Stichwort „Religion“ in den
Texten des Vatikanums II:
GS:
Art. 7: (Weltverhältnisse beeinflussen die Religion)
Die neuen Verhältnisse üben schließlich auch auf das religiöse Leben
ihren Einfluss aus. Einerseits läutert der
geschärfte kritische Sinn das religiöse Leben von einem magischen
Weltverständnis und von noch vorhandenen abergläubischen Elementen und fordert
mehr und mehr eine ausdrücklicher personal vollzogene Glaubensentscheidung, so
dass nicht wenige zu einer lebendigeren Gotteserfahrung kommen. Andererseits
geben breite Volksmassen das religiöse Leben praktisch auf.
Art. 19: (Situation der Religion in der heutigen Welt)
Ein besonderer Wesenszug der
Würde des Menschen liegt in seiner Berufung zur Gemeinschaft mit Gott. Zum
Dialog mit Gott ist der Mensch schon von seinem Ursprung her aufgerufen: er
existiert nämlich nur, weil er, von Gott aus Liebe geschaffen, immer aus Liebe
erhalten wird; und er lebt nicht voll
gemäß der Wahrheit, wenn er diese Liebe nicht frei anerkennt und sich seinem
Schöpfer anheimgibt.
Art. 22: (Heilsuniversalismus, Christo-Zentrismus, Inklusivismus)
Tatsächlich klärt sich nur
im Geheimnis des fleischgewordenen Wortes das Geheimnis des Menschen wahrhaft
auf. (...) Denn er, der Sohn Gottes, hat sich in seiner Menschwerdung
gewissermaßen mit jedem Menschen vereinigt. (...) Das gilt nicht nur für die
Christgläubigen, sondern für alle
Menschen guten Willens, in deren Herzen die Gnade unsichtbar wirkt. Da
nämlich Christus für alle gestorben ist und da es in Wahrheit nur eine letzte
Berufung des Menschen gibt, die göttliche, müssen wir festhalten, dass der
Heilige Geist allen die Möglichkeit anbietet, diesem österlichen Geheimnis in einer Gott bekannten Weise verbunden zu sein.
Solcher Art und so groß ist das Geheimnis des Menschen, das durch die
christliche Offenbarung den Glaubenden aufleuchtet. Durch Christus und in Christus also wird das Rätsel von Schmerz und Tod
hell, das außerhalb seines Evangeliums uns überwältigt. Christus ist
auferstanden, hat durch seinen Tod den Tod vernichtet und uns das Leben
geschenkt, auf dass wir, Söhne im Sohn, im Geist rufen: Abba, Vater!
LG:
Art. 14: (Höhepunkt der Offenbarung ist in Christus, Kirche weist auf
Christus hin)
Den katholischen Gläubigen
wendet die Heilige Synode besonders ihre Aufmerksamkeit zu. Gestützt auf die
Heilige Schrift und die Tradition, lehrt sie, dass diese pilgernde Kirche zum Heile notwendig sei. Christus allein
ist Mittler und Weg zum Heil, der in seinem Leib, der Kirche, uns
gegenwärtig wird; indem er aber selbst mit ausdrücklichen Worten die
Notwendigkeit des Glaubens und der Taufe betont hat (vgl. Mk 16, 16; Joh 3, 5),
hat er zugleich die Notwendigkeit der
Kirche, in die die Menschen durch die Taufe wie durch eine Türe eintreten,
bekräftigt. Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die
katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete
Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht
ausharren wollten. Jene werden der
Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert, die, im Besitze des Geistes
Christi, ihre ganze Ordnung und alle in ihr eingerichteten Heilsmittel annehmen
und in ihrem sichtbaren Verband mit Christus, der sie durch den Papst und die
Bischöfe leitet, verbunden sind, und dies durch die Bande des
Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung und
Gemeinschaft. Nicht gerettet wird aber, wer, obwohl der Kirche
eingegliedert, in der Liebe nicht verharrt und im Schoße der Kirche zwar »dem
Leibe«, aber nicht »dem Herzen« nach verbleibt. Alle Söhne der Kirche sollen
aber dessen eingedenk sein, dass ihre ausgezeichnete Stellung nicht den eigenen
Verdiensten, sondern der besonderen Gnade Christi zuzuschreiben ist; wenn sie
ihr im Denken, Reden und Handeln nicht entsprechen, wird ihnen statt Heil
strengeres Gericht zuteil.
Art. 16: (Teilhabe aller an der Kirche in konzentrischen Kreisen)
Diejenigen endlich, die das Evangelium noch nicht empfangen haben, sind
auf das Gottesvolk auf verschiedene Weise hingeordnet. In erster Linie jenes Volk, dem der Bund und die Verheißungen gegeben
worden sind und aus dem Christus dem Fleische nach geboren ist (vgl. Röm 9,
4–5), dieses seiner Erwählung nach um der Väter willen so teure Volk: die Gaben
und Berufung Gottes nämlich sind ohne Reue (vgl. Röm 11, 28–29). Der Heilswille
umfasst aber auch die, welche den Schöpfer anerkennen, unter ihnen besonders
die Muslim, die sich zum Glauben Abrahams bekennen und mit uns den einen Gott
anbeten, den barmherzigen, der die Menschen am Jüngsten Tag richten wird. Aber
auch den anderen, die in Schatten und Bildern den unbekannten Gott suchen, auch
solchen ist Gott nicht ferne, da er allen Leben und Atem und alles gibt (vgl.
Apg 17, 25–28) und als Erlöser will,
dass alle Menschen gerettet werden (vgl. 1 Tim 2, 4).Wer nämlich das Evangelium
Christi und seine Kirche ohne Schuld nicht kennt, Gott aber aus ehrlichem
Herzen sucht, seinen im AArtuf des Gewissens erkannten Willen unter dem
Einfluss der Gnade in der Tat zu erfüllen trachtet, kann das ewige Heil
erlangen. Die göttliche Vorsehung verweigert auch denen das zum Heil
Notwendige nicht, die ohne Schuld noch nicht zur ausdrücklichen Anerkennung
Gottes gekommen sind, jedoch, nicht ohne die göttliche Gnade, ein rechtes Leben
zu führen sich bemühen. Was sich nämlich an Gutem und Wahrem bei ihnen findet,
wird von der Kirche als Vorbereitung für die Frohbotschaft und als Gabe dessen
geschätzt, der jeden Menschen erleuchtet, damit er schließlich das Leben habe.
Vom Bösen getäuscht, wurden freilich die Menschen oft eitel in ihren Gedanken,
vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge und dienten der Schöpfung mehr
als dem Schöpfer (vgl. Röm 1, 21.25) oder sind, ohne Gott in dieser Welt lebend
und sterbend, der äußersten Verzweiflung ausgesetzt. Daher ist die Kirche
eifrig bestrebt, zur Ehre Gottes und zum Nutzen des Heils all dieser Menschen
die Missionen zu fördern, eingedenk des Befehls des Herrn, der gesagt hat:
»Predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung« (Mk 16, 16).
DH:
Art. 3: (Religionen haben Wahrheit, argumentativer Dialog)
Gott macht den Menschen
seines Gesetzes teilhaftig, so dass der Mensch unter der sanften Führung der
göttlichen Vorsehung die unveränderliche Wahrheit mehr und mehr zu erkennen
vermag. Deshalb hat ein jeder die Pflicht und also auch das Recht, die Wahrheit im Bereich der Religion zu
suchen, um sich in Klugheit unter Anwendung geeigneter Mittel und Wege rechte
und wahre Gewissensurteile zu bilden. Die Wahrheit muss aber auf eine Weise
gesucht werden, die der Würde der menschlichen Person und ihrer Sozialnatur
eigen ist, d. h. auf dem Wege der freien Forschung, mit Hilfe des Lehramtes
oder der Unterweisung, des
Gedankenaustauschs und des Dialogs, wodurch die Menschen einander die Wahrheit,
die sie gefunden haben oder gefunden zu haben glauben, mitteilen, damit sie
sich bei der Erforschung der Wahrheit gegenseitig zu Hilfe kommen; an der
einmal erkannten Wahrheit jedoch muss man mit personaler Zustimmung festhalten.
AG:
Art. 3: (missionarische Kirche)
Was aber vom Herrn ein für
allemal verkündet oder in ihm für das Heil des Menschengeschlechts getan worden
ist, muss ausgerufen und ausgesät werden
bis ans Ende der Erde, beginnend von Jerusalem aus. So soll, was einmal für
alle zum Heil vollzogen worden ist, in allen im Ablauf der Zeiten seine Wirkung
erlangen.
Art. 7: (Einheit der Menschen in Christus)
Endlich gehört diese
missionarische Tätigkeit zur vollen Verherrlichung Gottes, indem die Menschen
sein Heilswerk, das er in Christus vollzogen hat, bewusst und in seiner
Ganzheit annehmen. So wird durch sie der Plan Gottes erfüllt, dem Christus
gehorsam und liebend gedient hat zur Herrlichkeit des Vaters, der ihn dazu
gesandt hat, dass das ganze
Menschengeschlecht ein Volk Gottes bilde, in den einen Leib Christi
zusammenwachse und zu dem einen Tempel des Heiligen Geistes aufgebaut werde.
Art. 34: (dialogische Mission)
Eine sach- und
ordnungsgemäße Ausübung der missionarischen Tätigkeit verlangt eine
wissenschaftliche Vorbereitung der Missionare auf ihre Aufgaben, vor allem auf
den Dialog mit den nichtchristlichen
Religionen und Kulturen.
NA:
Art. 1: (Verhältnis von Christen und Nichtchristen)
In unserer Zeit, da sich das
Menschengeschlecht von Tag zu Tag enger zusammenschließt und die Beziehungen
unter den verschiedenen Völkern sich mehren, erwägt die Kirche mit um so größerer Aufmerksamkeit, in welchem Verhältnis sie zu
den nichtchristlichen Religionen steht. Gemäß ihrer
Aufgabe, Einheit und Liebe unter den Menschen und damit auch unter den Völkern
zu fördern, fasst sie vor allem das ins Auge, was den Menschen gemeinsam ist
und sie zur Gemeinschaft untereinander führt. Alle Völker sind ja eine einzige Gemeinschaft, sie haben denselben
Ursprung, da Gott das ganze Menschengeschlecht auf dem gesamten Erdkreis wohnen
ließ; auch haben sie Gott als ein und dasselbe letzte Ziel. Seine
Vorsehung, die Bezeugung seiner Güte und seine Heilsratschlüsse erstrecken sich
auf alle Menschen, bis die Erwählten vereint sein werden in der Heiligen Stadt,
deren Licht die Herrlichkeit Gottes sein wird; werden doch alle Völker in
seinem Lichte wandeln. Die Menschen
erwarten von den verschiedenen Religionen Antwort auf die ungelösten Rätsel des
menschlichen Daseins, die heute wie von je die Herzen der Menschen im
tiefsten bewegen: Was ist der Mensch? Was ist Sinn und Ziel unseres Lebens? Was
ist das Gute, was die Sünde? Woher kommt das Leid, und welchen Sinn hat es? Was
ist der Weg zum wahren Glück? Was ist der Tod, das Gericht und die Vergeltung
nach dem Tode? Und schließlich: Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis
unserer Existenz, aus dem wir kommen und wohin wir gehen?
Art. 2:
So sind auch die übrigen in der ganzen Welt verbreiteten
Religionen bemüht, der UArtuhe des menschlichen Herzens auf verschiedene
Weise zu begegnen, indem sie Wege weisen: Lehren und Lebensregeln sowie auch
heilige Riten. Die katholische Kirche
lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit
aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene
Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber
für wahr hält und lehrt, doch nicht
selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen
erleuchtet. Unablässig aber verkündet
sie und muss sie verkündigen Christus, der ist »der Weg, die Wahrheit und das
Leben« (Joh 14, 6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden,
in dem Gott alles mit sich versöhnt hat. Deshalb mahnt sie ihre Söhne, dass sie
mit Klugheit und Liebe, durch Gespräch
und Zusammenarbeit mit den Bekennern anderer Religionen sowie durch ihr
Zeugnis des christlichen Glaubens und Lebens jene geistlichen und sittlichen
Güter und auch die sozial-kulturellen Werte, die sich bei ihnen finden,
anerkennen, wahren und fördern.
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