses den Plan des Heiligtums
-         Ex 25.27: Ausführung des Heiligtums
-         Ex 40,34: Wohnen Gottes unter dem Volk = Zielpunkt der P-Theologie
b)     Die menschliche Verhaltensweise gegen El-Schaddaj als Antwort auf den Bund:
-         Bundeszeichen
-         „wandle vor mir und sein rechtschaffen“ (17,1)
-         Dazu kommt später die Kultordnung vom Sinai (Lev 1-10). Sie wird von Gott gestiftet.



Die P-Bundestheologie:
(Lit.: Groß, W.: Zukunft für Israel, SBS 176, Stuttgart 1998, S. 65-70)
        dtn. Bundesverständnis (Dtn 26,16.17) als Hintergrund: der Bund ist an bestimmte Bedingungen gebunden, die zu erfüllen sind Exil als Folge des Bundesbruches (vgl. DtrG, 2Kön 22,16)
        Die Exils-Katastrophe warf folgende Frage auf:
-         Was kann Israel nach einer Umkehr an einem erneuten Bundesbruch hindern?
-         Wie kann man sich seine Existenz nach dem Bundesbruch vorstellen?
-         Wie verhalten sich der bedingte Sinaibund und der unbedingte Abrahams-Bund (Gen 15) zueinander?
        Da der dtn. Bund von menschlichen Leistungen abhängig war, entwirft P ein eigenes Bundes-System. P lässt den dtn. Bund verschwinden, nur noch der Abrahams-Bund als reiner Gnaden-Bund existiert. Folgen:
-         Motiv des kollektiven Bundesbruches verschwindet
-         Exilsproblematik und Umkehr treten aus dem Blickfeld
        Gen 17 schwächt die in Gen 15 zentrale Landgabe ab, zentral ist jetzt die unkündbare Verbindung Gottes mit seinem Volk die Bundessatzungen werden unwichtig.
        Geschichtlicher Hintergrund: P spricht zu den Exilierten
        P ist am Entwurf eines ewigen Zustandes interessiert, nicht an einer dynamischen Entwicklung
        Es gibt in P keine Landname das Land bleibt eine abstrakte Größe.
        Wie der Noah-Bund Sicherung der Welt ist, ist der Abraham-Bund Sicherung Israels
        P verbindet Kult und Bund: Kult ist die Aktualisierung der Gegenwart Jahwes.

Kritik an der P-Bundestheologie:
        Trennung von Bund und Schuld des Volkes
        Keine Erklärung des Exils
        Keine Möglichkeit der Umkehr des Einzelnen, der den Bund bricht
        Wegfall der dtn. Verbindung von Bund und sozialem Verhalten (17,1 ist keine Bedingung)
        Der Mensch erscheint passiv, dem Gnadenhandeln Jahwes ausgesetzt skeptische Sicht des Menschen

Fazit:
        P fundiert die nachexilische Existenz Israels durch Auslöschung des Exils
        Die geschichtliche Realität wird der Theologie geopfert hoher Preis, um einen möglichen Bundesbruch auszuschließen.


Rezeptionsgeschichte:
        Judentum:
-         steht in den Verheißungen des Abraham-Bundes und in den Verpflichtungen des Sinai-Bundes
-         nach dem gebrochenen Sinaibund hofft es auf den neuen Bundesschluss (Jer 31,31)
-         die Verheißungen des Noah/Abraham-Bundes gelten für Israel weiter es steht nicht in einem gebrochenen Bundesverhältnis
-         Bund muss durch Beschneidung rezipiert werden
        Christentum:
-         lebt bereits im in Jer 31,31 angekündigten Bund, den Christus gestiftet hat (1Kor 11,25) + eschatologischer Vorbehalt.
-         der Christusbund ersetzt den Sinaibund und weitet ihn auf alle Völker aus.
-         Bundeszeichen ist die Taufe
-         der Neue Bund ist die Rezeption des Abraham-Bundes in neuer Gestalt
-         die Kirche als Ganzes kann nicht aus dem Bund herausfallen (LG 14)

Konkrete Rezeption im NT:
        direkte Zitate:
-         Röm 4,17 – Gen 17,5 LXX: Paulus versteht die MV im Blick auf die Heiden- und Judenchristen, sie erfüllt sich in den Christusglaubenden
-         Gal 3,16 – Gen 17,8: Singularische Form, der Nachkomme ist Christus. Christus ist der eigentliche Verheißungsempfänger des Abraham-Bundes. Als Nachkomme Abrahams kommt Christus nicht aus dem Gesetz Relativierung des Gesetzes gegenüber dem Glauben.
        Lk 1,5-25 (Verheißung des Johannes) bezieht sich auf Gen 17:
-         Lk 1,13 – Gen 17,19 wie mit Isaak, wird auch mit Johannes ein neues Kapitel der Heilsgeschichte aufgeschlagen.
-         Lk 1,18 – Gen 17,17 Zachäus als neuer Abraham, Elisabeth als neue Sarah.

20. Januar 2004: Ende der Vorlesungs-Mitschrift.
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[1] Heute hast du der Erklärung des Herrn zugestimmt. Er hat dir erklärt: Er will dein Gott werden, und du sollst auf seinen Wegen gehen, auf seine Gesetze, Gebote und Rechtsvorschriften achten und auf seine Stimme hören. Und der Herr hat heute deiner Erklärung zugestimmt. Du hast ihm erklärt: Du möchtest das Volk werden, das ihm persönlich gehört, wie er es dir zugesagt hat. Du willst auf alle seine Gebote achten; er soll dich über alle Völker, die er geschaffen hat, erheben - zum Lob, zum Ruhm, zur Zierde -; und du möchtest ein Volk werden, das ihm, dem Herrn, deinem Gott, heilig ist, wie er es zugesagt hat.