Stichwort „Ökumene“ im Vatikanum II
„Die kath.
Kirche hat sich im Konzil bewusst dazu durchgerungen, ihre eigene Identität
nicht mehr primär in der definitiven Unterscheidung von anderen Glaubensweisen
und in der exklusiven Beanspruchung aller theologischen Kirchenprädikate für
sich zu suchen. Vielmehr hat sie sich auf den Weg gemacht, sich grundlegender
durch Beziehungen als durch Abgrenzungen zu definieren.“ (Kehl: die Kirche. S.
94.)
LG:
Art. 8 (Elementen-Theorie):
Diese Kirche, (die einzige Kirche Christi), in dieser Welt als
Gesellschaft verfasst und geordnet, ist verwirklicht in der katholischen
Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm
geleitet wird. Das schließt nicht aus, dass
außerhalb ihres Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit
zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische
Einheit hindrängen.
Art. 15:
Mit jenen, die durch die
Taufe der Ehre des Christennamens teilhaft sind, den vollen Glauben aber nicht
bekennen oder die Einheit der Gemeinschaft unter dem Nachfolger Petri nicht
wahren, weiß sich die Kirche aus mehrfachem Grunde verbunden. Viele nämlich halten die
Schrift als Glaubens- und Lebensnorm in Ehren, zeigen einen aufrichtigen
religiösen Eifer, glauben in Liebe an Gott, den allmächtigen Vater, und an
Christus, den Sohn Gottes und Erlöser, empfangen das Zeichen der Taufe, wodurch sie mit Christus verbunden werden; ja
sie anerkennen und empfangen auch andere Sakramente in ihren eigenen Kirchen
oder kirchlichen Gemeinschaften. Mehrere unter ihnen besitzen auch einen
Episkopat, feiern die heilige Eucharistie und pflegen die Verehrung der
jungfräulichen Gottesmutter. Dazu kommt die Gemeinschaft im Gebet und in
anderen geistlichen Gütern; ja sogar eine wahre Verbindung im Heiligen Geiste,
der in Gaben und Gnaden auch in ihnen mit seiner heiligenden Kraft wirksam ist
und manche von ihnen bis zur Vergießung des Blutes gestärkt hat. So erweckt der Geist in allen Jüngern
Christi Sehnsucht und Tat, dass alle in der von Christus angeordneten Weise in
der einen Herde unter dem einen Hirten in Frieden geeint werden mögen. Um
dies zu erlangen, betet, hofft und wirkt die Mutter Kirche unaufhörlich,
ermahnt sie ihre Söhne zur Läuterung und Erneuerung, damit das Zeichen Christi
auf dem Antlitz der Kirche klarer erstrahle.
Art. 13: (Ökumene + Theologie der Religionen)
Zu dieser katholischen Einheit
des Gottesvolkes, die den allumfassenden Frieden bezeichnet und fördert,
sind alle Menschen berufen. Auf verschiedene Weise gehören ihr zu oder sind ihr
zugeordnet die katholischen Gläubigen, die
anderen an Christus Glaubenden und schließlich alle Menschen überhaupt, die durch die Gnade Gottes zum Heile
berufen sind.
UR:
Art. 1:
Die Einheit aller Christen
wiederherstellen zu helfen ist eine der Hauptaufgaben des Heiligen Ökumenischen
Zweiten Vatikanischen Konzils. Denn Christus
der Herr hat eine einige und einzige Kirche gegründet, und doch erheben
mehrere christliche Gemeinschaften vor den Menschen den Anspruch, das wahre
Erbe Jesu Christi darzustellen; sie alle bekennen sich als Jünger des Herrn,
aber sie weichen in ihrem Denken voneinander ab und gehen verschiedene Wege,
als ob Christus selber geteilt wäre. Eine
solche Spaltung widerspricht aber ganz offenbar dem Willen Christi, sie ist ein
Ärgernis für die Welt und ein Schaden für die heilige Sache der Verkündigung
des Evangeliums vor allen Geschöpfen. Der Herr der Geschichte aber, der
seinen Gnadenplan mit uns Sündern in Weisheit und Langmut verfolgt, hat in
jüngster Zeit begonnen, über die gespaltene Christenheit ernste Reue und
Sehnsucht nach Einheit reichlicher auszugießen. Von dieser Gnade sind heute
überall sehr viele Menschen ergriffen, und auch unter unsern getrennten Brüdern
ist unter der Einwirkung der Gnade des Heiligen Geistes eine sich von Tag zu Tag
ausbreitende Bewegung zur Wiederherstellung der Einheit aller Christen
entstanden. Diese Einheitsbewegung, die man als ökumenische Bewegung bezeichnet, wird von Menschen getragen, die
den dreieinigen Gott anrufen und Jesus als Herrn und Erlöser bekennen, und zwar
nicht nur einzeln für sich, sondern auch in ihren Gemeinschaften, in denen sie
die frohe Botschaft vernommen haben und die sie ihre Kirche und Gottes Kirche
nennen. Fast alle streben, wenn auch auf
verschiedene Weise, zu einer einen, sichtbaren Kirche Gottes hin, die in
Wahrheit allumfassend und zur ganzen Welt gesandt ist, damit sich die Welt zum
Evangelium bekehre und so ihr Heil finde zur Ehre Gottes. Dies alles erwägt
die Heilige Synode freudigen Herzens und, nachdem sie die Lehre von der Kirche
dargestellt hat, möchte sie, bewegt von dem Wunsch nach der Wiederherstellung
der Einheit unter allen Jüngern Christi, allen Katholiken die Mittel und Wege
nennen und die Weise aufzeigen, wie sie selber diesem göttlichen Ruf und dieser
Gnade Gottes entsprechen können.
Art. 3:
In dieser einen und einzigen Kirche Gottes sind schon von den ersten
Zeiten an Spaltungen entstanden, die der Apostel aufs schwerste tadelt und
verurteilt; in den späteren Jahrhunderten aber sind ausgedehntere Verfeindungen
entstanden, und es kam zur Trennung recht großer Gemeinschaften von der vollen
Gemeinschaft der katholischen Kirche, oft nicht ohne Schuld der Menschen auf
beiden Seiten. Den Menschen jedoch, die jetzt in solchen Gemeinschaften geboren
sind und in ihnen den Glauben an Christus erlangen, darf die Schuld der
Trennung nicht zur Last gelegt werden – die
katholische Kirche betrachtet sie als Brüder, in Verehrung und Liebe. Denn wer
an Christus glaubt und in der rechten Weise die Taufe empfangen hat, steht
dadurch in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der
katholischen Kirche. Da es zwischen ihnen und der katholischen Kirche
sowohl in der Lehre und bisweilen auch in der Disziplin wie auch bezüglich der
Struktur der Kirche Diskrepanzen verschiedener Art gibt, so stehen sicherlich
nicht wenige Hindernisse der vollen kirchlichen Gemeinschaft entgegen,
bisweilen recht schwerwiegende, um deren Überwindung die ökumenische Bewegung
bemüht ist. Nichtsdestoweniger sind sie durch
den Glauben in der Taufe gerechtfertigt und Christus eingegliedert, darum
gebührt ihnen der Ehrenname des Christen, und mit Recht werden sie von den
Söhnen der katholischen Kirche als Brüder im Herrn anerkannt. Hinzu kommt, dass
einige, ja sogar viele und bedeutende Elemente
oder Güter, aus denen insgesamt die Kirche erbaut wird und ihr Leben gewinnt,
auch außerhalb der sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche existieren können:
das geschriebene Wort Gottes, das Leben der Gnade, Glaube, Hoffnung und Liebe
und andere innere Gaben des Heiligen Geistes und sichtbare Elemente: all
dieses, das von Christus ausgeht und zu ihm hinführt, gehört rechtens zu der
einzigen Kirche Christi. Auch zahlreiche liturgische Handlungen der
christlichen Religion werden bei den von uns getrennten Brüdern vollzogen, die
auf verschiedene Weise je nach der verschiedenen Verfasstheit einer jeden
Kirche und Gemeinschaft ohne Zweifel tatsächlich das Leben der Gnade zeugen
können und als geeignete Mittel für den Zutritt zur Gemeinschaft des Heiles
angesehen werden müssen. Ebenso sind
diese getrennten Kirchen und Gemeinschaften trotz der Mängel, die ihnen nach
unserem Glauben anhaften, nicht ohne Bedeutung und Gewicht im Geheimnis des
Heiles. Denn der Geist Christi hat sich gewürdigt, sie als Mittel des Heiles zu
gebrauchen, deren Wirksamkeit sich von der der katholischen Kirche anvertrauten
Fülle der Gnade und Wahrheit herleitet. Dennoch erfreuen sich die von uns
getrennten Brüder, sowohl als einzelne wie auch als Gemeinschaften und Kirchen
betrachtet, nicht jener Einheit, die Jesus Christus all denen schenken wollte,
die er zu einem Leibe und zur Neuheit des Lebens wiedergeboren und lebendig
gemacht hat, jener Einheit, die die Heilige Schrift und die verehrungswürdige
Tradition der Kirche bekennt. Denn nur durch
die katholische Kirche Christi, die das allgemeine Hilfsmittel des Heiles ist,
kann man Zutritt zu der ganzen Fülle der Heilsmittel haben. Denn einzig dem
Apostelkollegium, an dessen Spitze Petrus steht, hat der Herr, so glauben wir,
alle Güter des Neuen Bundes anvertraut, um den einen Leib Christi auf Erden zu
konstituieren, welchem alle völlig eingegliedert werden müssen, die schon auf
irgendeine Weise zum Volke Gottes gehören. Dieses Volk Gottes bleibt zwar
während seiner irdischen Pilgerschaft in seinen Gliedern der Sünde ausgesetzt,
aber es wächst in Christus und wird von Gott nach seinem geheimnisvollen
Ratschluss sanft geleitet, bis es zur ganzen Fülle der ewigen Herrlichkeit im
himmlischen Jerusalem freudig gelangt.
Art. 4:
Auf der anderen Seite ist es notwendig, dass die Katholiken die wahrhaft christlichen Güter aus dem gemeinsamen
Erbe mit Freude anerkennen und hochschätzen, die sich bei den von uns
getrennten Brüdern finden. Es ist billig und heilsam, die Reichtümer
Christi und das Wirken der Geisteskräfte im Leben der anderen anzuerkennen, die
für Christus Zeugnis geben, manchmal bis zur Hingabe des Lebens: Denn Gott ist
immer wunderbar und bewunderungswürdig in seinen Werken. Man darf auch nicht übergehen, dass alles, was von der Gnade des
Heiligen Geistes in den Herzen der getrennten Brüder gewirkt wird, auch zu
unserer eigenen Auferbauung beitragen kann. Denn was wahrhaft christlich
ist, steht niemals im Gegensatz zu den echten Gütern des Glaubens, sondern kann
immer dazu helfen, dass das Geheimnis Christi und der Kirche vollkommener
erfasst werde. Aber gerade die Spaltungen der Christen sind für die Kirche ein
Hindernis, dass sie die ihr eigene Fülle der Katholizität in jenen Söhnen
wirksam werden lässt, die ihr zwar durch
die Taufe zugehören, aber von ihrer völligen Gemeinschaft getrennt sind.
Ja, es wird dadurch auch für die Kirche selber schwieriger, die Fülle der
Katholizität unter jedem Aspekt in der Wirklichkeit des Lebens auszuprägen. Mit
Freude bemerkt das Heilige Konzil, dass die Teilnahme der katholischen
Gläubigen am ökumenischen Werk von Tag zu Tag wächst, und empfiehlt sie den
Bischöfen auf dem ganzen Erdkreis, dass sie von ihnen eifrig gefördert und mit
Klugheit geleitet werde.
Art. 22:
Der Mensch wird durch das
Sakrament der Taufe, wenn es gemäß der Einsetzung des Herrn recht gespendet und in der
gebührenden Geistesverfassung empfangen wird, in Wahrheit dem gekreuzigten und verherrlichten Christus eingegliedert
und wiedergeboren zur Teilhabe am göttlichen Leben nach jenem Wort des
Apostels: »Ihr seid in der Taufe mit ihm begraben, in ihm auch auferstanden
durch den Glauben an das Wirken Gottes, der ihn von den Toten auferweckt hat«
(Kol 2, 12). Die Taufe begründet also
ein sakramentales Band der Einheit zwischen allen, die durch sie wiedergeboren
sind. Dennoch ist die Taufe nur ein Anfang und Ausgangspunkt, da sie ihrem
ganzen Wesen nach hinzielt auf die Erlangung der Fülle des Lebens in Christus. Daher ist die Taufe hingeordnet auf das
vollständige Bekenntnis des Glaubens, auf die völlige Eingliederung in die
Heilsveranstaltung, wie Christus sie gewollt hat, schließlich auf die
vollständige Einfügung in die eucharistische Gemeinschaft. Obgleich bei den
von uns getrennten Kirchlichen Gemeinschaften die aus der Taufe hervorgehende
volle Einheit mit uns fehlt und obgleich sie nach unserem Glauben vor allem
wegen des Fehlens des Weihesakramentes die ursprüngliche und vollständige
Wirklichkeit (substantia) des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben,
bekennen sie doch bei der Gedächtnisfeier des Todes und der Auferstehung des
Herrn im Heiligen Abendmahl, dass hier die lebendige Gemeinschaft mit Christus
bezeichnet werde, und sie erwarten seine glorreiche Wiederkunft. Deshalb sind
die Lehre vom Abendmahl des Herrn, von den übrigen Sakramenten, von der
Liturgie und von den Dienstämtern der Kirche notwendig Gegenstand des Dialogs.
Zum Satz „extra ekklesiuam
nulla salus“ (Theologie der Religionen und Ökumenismus) „Es gibt auch über den
institutionell begrenzten Rahmen der Kirche hinaus objektive Heilswege. Sie
bleiben durchaus an Jesus Christus und seine Kirche gebunden, allerdings an
eine Kirche, die nicht einfachhin auf ihre institutionell-sakramentale Form zu
begrenzen ist, sondern von der Schöpfung an bis zur Vollendung des Reiches
Gottes stets auch eine universal-sakramentale Gestalt annimmt.“ Kehl S. 99.
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