„Krisen und Versöhnung in der Ehe“
Abkürzungen:
MT = Moraltheologie
GS = Gaudium et Spes,
Konzilsdekret des Vaticanum II: die pastorale Konstitution über die
Kirche in der Welt von heute (1965)
FC = Familiaris
Consortio, Apostolisches Schreiben von PP. Johannes Paul II. über die
Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute (1981)
DBK = Deutsche Bischofskonferenz
Krisen und Versöhnung in der
Ehe
Brüchigkeit der
Liebesbeziehung ein brisantes und aktuelles Thema
MT =
Lebensbewältigungslehre
Zahlen: 1997: 187802
Scheidungen (+7% gegenüber 1996) in Deutschland
davon
sind 163000 Kinder betroffen
Alleinerziehende
in der EU: 7 Millionen = 14% der Familien
davon
1,6 Millionen in Deutschland
-einigermaßen
funktionierende Beziehung der Eltern vermindern Sexualprobleme bei den Kindern
-Brüchigkeit der
Liebesbeziehung ist ein Kennzeichen der modernen Welt
-->Frage: Wie
gelint das Zusammenleben von Mann und Frau?
Methodik der Vorlesung
Wie sind Ehekrisen zu
verstehen und bestehen?
Frage nach dem Beitrag
der MT
Krise =
Zustimmungskrise vom Ehepartner zur Ehe von beiden
-> eine Ethik der
Kirsenbewältigung gesucht!
die Ehe ist als
Sakrament und als Berufung aus dem Aspekt des Glaubens heraus zu sehen!
Klaus Demmer: Die Ehe
ist der normale Lebensstand. Eine konsiliatorische (beratende) Ethik ist
notwendig; Probleme des Alltags müssen dabei berücksichtigt werden.
man sieht gelungene
und gescheiterte Ehen
Problem: man soll die
Ehe in der Krise in den Blickpunkt nehmen; dieses Thema wird allgemein
tabuisiert aus Angst, Schuldgefühlen, Angst vor Forderungen
Paartherapeuten
stellen die Frage, ob eine Scheidung nicht oft überflüssig ist
Jörg Willi: vielen
Menschen fehlt es an Vertrauen auf Besserungsfähigkeit
-> welche Haltungen
(Tugenden) sind hilfreich?
-> welche Hilfen
sind erforderlich, um Treue zu verwirklichen?
-> wie ist
Versöhnung möglich?
Die Methodik der
Vorlesung ist eine doppelte: psychologisch-anthropologisch und theologisch-ethisch;
beide Methoden ergänzen einander (et...et)
Psychologiebedürftigkeit
der Theologie + Theologiebedürftigkeit der Psychologie
Prophylaktische
Absicht der Krisenethik
Die Krisenethik hat
Präventivcharakter: die Wahrnehmung leichterer Krisen kann zu ihrer Vermeidung
führen; die Bewältigung von Krisen führt zur Immunisierung gegenüber den
Krisen
Können Unverheiratete
(Priester/Ordensleute) sich mit Ehe beschäftigen?
Jörg Willi: es gibt
psychotherapeutische Abwege, weil kaum Paartherapie gemacht wird.
Nicht nur
unverheiratete Theologen gefragt, sondern auch verheiratete!
Grundregel: -große
Behutsamkeit und Offenheit notwendig
-sehr
zurückhaltend mit Urteilen, besonders mit Vereinfachungen und
Verallgemeinerungen (damit wird man dem Menschen nicht
gerecht)
-Bereitschaft
zu einem langen Lernprozess
-Bereitschaft,
lange zuzuhören und hinzusehen
1. Quelle: -Erfahrung
des seelsorgerlichen Gesprächs
-Ehe
der eigenen Eltern
-Ehe
der Geschwister, Verwandten
-
Jugendliche, die über die Ehe ihrer Eltern reden (Schulunterricht)
-Beratungsgespräch
-eigener
Umgang mit der Geschlechtlichkeit und mit dem anderen Geschlecht
Klaus
Demmer: Theologie = bedachte Lebensgeschichte
-positive
Einstellung zur Geschlechtlichkeit, zum anderen und zum eigenen
Geschlecht
zu hüten:
rigoristische und laxe Urteile
Müller: vorsichtiges
Ja zur Frage gemäß den hier genannten Grundregeln.
Können Verheiratete
dazu Stellung nehmen?
Gegenseitiges
Hingewiesensein von Zölibatäten und Eheleuten:
Zölibatäre können von
Verheirateten lernen, wie die Liebe am direkten Nächsten Gestalt annimmt.
Verheiratete können
von Zölibatären lernen, dass der letzte Halt in dieser Welt nicht in einem
Menschen zu finden ist.
A: ZUR BEDEUTUNG VON EHE UND
PARTNERSCHAFT FÜR DEN EINZELNEN UND DIE GESELLSCHAFT
These: Die Beziehung zwischen Mann und Frau,
Partnerschaft und Ehe, ist eine der wichtigsten zwischenmenschlichen
Beziehungen, die es überhaupt gibt - vielleicht darf man sogar sagen, es ist die
wichtigste Beziehung von allen zwischenmenschlichen Relationen.
denn jeder Mensch geht
aus der Beziehung einer Frau und eines Mannes hervor; dies ist prägend für das
gesamte Leben; niemand kann sich die Herkunft/ seine Elten aussuchen
die Identität des
Kindes ist mitgestaltet durch die elterliche Beziehung; diese ist wesentliche
Komponente für das Leben des Menschen
Das Kind ist geprägt
durch die Erwartungen, die an es gestellt werden
unbewusste Erwartungen
der Eltern ergeben sich aus ungelösten Konflikten der Eltern; Eltern suchen
eine Lösung des Konflikts durch das Kind
das
Kind wird zum „Ersatzgatten“ eines Elternteils
das
Kind wird von der Erwartung her ein Elternsubstitut
das
Kind wird zum Bundesgenossen bei Elternstreitigkeiten
Nietsche: „Die
unaufgelösten Dissonanzen im Verhältnis von Charakter und Gesinnung der Eltern
klingen in das Wesen des Kindes fort und machen seine innere Leidensgeschichte
aus.“
Einfluss der Scheidung
auf die Kinder
-unmittelbare Folgen
bei den Kindern:
-ein
gewisses Maß an Trauer
-ein
gewisses Maß an Wut
-Unsicherheit
-Schuldgefühl
-langfristige Folgen:
-Verlassenheitsgefühle
-Reduktion
der Beziehung zum Vater
-Ehe-
und Beziehungsverhalten: defizitäre Bindungsfähigkeit (Hauptmangel: Fehlen
eines dauernden Vorbildes)
-sexuelle
Störungen (dies sind nicht sexuelle Probleme - die sind normal)
-erschwert
andere Lebensbereiche
-haben
Symptomcharakter für eine mengelnde Beziehung
-übertriebenes
Verantwortungsgefühl
ältestes
Geschwisterkind wird herangezogen ->Überforderung: muss kleinere erziehen,
muss Partnerersatz bilden
-übersteigerte
Angst, verlassen zu werden bzw. dass Beziehungen prinzipiell gefährdet
sind
diese
Angst ist eine Konfliktangst -> Anpassungsverhalten aus Angst, verlassen zu
werden
-Überforderung
des Partners: Partner soll alle Erwartungen erfüllen
Das Erleben des
Scheiterns der Eltern kann zu diesen Folgen führen, kann aber ebenso davor
immunisieren.
Die
Beziehungsfähigkeit ist ein stetiger Lernprozess. Der Mensch ist ein
Beziehungswesen, er hängt von seinen Beziehungen ab und ist besonders von
zwischengeschlechtlicher Beziehung (Ehe) geprägt.
Die Beziehungsbildung
muss erlernt werden; sie gehört zur sozialen Kompetenz.
Zulehner: Ehe und
Familie sind der Ort des Lernens der sozialen Kompetenz. Wenn das nicht mehr
gegeben ist, gehen wir einer unmenschlichen Gesellschaft entgegen.
Müller: Wesen des
Menschen ist es, Familienwesen zu sein
Verkürzung
des Familienverständnisses bei der aktuellen Bundesregierung: Familie ist
dort, wo Kinder sind
Familie
auch dort, wo Eltern sind!
->
z.B. Einsatz der Kinder für ihre altgewordenen Eltern
die
Ehe setzt ein wichtiges Vorzeichen vor die Familie
FC 86: Die Zukunft der
Menschheit geht über die Familie
Müller: Die Familie
hängt wesentlich von der Ehe ab.
B: DIE GESELLSCHAFTLICHE
VERFASSTHEIT DER EHE HEUTE
Literatur:
-Heribert Engstler,
Die Familie im Spiegel der amtlichen Statistik, Bonn 19995
-Rudolf Hettlage,
Familienreport. 19982.
-Franz-Xaver Kaufmann,
Zukunft der Familie. München 1995.
-Ulrich Beck, E.
Beck-Gernsheim, Das ganz normale Chaos der Liebe, Frankfurt 1990.
-Dies., Was kommt nach
der Familie?, München 1998.
-H.G. Gruber,
Christliche Ehe in moderner Gesellschaft, Freiburg 19952.
-St. E. Müller,
Krisenethik der Ehe, Würzburg 1997.
-DBK, Ehe und Familie
in guter Gesellschaft, Bonn 1999.
F-X. Kaufmann
(Soziologe)1969: „Die dauerhafte Monogamie wird nicht in Zweifel gezogen.“
1979:
„Ehe und Familie sind in Frage gestellt.“
Änderungen:
Sexualmoral, Eheverständnis, Erziehungsmethoden
I. Die Ehe
in den 50er und 60er Jahren
Leitbild der
Gattenfamilie
beruht
auf gegenseitige Zuwendung der Ehepartner
beruht
auf gemeinsame Wohnung und Hausgemeinschaft
Stabilisierungsfaktoren:
-Ehe und Familie als
legitimatorisch gut gerüstete Institution
Gesolltheit und
allgemeine Plausibilität der Ehe; nur Ehe als gültige Lebensform der
Geschlechterbeziehung, nur Familie als gültige Form der Kindererziehung
angesehen.
-Ehe und Familie
hatten eine (relativ) unangefochtene exklusive Monopolstellung
Abweichungen waren
eindeutig negativ besetzt; die gesamte Bevölkerung war auf die Ehe hingeordnet;
ein Unverheirateter wurde oft diskriminiert
-hohe motivationale
Fundierung der Institution Ehe und Familie
es war jeder auf die
Ehe hin ausgerichtet
-vorherrschende Ehe-
und Sexualmoral
durch soziale
Kontrolle gewährleistet
-elementare
Selbstverständlichkeiten
Zusammenhang von
Liebe, Ehe, Zusammenwohnen, Sexualität, Elternschaft
diese fünf Punkte
gehören zusammen und sind Stützen für die Ehe
II. Die Ehe
in der Gegenwartsgesellschaft
1. Die Ehe in der Forschung
Die Situation der Ehe
ist in der Forschung umstritten; es gibt verschiedene Aussagen, die sich alle
auf empirische Daten berufen, so auch im Wirtschaftsjournalismus: Spiegel /
Fokus
Spiegel (43/1996):
-miserabler Zustand
der Ehe (Wozu die Quälerei? Beziehung ja, Ehe lieber nicht!)
Tendenz zur Ehe light:
-living a part
together als ideale Situation dargestellt
-Basteln der eigenen
Lebensform für den, der reich und gebildet ist
-Ehe = Standardmodell;
wer begnügt sich schon mit dem Standard?
(Altbundeskanzler
Helmut Schmidt: über 50 Jahre verheiratet: „Davon können sich die Genossen
Schröder und Lafontaine eine Scheibe abschneiden.“)
später: Gegenartikel
dazu im Fokus (46/1996)
Ehe. Neue Lust auf
lebenslänglich.
-viele wollen die Ehe,
sind aber nicht dazu fähig
Verweis auf
Bildungslücken, wie man Ehe erlernen kann (EPL)
Partnerschaftliches
Lernprogramm (von kirchlichen Beratungsstellen)
-> Hilfe für die
Ehe
Familienbericht
(1994): 80 % der 35-40jährigen in der Ehe
3%
in nichtehelicher Gemeinschaft
Ehen
in 2/3 der Fälle lebenslang anhaltend
Jörg Willi: Liebe
möchte den Partner ganz umfassen und zeitlich unbegrenzt dauern:
-Traudokumente:
Ausdruck einer reiflichen Überlegung in Form eines Versprechens
-Wunsch und Absicht
-Unaustauschbarkeit:
es geht mir um dich, nicht nur um das, was du mir geben kannst
(Modell des
Lebensabschnittspartners hat sich nicht durchgesetzt)
„Die Ehe ist der Liebe
selbst eigen.“
Die Ehe ins nicht
schlecht zu reden und zugleich nicht schön zu färben.
2. Vorhandene Änderungen in der Gesellschaft:
-Ehen erweisen sich
als weniger stabil
-Ehe hat Teil ihrer
Attraktivität und ihre Monopolstellung verloren
-Produktivität der Ehe
geht zurück
-Bedeutungswandel der
Ehe
3. Zum Bedeutungswandel der Ehe
Der ursprüngliche
Sinn- und Verweisungszusammenhang (Liebe, Ehe,..., Familienbindung) ist
gelockert; aus der Liebe folgt nicht mehr zwingend die Ehe, aus der Ehe nicht
das Zusammenwohnen.
Die einzelnen Themen
sind nun nicht zwangsweise miteinander verbunden bzw. werden neu miteinander
kombiniert.
heute:
Entkoppelung/Lockerung von Sexualität und Fortpflanzung
Liebe
und Ehe
Ehe
und Elternschaft
biologischer
und sozialer Elternschaft
-->Pluralisierung
privater Lebensformen
Die Form Ehepaar mit
Kind(ern) ist die dominante Lebensfamilienform
80% der Kinder (bis 18
Jahre) leben in der Familie mit beiden Elternteilen
das traditionelle
Leitbild ist weiterhin vorherrschend, doch die festen Regieanweisungen haben an
Festigkeit verloren. Aus der lebenslangen Bindung ist eine Bindung geworden,
die aufrecht erhalten wird
4. Individualisierung der Ehe
gestiegene
Schwierigkeit der Anforderungen an Mann und Frau
Konzept der
Individualisierung (dieses soziologische Konzept von Beck nicht ganz
unumstritten)
Herauslösung
aus sozialen Bindungen, Milieus,....
Ehe wird hier zugleich
wichtiger und schwieriger als früher
Verlust der
Selbstverständlichkeiten
->unmittelbar
nahe Personden erhalten größere Bedeutung
neue Form von
Identität
überhöhte
Erwartungen -> Überforderung
Die Instabilität der
Ehe ist mitbegründet durch die -höhere Bedeutung der Ehe
-größere
Schwierigkeit
(höhere
Erwartungen an die Ehepartner)
-->Regeln,
Leitbilder für die Ehe müssen gefunden werden: statt traditioneller Zuweisung
der Aufgaben hin zu individueller Zuteilung
->Konfliktpotentiale;
Abstimmungsprozesse notwendig
je
mehr äußere Vorgaben entfallen, wird die Kommunikation und Konfliktlösung
wichtiger: es gibt nicht einen Sieger und einen Verlierer - in einer
Nahbeziehung gibt es entweder zwei Sieger oder zwei Verlierer!
C: HINTERGRÜNDE UND
URSPRÜNGE DER GESTEIGERTEN KRISENANFÄLLIGKEIT DER EHE
I.
Soziologische Faktoren
-Bedeutung der
Erwerbsarbeit
Auswirkungen des
Berufs auf die Ehe- und Familiensituation
der
Ausbildung auf die Beziehungsfähigkeit
-Fernsehen und allgemein
suchtartiger Konsum elektrischer Medien
-Wertewandel
-Sozialleitbild, z.B.
der Jugendlichkeit (fragmentarisches Lebensbild)
-Veränderung in der
weiblichen Biographie, Wegfallen von Rollenbildern
-Auswirkungen der
religiösen Zeitsituation auf die Gestaltung der Partnerbeziehung
F-X. Kaufmann:
wachsende religiöse Indifferenz
Religion
hat keine gesellschaftliche Relevanz mehr
-Entkirchlichung
-Entchristlichung
-Religionsverlust
-Indifferenz
gegenüber jeder religiösen Befindlichkeit
Berger: heute ist
Transzendenz für die Mehrheit der Menschen in die Ferne gerückt
Müller: der Glaube
vieler Menschen ist labilisiert; ebenso die Kirchenbindung
die Bereitschaft, der
Kirche Kompetenz in Ehefragen zuzugestehen, hängt von der Zugehörigkeit zur
Kirche ab; dabei Differenz zwischen kirchlichen Aussagen und ihre Rezeption
durch die Gläubigen
Es besteht eine
direkte Abhängigkeit zwischen Kirchenbindung und sittlichen Werten,
z.B. Akzeptanz der
Ablehnung der Ehebruchs: kirchennah: 90%, kirchenfern: 57%, konfessionslos 34%
der Trend, die Ehe nur
als Zeitvertrag zu sehen, wird von Kirchennahen stark abgelehnt
Die Reduktion der
Bedeutung der Kirche und von Religion allgemein fördert die hedonistischen und
individualistischen Tendenzen; sie fördert die Einstellung: „was macht die
Gesellschaft für mich?“
Gebet hat
individualitätsmindernde und solidaritätsfördernde Kraft (dies ein Faktum)
->Müller: „Im
Umkreis kirchengeschützter Identität ist es leichter, die Ehe zu leben.“
USA: Paare, die
täglich miteinander beten, kommen nur im 1150. Fall zur Scheidung
Religion und
Kirchennähe ein die Ehe stärkendes Element
->religiöse Scham
muss aufgegeben werden hin zum gegenseitigem Vertrauen
Zulehner: 3% der
Männer, 6% der Frauen halten eine religiös gemeinsame Grundüberzeugung für die
gemeinsame Ehe für notwendig
Uranliegen des
Menschen ist das religiöse Streben; das Streben nach einem transzendierenden
absoluten Halt
wo dies fehlt,
versucht man es zu ersetzen; es entsteht der Prozess der Ersatzsuche ohne Halt
die
zwischengeschlechtliche Liebe kann zur Ersatzreligion führen
Beck spricht von einer
postchristlichen irdischen Religion der Liebe; es entsteht ein
Liebeserlösungsglauben; man glaubt, dass Liebe an anderen Menschen zur Erlösung
führt
erhöhte
Scheidungszahlen sind die Folge von diesem Liebeserlösungsglauben; diese neue
irdische Religion postuliert: Liebe = Erlösung; falls ein Du diese Erlösung
nicht bringen kann, muss sie ein anderes Du vollbringen
Beck: es fehlt das
Erbarmen des Jenseits
Fazit: „Liebe zwischen
Mann und Frau ist nicht die Erlösung, sondern bedarf der Erlösung.“
Tiefenpsychologie:
religiöse Thematik kann in Ehekrisen neu belebt werden
Nietzsche: „Um
Mitternacht schleicht der Mensch an das Grab seines Gottes; dort, wo ihn
niemand sieht, vergießt er seine Tränen, denn seine Seele weiß, was sie
verlor.“
->religiöser Mangel
kann zu Ehemangel führen
C.G. Jung: für die ab
der Lebensmitte (ca. 35) ist die religiöse Einstellung fundamental
ab
diesem Zeitpunkt wird sich der Mensch seiner Endlichkeit bewusst
II.
Psychologische Faktoren - Einsichten der Ehepsychologie
hier: Ehepsychologie
(Ehetherapie u.a.), insbesondere Konzepte aus Paarbegleitung
jede Beziehung
zwischen Mann und Frau ist einmalig (beruht auf der Einmaligkeit der Person);
Modelle der Paarbeziehung sind hilfreich, aber nicht für jede Situation
verallgemeinerbar
1. Eigengesetzlichkeit der Entwicklung einer Paarbeziehung
(altersunabhängig)
Kriterium: Bindung -
Autonomie
Paare tendieren zu
beiden Polen
Ichverlust
_________________________________________________________Duverlust
Bindung
Autonomie
(Hingabe,
Nähe, (Selbstbehauptung, Distanz,
Nachgeben) Sich abgrenzen)
Symbol:
„Wurzel“ „Flügel“
Überbetonung
der Bindung Überbetonung der Autonomie
-->Ichverlust,
Selbstaufgabe -->Duverlust
(Hingabe
ist nicht Selbstaufgabe)
Frage: Wie kann aus
dem Ich und dem Du ein Wir werden, indem Ich und Du Platz haben?
Hörigkeit in der
Beziehung oft unbewusst vorhanden; hörige Geschlechterbeziehung krankhaft,
bedarf größerer Autonomie
Paarbeziehung anfangs
oft wie Eltern-Kind-Beziehung; später entwickelt sich ein erwachsenerer Umgang
miteinander
a) Phase der Verschmelzung (Verliebtheit)
vergleichbar mit der
Symbiose vor der Geburt
nach
der Geburt: psychsiche Symbiose: Kind in Einheit
Phase der
Verliebtheit: Verwendung von Kosenamen, die den anderen verkleinern
Kind-Eltern-Erwartungen
vorhanden
Mann
soll wie ein guter Vater sein
Frau
soll wie eine gute Mutter sein
hier: Verschiedenheit,
Ich gehen zurück
Idealisierung,
Einheit
b) Phase der Widerstands gegen die Verschmelzung
entspricht der
Trotzphase (etwa 3jähriges Kind)
Erprobung der eigenen
Kräfte, des sich Behauptens
die Partner erleben
sich als hinderlich
Frau
als fordernde lästige Mutter empfunden
Mann
als fordernder Übervater empfunden
c) Phase der Distanzierung und Differenzierung
Schritt in echte
Selbstverantwortung
beide Partner
übernehmen hier Verantwortung für die eigenen Defizite
Entdecken eigener
Interessen
bei gutem Verlauf der
3. Phase kommt man zur
d) Phase der Wiederannäherung
neu gewonnene
Autonomie - Autonomie integrativer Bestandteil der Beziehung
e) Phase der Wereinigung auf einer reiferen Stufe
Die Liebesbeziehung
ändert sich:
Ich
liebe Dich, weil ich Dich brauche --> Ich brauche Dich, weil ich Dich liebe
Ziel: ein Wir, indem
Ich und Du Platz haben
Krisen ergeben sich
aus zwei Gründen: -Übergänge (2-4) (diese Phasen wiederholen sich)
-Steckenbleiben
in einer Phase (beide oder nur ein
Partner)
d.h.
die beiden Partner verhalten sich wie Mutter-
Kind, statt wie Mann und Frau (ständiges
Kämpfen um den Vorrang)
Ehe und Partnerschaft
geraten in Krise, wenn von ihr etwas erwartet wird, das sie überfordert.
Die Ehe ist keine
therapeutische Anstalt, kein Elternersatz zur Lösung von Schwierigkeiten zu
Hause,aus dem Elternhaus
2. Jahreszeiten der Ehe - Lebenszyklus der Familie
a) Die Phase des
jungen Paares
b) Die Phase des
Elternpaares
c) Die Phase des
mittleren Alters
d) Die Phase des alten
Paares
zu a) Die Phase des
jungen Paares
Verliebtheit -->
hoher Stress, kritische Lebensphase: noch nicht Status reifer Liebe
Verliebtheit:
gegenseitiges Erkennen und erkannt werden des eigenen Wesens; Vision einer der
positiven Entwicklungsmöglichkeiten
Verliebtheit kann
destruktiv werden, wenn sie sich nicht weiterentwickelt; dies geschieht, wenn
Verliebtheit mit Liebe und Liebe mit Gefühl gleichgesetzt wird; ohne
Weiterentwicklung kann kein Paar auf Dauer bestehen; die Liebe ist ein
umfassendes Phänomen; es ist nicht auf Verliebtheit reduzierbar.
Jörg Willi:
Verliebtheit ist wichtig für das Zusammensein; die Person fängt an sich zu
entwickeln durch den Partner; durch den Partner Eindringen in neue
Lebensbereiche; Verliebtheit ist wichtig für die persönliche Entwicklung; die
personale Ganzheit muss noch gesucht werden.
Probleme mit der
Verliebtheit:
C.G. Jung:
Verliebtheit Folge einer Projektion; Blendung durch Bilder; gespeicherte Bilder
auf den Partner übertragen; der Partner wird nicht gesehen, da man selbst durch
die eigene Projektion geblendet ist
->Enttäuschung,
zugleich kann man dann den anderen in Nüchternheit sehen
W. Heinen: es gibt 8
Beziehungs-/Grundgestalten, mit denen der Mensch in Beziehung stehen will, und
die auch außerhalb der Familie zu finden sind
Beziehungskreuz:
Muttergestalt
Vatergestalt
Frau als
Partnerin Mann als Partner
Schwestergestalt
Brudergestalt
Tochtergestalt
Sohngestalt
Gestalten nicht nur
biologisch, sondern auch geistig spirituell
Heinen: in allen
Menschen diese Grundgestalten/Vorbilder vorzufinden
in
der Partnerbeziehung überträgt z.B. der Mann die 4 weiblichen Grundgestalten/-
bilder auf die Partnerin; sie könnte dem Mann alles geben, was diese 4
Grundgestalten ausmachen.
Dies führt
notwendigerweise zur Enttäuschung: solange eine Partnerschaft unbewusst den
Nachholbedarf an helfenden Beziehungen aller 8 Grundgestalten zu erfüllen hat,
ist sie als Vorstufe zu einer Ehe ungeeignet.
Die Paar- und
Elternebene muss auseinandergehalten werden
Jörg Willi:
Kollusionskonzept
Partner sollen sich
komplimentär zueinander verhalten
in
regressiver Position: passiv, fügsam, anhänglich, regressiv
in
progressiver Position: aktiv, führend, autonom
problematisch:
Fixierung auf der rein regressiven oder progressiven Position; dadurch erfolgt
keine Entfaltung beider Partner
Kollussion:
unbewusstes pathologisches Zusammenspiel, wenn sich Partner aus verschiedenen
Positionen zusammenfinden; jeder braucht den anderen in einer bestimmten
Position; dies verhindert die Entfaltung eines jeden; der Partner wird
ansonsten zum Gewissensersatz
->Koevolution:
gemeinsames sich Entfalten der Partner im Mit- und Füreinander und fairen
Gegeneinander; Selbstverantwortung: man kommt allein zurecht, ohne ständig
jemand anderes benötigen zu müssen
3. Funktionsprinzipien von Paarbeziehungen
-das
Abgrenzungsprinzip
Grenzen
untereinander nach außen
(A:B)
schwach stark („wir beide gegen den Rest der Welt“)
:A|B:
stark schwach
:(A:B):
ideal ideal (Partner hat mehr Bedeutung als die
anderen; dabei aber keien Abkapselung nach
außen)
-Balance zwischen
progressivem und regressivem Verhalten
gute Partnerschaft:
progressives und regressives Verhalten ist bei beiden Partnern
-Gleichwertigkeitsbalance
Jörg Willi: es wählen
sich Partner, die ein Gleichwert des Selbstgefühls haben;
damit eng verbunden:
Gerechtigkeitsbalance (Liebe ohne Gerechtigkeit hat wenig Chancen)
J. Willi: Enttäuschen
und Leiden an der Liebe
Einsamkeit
gehört zur Liebe
im
Lieden muss man wachsen
Leiden
ist ein wichtiger Reifungsprozess
D: ZUR GRUNDLEGUNG EINER
THEOLOGISCHEN KRISEN - ETHIK
I. Das
Anliegen der Krisen-Ethik
Krise in der Ehe =
Zustimmungskrise; Krise der Zustimmung zum Partner, Krise des Ehekonsenses
allgemein eine gewisse
Allergie zur MT gegeben, z.B. wegen der Begriffe Norm (mit Anspruch auf
Allgemeingültigkeit), malum in se, etc.
Dabei ist die MT mehr
als bloßes Dürfen und Nichtdürfen.
Inhalt der MT ist die
Frage: „Was kann der Mensch tun, um sein Leben zu bewältigen?“
1. Gegenstand der MT ist die sittliche Wahrheit
Klaus Demmer: wenn das
Ich-Ideal zu hoch ist, führt es zu Depressionen.
Der Mte nicht nur
Systemdenker, auch Existenzdenker: „Theologie als bedachte Lebensgeschichte“;
biographische Elemente werden mit einbezogen (dies behütet vor überzogenen
Vorstellungen)
Theologie = Bedenken
der Lebensgeschichte im Lichte Gottes im Horizont der Ewigkeit
Die sittliche Wahrheit
ist Sinnwahrheit, keine empirische Wahrheit
Die Sinnwahrheit
ergibt sich aus einem Worum der menschlichen Existenz für das konkrete Handeln
-> Entwerfen eines
Menschenbildes, in dem Ziel- und Leitvorstellungen eines gelungenen Lebens
enthalten ist.
Der Mensch ist dabei
in seiner Ganzheit zu sehen. Das Menschenbild ist die Antwort auf die Frage:
„Was ist der Mensch?“
die darauf folgende
Frage: „Welche Haltensweisen folgern daraus?“
Der Mensch ist sich
selber als Aufgabe aufgegeben!
Die sittliche Wahrheit
ist die Wahrheit über den Menschen; welche Verhaltensweisen ergeben sich
daraus?
es gibt eine
subjektive (Gesinnung) und eine objektive Seite (Frage nach der Richtigkeit
aufgrund einer sittlichen Ordnung); eine sittliche Ordnung ist dabei eine
Wertordnung, d.h. ein lebendiges Gefüge von Werten, die die personal-soziale
Entfaltung des Menschen zur Vollwirklichkeit des Humanen fördert)
2. MT = theologische Ethik, = Glaubenswissenschaft
Klaus Demmer: MT =
„Wissenschaftliche Lehre von Gottes Heilshandeln, das in seiner Bedeutsamkeit
für das sittliche Handeln des Menschen vorgelegt wird.“
GS: „In Jesus Christus
wird der Mensch dem Menschen voll kundgemacht.“
Grundgehalt des
Christseins: der Mensch wird um so mehr Mensch, je mehr der Mensch sich
hingibt; Jesus Christus ist derjenige, der das volle Menschsein vorgelebt hat
im Hineinwachsen des Menschen in diese Hingabe.
Rahner bezeichnet die
Christologie als Höhepunkt der Anthropologie
Ziel der MT: Gelingen
des menschlichen Lebens, d.h. Gelingen von Beziehungen des Lebens
3. Der Gedanke der cooperatio ist zentral für die Krisenethik
Ethik forscht Werden
und Handeln des Menschen unter Rücksicht der Frage nach dem Beitrag, den der
Mensch für den Reifungsprozess der Beziehungen leisten kann.
Gelingen des Lebens
ist ungleich Gelingen meines Lebens
Grundelemente
personales Selbstsein (Identität)
des christlichen
Mitsein diese Punkte immer zu
Menschenbildes
Geschöpfsein berücksichtigen
Ursprung, Hilfe und
Ziel des sittlichen Anspruchs: Gott, der uns anruft
Beitrag: Mensch
kann Gelingen des Lebens nicht erzwingen, wohl aber beitragen
Verwobenheit
in größerem Ganzen, in Vorgegebenheiten (mit Hilfen und Hindernissen)
Der
Mensch kann beitragen an des Genese der Krise
Gesamtzusammenhang
zu sehen, in dem der Mensch ist und handelt
Aufgabe der MT: Suche
nach Beitrag, den die Ehepartner leistern können und sollen
Rede vom Beitrag gegen
Lethargie und Resignation gerichtet!
Klaus Demmer: „der
Unfreiheitsgeschichte der Menschen sollen Freiräume der Freiheit angeboten
werden!“
Gefahr: Überziehen des
Autonomiegedankens, Freiheitspathos
Fazit: „Du kannst aus
den Möglichkeiten deiner Freiheit beitragen, ohne alles zu bestimmen; dein
Beitrag ist jedoch unverzichtbar.“
Die mehrfache
Verwobenheit des sittlichen Handelns
-von innen: im
Menschen gibt es naturale Vorgegebenheiten (z.B. eigene Existenz, Hinneigung
des Menschen zur Entfaltung seiner Person zur Ganzwirklichkeit,...)
diese Hinneigung ist
nachweisbar; Konzeption von C.G. Jung: Reifungsprozess, Werdedrang
„Werde, was Du bist!“;
Werdedrang ersichtlich in Schuldgefühlen, Depression
das sittliche Handeln
entspricht der Natur des Menschen; es ist von innen her getragen
-von außen:
mitmenschliche Beziehungen und menschliche Gemeinschaften helfen und behindern;
die Kirche ist auch Solidargemeinschaft
-von oben: der Glaube
eröffnet neue Sichtweisen, die das Gelingen des Lebens (und der Beziehung)
fördern
das sittliche Werden
und Handeln im Blickfeld der Gnade
Gnade ist ein
relationaler Begriff und findet ihren Höhepunkt in Jesus Christus
sittliches Handeln ist
Mitarbeiten mit der Gnade
den ersten Schritt zur
Rettung des Menschen tut Gott allein; den zweiten Schritt will Gott mit dem
Menschen zusammen tun (Kurzformel der Gnadenlehre)
Indiculus (DH 238ff):
Menschen sind cooperatores mit der Gnade Gottes; dies ein Geheimnis
Gott will, dass seine Geschenke
unsere Handlungswege sind
H.U.v. Balthasar: „Der
Mensch wird des Weges geführt, den er wählt.“
[Beinert,
Lexikon für Dogmatik, 208: Modelle zu Gnade und Freiheit
-Synergismus:
Gott und Menschen gleiche Größen
-Monergismus:
Gott der Alleinwirkende, der Mensch passiv
diese
beiden Modelle vom Lehramt abgelehnt
->Energismus:
Allwirksamkeit Gottes, darin eingebunden die Wirklichkeit der
menschlichen Mitwirkung]
christliche Ethik =
responsorische Ethik = antwortendes Handeln auf das Wirken Gottes
triadische Struktur
der Krisenethik
der
Mensch antwortet auf
Gnade
den Anruf der Gnade Gnade
ermöglicht
das
freie Handeln
des
Menschen
Vorgegebenheiten
Freiheit
Vorgegenheiten:
Freiheit ist eingegrenzt
drücken (negativ) Angewiesensein
durch Vorgegebenheiten
auf Gnade aus und
drücken und kann Vorgegenheiten
zugleich (positiv) die
Erfahrung ändern
der Gnade aus.
Für das sittliche
Handeln gibt es:
1.
Prinzipien
2.
Normen (als konkrete Regulative des Handelns)
3.
Tugenden (sittliche Grundhaltungen, die dem Menschen helfen, Krisen zu
bestehen)
4. Die Gnade setzt die Natur voraus und vollendet sie
Gnade = Zuwendung
Gottes; dadurch wird aus der Geschichte eine Heilsgeschichte
Natur sieht den Menschen
als Geschöpf, als Teil einer Schöpfungsordnung und -wirklichkeit; damit
Selbstand und Freiheit des Menschen mitausgesagt (natura als creatura
verstanden)
Gott ist nicht
Substitutionsprinzip der Schöpfung: Gott nimmt dem Menschen sein Handeln nicht
weg; Gott ist Bedingungsgrund der Welt
Gnade keine
overprotecting mother; sie nimmt nicht weg, was der Mensch selbst leisten kann
R. Guardini: „Gott hat
Respekt vor der Freiheit des Menschen“
Dinge entstehen aus
Gottes Befehl, Menschen entstehen aus Gottes Anruf
zur menschlichen (als
geschöpflichen) Natur gehören gewisse Reifungsgesetze, die nicht durch die
Gnade aufgehoben werden
Gott ist interessiert
daran, dass der Mensch reift; Er hat dazu seinen Sohn in die Welt gesandt; Gott
stimuliert dazu, die Reifungsschritte zu tun
->doppelte
Perspektive der Krisenethik:
1.
Lebenskrisengeschichte des Menschen / des Paares unter Reifungsgesetzen gesehen
(z.B. der Mensch kann sich nur annehmen, wenn er zuvor angenommen worden ist)
2. Lebensgeschichte
unter dem Aspekt der Berufungsgeschichte
Berufungsgeschichte
(„Gnade“)
Lebensgeschichte
Reifungsgeschichte
(„Natur“)
Gründel: „Der Mensch
bedarf nicht nur der Reifung, sondern auch der Erlösung“
Müller: und auch
umgekehrt!: Reifung und Erlösung bedingen einander
Christsein: berufen
sein, Erfahrung zu machen mit Gott und mit der Reifung
Gnade / Berufung:
disponiert zu vertiefter Reifung
Reifung: disponiert zu
vertiefter Gnaden- / Berufungserfahrung
II. Dynamik
und Sinn von Ehekrisen
1. Phänomenologie der Ehekrise
Wertekrise
Krise
Verfallskrise
Ziel der
Krisenverarbeitung: Versöhnung
-->
Versöhnungsethik
Krise = Wendepunkt im
Krankheitsverlauf; es folgt Verbesserung oder Verschlechterung
=
Gefahr und Chance
medizinisch
= Wendephase
psychologisch
= Situation der Konfrontation; bisherige Lösungsphänomene nicht mehr
für die neue Situation anwendbar
darum
wird die Krise als bedrohlich erfahren -> Existenzbedrohung, Angst
bisherige
Fundamente werden brüchig; eine Lösung ist nicht in Sicht
„So
wie bisher kann es nicht weitergehen, wenn es weitergehen soll. Doch wie
es weitergehen soll, weiß ich nicht.“
Entwicklungskrisen
Paar
--> Familie
Lebensmitte:
Familie --> Paar
Alter
Anforderungskrisen
z.B.
ein Kind wird schwierig
berufliche
Veränderung
Überforderung
Unterforderung
(Langeweile)
Verlustkrise
Todesfall:
Kind stirbt
Arbeitslosigkeit
(Verlust von Selbstwertgefühl und Anerkennung)
speziell für die Ehe:
Unzufriedenheit
mit dem Partner, mit der Ehe
Grundregel bzgl.
Krisen: es ist wichtig, die Vorboten einer Krise zu erkennen (Rückgang der
Ehezufriedenheit)
Eheunzufriedenheit:
Möglichkeit der alternativen Wahrnehmung: ein anderer Partner kommt in
den Blickpunkt, Scheidungsphantasien
Unzufriedenheit:
Ansprüche an das Leben / an den anderen nicht erfüllt
Anspruchsniveau kann
überhöht sein -> Reduzierung der Ansprüche
kann
berechtigt sein -> anderer muss sich ändern
zentrale Erwartungen
nach Liebe: Wertschätzung, Verzicht auf Dominanz, Respekt vor Freiheit des
anderen, Geborgenheit, Kommunikation, Befriedigung erotisch-sexueller Wünsche;
in diesen Punkten wird am meisten Frustration erlebt
Belastungserfahrung:
finanzielle Probleme, Kinder und Kindererziehung
übliche Probleme, bei
denen es die meisten Missverständnisse gibt: Geld, Kinder, Sexualität
Missverhältnis von
Erfüllungserfahrungen und Belastungserfahrungen in der Ehe
-> ansteigender
Konfliktpegel; Versiegen der Konfliktlösungsmöglichkeiten, der Kommunikation
untereinander
emotionales Klima
(Gefühle der Enttäuschung,..., Hader, Wut)
Kern des Problems der
Ehekrise: Ja zum Partner und zur Ehe gerät ins Wanken
Ja
= Ausdruck einer Entscheidung und Entschiedenheit
Ja
fällt zurück auf eine neue Entscheidung
Liebe
ist damit zentral betroffen
Nichtbestätigung
bedeutet Schmerz, Kränkung
Drei Bilder, die den
Umgang miteinander steuern:
-Selbstbild
(Vorstellung von sich selbst)
man
macht sich besser oder schlechter als man ist
damit
das Selbstwertgefühl betroffen
-Partnerbild
„Du
bist nicht so, wie ich mir vorstelle / wünsche.“
-Wirbild (Bild, das
beide von der Beziehung haben)
allgemein:
Unterscheidung Realbild - Idealbild
Wirbild: miteinander
oder oben-unten-Beziehung
diese
Bilder haben jeweils Auswirkungen aufeinander
erste Sinnbestimmung
der Krise ist die Wert- und Zielfrage
Ehekrisen nicht
notwendig als Anfang vom Ende, sondern Chance für Neubelebung der Beziehung; in
Ehekrisen werden die mangelnden Formen der Ich-Partner-Beziehung in Frage
gestellt; sie sind ein Aufruf und Chance zur Wandlung
gewisse Krisenthemen:
-defizitäre
Beziehungsformen, die sich aus der vorigen Lebensgeschichte nicht entwickelt
haben (z.B. Konfliktfähigkeit, überstarke Bindungen,...); Reifungsprobleme aus
der früheren und aus der aktuellen Lebensgeschichte; sie machen eine
Nachreifung in Lebens- und Entwicklungsthemen notwendig (z.B. Ablösung von den
Eltern, Umgang mit Konflikten,...)
-Schuldthematik:
Unterlassungen oder Handlungen, in denen die Partner sich gegenseitig etwas
schuldig bleiben (der Partner ist nicht für den anderen / gibt nicht dem
anderen, was er dem anderen sein / geben kann und soll); die Schuld impliziert
ein absichtliches Verweigern
Zusammenfassend:
aus
früheren Lebensphasen
Reifungsprobleme
(->Nachreifung)
aus
der aktuellen Lebensphase
Krisenthemen
(->Reifung)
(Ursprünge und
Hintergründe von
Schuldthematik
Krisen)
[Reifungsproblem =
Beeinträchtigung des Könnens; Schuld nur dort, wo das Können vorliegt, und
absichtlich unterlassen wird]
2. Sinndeutung
a) Elemente der Krisenphilosophie
P. Wust (Philosophie
als Lebenshilfe), Ungewissheit und Wagnis, 1937
Der
Mensch ist dauernd auf der Suche nach Glück, Wahrheit und Gott.
Diesen
Dimensionen sind immer eine Gewissheit in Ungewissheit
Krise:
Selbstverständlichkeiten des normalen Lebens werden in Frage gestellt
Wegfallen
von Sicherheiten
Der
Mensch wird in Kontakt gebracht mit der Unsicherheit
Leben
= Wagnis
es
ist immer eine gewisse Unverfügbarkeit gegenüber dem Gelingen des Lebens
vorhanden
in
der Krise deckt sich der Abgrund der Selbstverfehlung auf
-->
Verlangen nach einem Traggrund des Seins, das einen das Wagnis des Lebens
wagen lässt
die Erfahrung der
geschlechtlichen Liebe kann den Menschen im Ganzen seines Lebens betreffen
Sexualität ist dabei
ein kostbares Gut; Sinn der Fruchtbarkeit: biologisch, psychisch, spirituell
Sexualität = Geschenk
Gottes, das einen von einem weg auf den anderen hin orientiert
Ehekrise als
Lebenssinnkrise
christlicher Glaube
als wirklicher Traggrund; wirklich, d.h. er trägt auch in Krisen; darin wird
nichts ausgeklammert: Frage der Schuld, des Todes,...
Krise: traggebender
Grund wird angezweifelt
falsche Sinngebung:
Bauen auf falschen Traggrund
Die Krise zeigt den
Menschen als „homo viator“, als Mensch auf dem Weg
Unterwegssein des
Menschen: es gibt keine Situation, in der der Mensch sich nicht entwickeln
könnte und müsste.
Krisen sorgen für die Entwicklung
-> positive Sicht
von Krisen: durch die Krisen ist der Mensch ein Entwicklungs- und
Wandlungsfähiges Wesen
„Stirb und
werde!“
ethischer Moment der
Krise: der Mensch kann sich zur Krise verhalten; die Krise ist kein
unabänderliches Geschehen; der Mensch befindet sich in personalem (d.h. freien)
Werde- und Wandlungsprozess; er ist Gestalter des Lebens; er hat die Aufgabe,
dass die Krise eine Werdens- statt einer Verfallsphase wird. Der Liebestod
einer Beziehung ist kein Resultat des Schicksals
Die Krisenethik der
Ehe zeigt auf / entwirft Haltungsbilder (Tugenden), die eine Antwort
ermöglichen. (Tugenden sind Aspekte der Lebenskompetenz)
V. Frankl: „die
fatalistische Einstellung besteht darin, dass sich der Mensch mit dem abfindet,
was er vorfindet“. Der Mensch sieht sich dabei nur als Opfer („Ich kann ja eh
nichts tun.“)
dagegen: Trotzmacht
des Geistes: Der Mensch aknn verändernd in den Gang der Dinge eingreifen.
Krise =
Verwesentlichung der Existenz des Menschen; in der Krise geschieht eine Bewegung
von der Peripherie / Oberfläche zum Zentrum / in die Tiefe
-Verwesentlichung als
Selbstverwesentlichung, als Abkehr vom eigentlich Unwesentlichen; dahinter
steht letztlich die Frage: „Wer bin ich eigentlich?“
Aufweckung vom
Wesensschlaf (nicht selbst sein): Bewusstwerden des eigenen Seins
(-> Röm 13,11)
-Verwesentlichung im
Hinblick auf den Partner: Veränderung der Beziehungen zueienander: anfangen,
wesentlich zu sprechen, nicht bloß funktional.
-> „Wie vermögen
wir mit und füreinander und für das größere Ganze zu leben?
-Frage nach dem
tragfähigem Lebensgrund; damit eng verbunden: Verwesentlichung des
Gottesbildes
b) Deutungselemente aus der Sicht des Glaubens
Krisen sind nicht
allein pyschologisch zu klären; darin Aufbrechen von Grundfragen des Menschen
und somit auch das Aufbrechen der unstillbaren Sehnsucht nach Gott
->theologische
Perspektive muss eingebracht werden
nicht angemessene
Weise des Umgangs: -moralisierend: Sehen der Schuld für die Krise,
Einschärfen der Normen
-theologisierend:
Axiom vernachlässigend, dass die
Gnade die Natur voraussetzt
E. Biser: Übergang von
der moralischen zur mysthischen Auslegung des Glaubens; Übergang vom ethischen
Handeln zur Gnade
[Mystiker:
einer, der Erfahrung des Glaubens mit Gott hat]
Deutung der Krise aus
der Sicht des Glaubens
Offenbarung: es gibt
kein blindes Schicksal
=
„Enthüllung der Wirklichkeit“ (Guardini)
Widrigkeiten und
Herausforderungen der Ehekrise - darin ein Ruf Gottes ersichtlich?
den coram Deo (Gott
gegenüber) -Standpunkt des Glaubens einnehmen und daraus schauen, was eine
Krise besagt
in der Krise ergeht
ein Ruf Gottes, das sich an den Einzelnen oder an das Paar richtet:
„Wo bist Du?“ (Gen
3,9)
Einspruch - Widerspruch
- Anspruch - Zuspruch
„Wo?“ (Gen): Aufdecken
der Stellung vor Gott
Heillosigkeit des
Menschen, die durch die Macht des Bösen charakterisiert ist
Fragilität des
Menschen
Gründel: generelle
Unheilsmacht muss gesehen werden, bevor die Einzelsünde begutachtet wird; der
Mensch ist nicht nur Täter, sonder Opfer des Bösen; die Sünde ist nicht nur
persönliche Sünde, sondern Macht, die den Menschen erfasst (->
Erbsünde)
Erbsünde:
-der Mensch ist
situiert in einer unheilen Gesamtwirklichkeit; die Erbsünde ist vorgegeben; der
einzelne ist hineingeboren in die unheile Wirklichkeit; der Mensch befindet
sich in einer Schicksalsgemeinschaft; die Tat des Einzelnen wirkt sich auch auf
andere aus
-Universalität der
Heilsbedürftigkeit: der Mensch kann sich nicht selbst erlösen, er ist
angewiesen auf die Initiative Gottes in Jesus Christus zur Erlösung der
Menschen
Erschaffung
des Menschen Beziehungsstiftung
Erbsünde
Beziehungsstörung
Erlösung
Beziehungserneuerung
Eschatologie
Beziehungsvollendung
deutscher Katechismus
(1985): die Herkunft der Menschen kann die Gemeinschaft Gottes nicht mehr
vermitteln; Entfremdung von Gott --> Entfremdung von den Menschen und vor
sich selbst; Erbsünde = Mangelerfahrung
Biser: „Der Mensch
bewohnt nicht seinen eigenen Lebensort.“
Zuhause in der
Geborgenheit lebendiger Gottbezogenheit; die Erbsünde wird in der Taufe
abgewaschen; dies ist die sakramentale Beantwortung der Mangelerfahrung der
Erbsünde -> der Mensch kann sich entfalten
Die Geneigtheit zur
Sünde / Konkupiszenz (erbsündliche Begierlichkeit) bleibt aber im Menschen
Stöckle: Neigung zur
Sünde
= Neigung zur
Verabsolutierung des Relativen und zur Relativierung des Absoluten; z.B.
Absolutsetzung des Ich: es wird etwas angebetet, was nicht wert ist, angebetet zu
werden
= Neigung zur
Regression: Flucht vor der Aufgabe des Werdens / vor der Selbstwerdung; der
Mensch will nicht werden, was er ist; Flucht vor Beziehungen
Konkupiszenz:
menschliches Leben ist eine Gratwanderung zwischen dem Abgrund der hochmütigen Selbstüberhebung
und dem Abgrund der Selbstverwerfung
Die Erbsünde ist nicht
persönliche Sünde, sondern eine Vorgegebenheit; die persönliche Sünde beginnt
dort, wo der Mensch der Erbsünde zustimmt
Augustinus: Sünde =
Abwendung von Gott, Hinwendung zur Kreatur
Gottzuwendung =
Therapie gegen Selbstüberhebung und Selbstverwerfung
Hölle = verzweifelte
Haltung des Nichtliebens und Nichtgeliebtwerdenwollens
Liebe zu Gott =
Halt für die Liebe zum Menschen
auf die Vergöttlichung
des Menschen folgt oft die Verteufelung des Menschen
wer sich selbst
vergöttlicht, will von den anderen angebetet werden
zwischengeschlechtliche
Liebe führt nicht zur Erlösung; sie bedarf der Erlösung
Dialektik des Bösen
Die Urgeschichte
beginnt mit dem Verhältnis zwischen Mann und Frau, mit einer Lebens- und
Liebesgeschichte
Gen: „diese
wechselseitige Gehilfenschaft von Mann und Frau“ (Guardini) gelint nur unter
dem Gehorsam zu Gott
wo das Einvernehmen
mit Gott fehlt, verkehrt sich die wechselseitige Gehilfenschaft in den
Geschlechterkampf gegeneinander
das rechte Gottesbild
muss vorhanden sein: Gott will sich selbst als rettend offenbaren: Inkarnation
in Jesus Christus; „Ihr, die ihr Gott sucht - euer Herz lebe auf“ (Ps ?); Mk
10,5: Grund des Scheiterns der Ehe ist die Herzenshärte (Verschlossenheit des
Herzens gegenüber Gott führt zur Verschlossenheit zum Menschen)
Gottbezogenheit und
Gegenüber sein hängen zusammen, ansonsten kommt es zur Verkürzung des
Menschseins
Die Realität des Bösen
kann in der Ehekrise in seiner Fülle erfahren werden
muss
in der Ehetherapie berücksichtigt werden
Erwachsenkatechismus
I: der Christ sieht das Böse; das Böse weist auf Christus, auf die
Erlösungsbedürftigkeit; Erlösung: Gott kommt in Jesus Christus dem
Menschen zu zur Rückführung des Menschen an seinen Wesensort; Wesensort =
Gotteskindschaft
„Erbsünde“
---------------------> Erlösung
1.
Erlösungsbedürftigkeit ---------------------> Rückführung des Menschen
(Entfremdung,
Mangelzustand) an seinen „Wesensort“ = Gotteskindschaft
[keine persönliche
Sünde) [in der Taufe sakramental vermittelt]
2. konkupiszente
Haltung ---------------------> Diese Gefährdung bewältigen mit den
[persönliche
Sünde] Hilfen, die dem Menschen an seinen
„Wesensort“ zugänglich sind.
Film: Dead man
walking: Schwerverbrecher, dem gesagt wird „Du bist ein Sohn Gottes!“
diese Zusage bedeutet
die Erhöhung des Menschen
Gotteskindschaft
bedeutet dreifache Teilhabe:
Taufe
Jesu
Gottesbewusstsein
Jesu (Gottesbild) „Du bist mein geliebter Vater“
Teilhabe am
Selbstbewusstsein Jesu (Selbstbild) „Du bist mein geliebter Sohn“
Wirbewusstsein
Jesu aus Sohn und Tochter Gottes sein
folgt: wir sind Brüder und Schwestern
(Vgl. Gal 3,26;
Röm
8,12)
soteriologischer Kern
des Erlösungshandelns Jesu ist die Gabe der Teilnahme an seinem Bewusstsein
Ehekrise kann
interpretiert werden als Anruf Gottes („Wo bist du? Wo seid ihr?),
als Einspruch Gottes gegen
den Unfrieden der Bezeihung; daraus folgt ein Anspruch Gottes zur
Rückkehr des Menschen an seinen Wesensort
Glauben = sich an
Jesus anschließen und an seiner Teilhabe
Umkehr = Handreichung
ergreifen, die Christus anbietet
Mt 14,22 Jesus reicht
die Hand und bewahrt somit vor dem Untergang - Handreichung des Glaubens
Zuspruch Gottes
eines haltgebenden Beistandes; die Hilfen werden ekkleiologisch
vermittelt
biblisch:
Gelähmte: kann nicht
auf den anderen zugehen
Blinde: sieht
den anderen nicht Kommunikations-
Taube: hört
nicht probleme
Stumme: antwortet dem
Anrufenden nicht
Jesus heilt diese
Kranke und befreit vor diesen Kommunikationsproblemen
gibt
einen Doppelauftrag an die Jünger (Mt 9,7-8): Verkündigung der Frohen Botschaft
Heilen
Menschwerdung als
Krisenintervention
der Mensch braucht
jemand, der ihn aus der Sünde herauszieht
Krise ist ein Anruf
Gottes, aus der Krankheit heraus zu kommen
Reich Gottes= neue
Weise des Menschseins im Modus des Glaubens, des Hoffens, des Liebens
Modus zum Kommen in
das Reich Gottes = Umkehr
Krisenthemen
Reifungsprobleme Schuldthematik (Freiwilligkeit bedeutsam)
theolog. Deutung
Erbsünde Erbsünde
Krankheit
im NTl. Sinn
Wandlung
im Sinn der Heilung Wandlung als Folge der Umkehr
Mt
9,7-8 Doppelauftrag Jesu
heilen
(Begegnung) Botschaft vom Reich Gottes verkünden
NT: Heilung immer
Ergenis einer konkreten Begegnung, ist kein Massenphänomen
die
Ich-Du-Beziehung als Bedingung / Ermöglichung für die Heilung
III.
Versöhnung als ethische Zielvorgabe
Auf die Frage nach
Auswegen aus einer Krise ist als Reaktion Versöhnung möglich. Versöhnung als
die Lösung möglichst humaner und christlicher Krisenbewältigung
Missverständnisse:
-„Versöhnung“ als
Konfliktaussetzung, d.h. Selbstunterdrückung, Zurückstellen berechtigter
eigener Wünsche
- „Versöhnung“, hinter
der sich versteckte Selbstdurchsetzung verbirgt: man erwartet vom anderen, dass
er sich an einen anpasst
- resignativer oder
skeptischer Verzicht auf Versöhnung: Versöhnung wird als nicht möglich
angesehen; Zweifel und Verzweifeln an der Versöhnung
es gibt Ehen, in denen
die Versöhnung zueinander nicht möglich war
z.B.
Unfreiwilligkeit Eheschließungsunfähigkeit
Unfähigkeit
Eheführungsunfähigkeit
Versöhnung ist nicht
Versöhnung um jeden Preis
Versöhnung ist auch
nach der Trennung möglich
Extreme sind zu vermeiden:
Versöhnung um jeden Preis und Feststellung der Unfähigkeit
1. Anthropologie der Versöhnung
Theologie geht vom
ugehen Gottes aus („lasst euch versöhnen mit Gott und untereinander“)
Der anthropologische
Zugang berücksichtigt die defizitäre Lerngeschichte und die
Beziehungsfähigkeit
Was heißt sich versöhnen?
Haltung (Tugend)
<-> Prozess (Aktivierung dieser Haltung)
Haltung (Tugend)
= praktizierte Wertorientierung
=
sittliches Können; beinhaltet die Fähigkeit zum Wandlungsprozess
sich versöhnen =
überwinden des Gegeneinander hin zum Mit- und Füreinander
Verzeihung
und Vergebung und mehr: aus einem „Nein“ zur Ehe hin zum „Trotzdem!“
Zwei Kompetenzen:
-Gegensätze (Licht-
und Schattenseiten, Grenzen von einem selbst) integrieren (sowohl - als auch);
Balance finden, Integrationsfähigkeit
-Entscheidungsfähigkeit
(entweder - oder); Klärung von Widersprüchlichkeiten
-Unterscheidungsfähigkeit:
was ist veränderbar? was unveränderlich?
Ziel: Friede in der
Ehe; dieser ist notwendig für die Koevolution, fü die gemeinsame
Entfaltung
Tugend der Versöhnung
hängt vom Menschenbild ab, das einen Rahmen für die Versöhnungsbereitschaft
darstellt.
Christentum: personale
Antropologie: Mensch stellt sich in den Dienst überpersonaler Ebene;
Selbstranszendenz
Ehe: Ort ewig lange
dauernder / treuer Liebe
die Treue gehört zur
Ehe dazu, ist das Gewissen der Liebe; sie schließt Instrumentalisierung aus und
setzt Selbstsein voraus.
Selbsthingabe ist
nicht Selbstaufgabe
uneingeschränkte Entfaltung
ist nicht möglich; die Ehe ist eine begrenzte Gestalt des Lebens
Haltung
Versöhnung
Prozess
wiederholtes
Vollziehen des Prozesses der Versöhnung wird zur Haltung
kontemplativ-kognitive
Komponente, d.h. Wissen der Werte(Frieden und Bemühung um
Frieden), die die Ehe stützen; Werte der Ehe: treue Liebe,
Nachkommenschaft, Sakrament
Wissen,
dass Streit, Kritik u.a. auf geringerer Ebene Friede ist
Struktur-
Friede: ermöglicht Wir, ist ein dynamischer Prozess des Bezogenseins
elemente Werte
müssen kontemplativ angeeignet werden
der affirmative
Komponente: Werte der Ehe müssen nicht nur gewusst, Versöhnung sondern
auch bejaht werden; Wechselwirkung von Versöhnung und
als Liebe
Haltung operative
Komponente: Bereitschaft, Schritte zur Überwindung der
Entzweiung zu gehen; Versöhnung ist nicht nur machbar;
Unverfügbarkeit der Versöhnung; Warten, Ertragen,
usw. gehören auch dazu
Versöhnung als Prozess
= Aktivierung der Versöhnungshaltung
Person (Ich) Sicht vom
Partner (Du) Gestaltung des Wir
Drei
Vollzugskomponenten:
sich
erkennen (Suche nach der Wahrheit, Erkennen des Eigenanteils
an der Krise)
Erkennen
Du-Erkenntnis (Partnerbild und -ideal: vom Verkennen
hin zum Erkennen und Verstehen)
Wir-Erkenntnis
(Gestalt des ehelichen Wir heute? Welche Versöhnung
Umgangsformen sind zu ändern/verbessern
sich
annehmen
Annahme
das Du annehmen
Ja
zum Wir
sich
wandeln
Wandlung
dem Du zur Wandlung verhelfen
Wandlung
des Wir
annehmen: stehen zu
etwas; zu dem, was man über sich selbst erkannt hat
das
Erkannte an einen heranlassen
Einwilligung
in das Unabänderliche (z.B. Auszug der Kinder aus dem Haus)
Frage
nach dem Unabänderlichen
Annahme
bedeutet Bereitschaft zur Änderung
Themen: -Schuld; diese
annehmen als Anreiz zur Wiedergutmachung und zur Reife
-Nachreifung (z.B. wer immer redet, muss lernen zu hören u.u.)
Einwilligen
ins Unabänderliche
Annahme
das
Veränderbare als solches annehmen: Schuld + Reifung / Nachreifung
zur Annahme gehört die
Umsetzung / operative Komponente
die Wandlung führt zur
Veränderung des gesamten Menschen (innen und außen) und zum Anderswerden der
ganzen Person (Denken, Fühlen, Wollen) [Veränderung = äußerlich sichtbar]
Neuorientierung =
Wertorientierung (Umstellen der Wertpyramide)
dieses Modell ein
Leitfaden, bedarf jeweils der Konkretisierung
WIR
Erkenntnis
Annahme
Wandlung
ICH
DU
Versöhnungshelfer
und -hilfen
Gesellschaftliche
Vorgegebenheiten
Wertequadrat: jede
Tugend braucht ein polares Gegenstück
Versöhnung kann
entarten; sie bedarf der Schwestertugend: der Fähigkeit zu personaler
Selbstbehauptung
Tugenden
Versöhnung
personale Selbstbehauptung
(vermittelnd,
ausgleichend,...) (Grenze sichern, Neinsagen,
fordern,
konfrontieren,..)
Pseudofriede
rücksichtslose Selbstdurchsetzung
Fehlformen
[Pfeile = notwendige
Entwicklung, falls in der Fehlform befindlich]
2. Theologie der Versöhnung
Versöhnung zentrale
Aussage im NT über das Heilshandeln Gottes am / für den Menschen
Versöhnungsethik:
Versöhnung Gottes soll aufgeschlüsselt werden für das Tun der Menschen
Grundgedanke der
Versöhnung:
Wort
der Versöhnung in Jesus Christus Fleisch geworden
Versöhnung
= die durch die Sünde zerbrochene Gemeinschaft wird wiederhergestellt
mit Gott und mit den Menschen
der
Mensch ergreift Möglichkeit der Versöhnung, ein neuer Mensch zu werden
a)Weil Gott das Heil der Menschen will, ergreift er die Initiative
[hermeneutischer
Exkurs:
Theologie ist der
Versuch, ein Geheimnis zu ergründen; sie empfängt dabei die Gnade; ihre Arbeit
liegt in der Begriffsarbeit, in der Übersetzung
Bibel: ins Wort
bringen der Botschaft / der Erfahrung mit Gott
Wirklichkeit Gottes
und Wirken Gottes in der Geschichte, die damit Heilsgeschichte wird]
Gott ist es, der die
Initiative ergreift, um Versöhnung zu verwirklichen
in Jesus Christus neue
Möglichkeit der Versöhnung
Umkehrpredigt: Akzent
liegt beim versöhnungsbereiten und barmherzigen Gott
Gleichnis vom
Feigenbaum (Lk 13, 6-9): Feigenbaum Symbol für das Leben, für den Sinn des
Lebens: das Leben hat mit Frucht bringen zu tun.
keine Frucht: Symbol
für Beziehung: abgestorben; von dieser Beziehung werden die Partner nicht
genährt
Lk 3,8 Schlüssel zum
Gleichnis von Lk 13,6-9
hier: Früchte =
Früchte der Umkehr
-> wie kommt der
Mensch dazu, Frucht zu bringen?
Weingärtner = Symbol
für Jesus, der für den Menschen eintritt; Er willl Boden bereiten für neues
Wachstum; Jesus = Ermöglichung der Wandlungsprozesse
dies Kern der
Versöhnungsarbeit Jesu
Jesus will „Nein zu
Gott“ (Sünde) zum „Ja zu Gott“ wandeln
das „Nein zu Gott“ ist
ein Handeln des Menschen gegen sein Wohl
Tob12,10 wer sündigt,
ist Feind seines eigenen Lebens
Thomas von Aquin: Gott
wird drurch nichts anderes beleidigt als durch das, womit sich der Mensch
schadet.
Jesus will Wandlung
des Feindes des eigenen Lebens
Ratzinger: Gott wartet
nicht bis der Mensch sich mit Gott versöhnt; Er geht auf den Menschen zu und
versöhnt sie
2 Kor 5,20: „Wir
bitten euch an Christi statt: lasst euch mit Gott versöhnen!“
das Kreuz ermöglicht
die Wandlung
pneumatologischer
Gedanke: Hl. Geist führt das Wirken Jesu weiter
b) Die multilaterale Versöhnung kommt nur zustande, wenn der Mensch
mitwirkt
μετανοια: Änderung, Entwicklung ist
möglich; Beendigung der Abkehr von Gott; der Mensch ergreift das
Erlösungshandeln Jesu, er sit bereit, sich zu versöhnen; raus aus Unterdrückung
und Verfolgung, rein ins Gegenüber zum dreifaltigen Gott
Ziel der μετανοια: alter Mensch (Neinzu Gott und zu
sich selbst) -> neuer Mensch
die Lebenseinstellung
Jesu, seine Proexistenz, sein Sein für, maßgeblich für den neuen Menschen;
Jesus ist der vollender Versöhnte; das Relative wird nicht mehr verabsolutiert;
das Absolute nicht mehr relativiert
Nachfolge =
Augenschulung, sehen lernen: wahrnehmen mit den Augen Christi
= Bewahrung vor einer krampfhaften Diesseitsvorstellung: die Dinge dieser Welt
bekommen im Licht der Ewigkeit eine neue Dimension
μετανοια = Erkenntnis des Rufes Gottes,
gläubige Annahme des Rufes, entsprechende Schritte der Befolgung dieses
Rufes
Versöhnung mit Gott
ist Ermöglichung und Beauftragung zu innergeschichtlicher Beziehungsversöhnung
Bezogensein auf Gott
-> neues Erkenntnismoment
Problem bei der Ehe
laut Mk 10 die Herzenshärte
Versöhnung:
Herzenswärme: sehendes und hörendes Herz, das zur Wandlung bereit ist
Umwandlung
des Verhältnisses Mensch-Gott und somit auch Mensch-Mensch
Lk 15, 11-32; Deutung:
Übergang vom Tod zum Leben; eigentlich eine Auferstehungsgeschichte; Lk15,24
„Mein Sohn war tot“ - Sohnsein (Bezogensein zum Vater) 15,32
„Dein Bruder war tot“ - Brudersein (neues Verhältnis zum
Menschen)
ebenso bei der
Lazaruserweckung (in Joh)
schlimme Sünde ist die
gewöhnliche Sünde
Auferstehung erfolgt
nicht erst nach dem Tod, kann im Leben bereits erfahren werden
auf Ehe bezogen: 1 Kor
7,15
ohne Frieden
Zusammenleben nicht möglich; Versöhnungsbereitschaft ist Strukturelement der
Ehe; christliches Verständnis des Ehesakraments: Gott stützt, läutert und heilt
die Ehe; treue Liebe als Zeichen der Nähe Gottes; Ehe nicht nur Vertrauen auf
eigene Kräfte; Bund Gottes mit den Menschen = Quelle für die Erneuerung des
menschlichen Bundes
Ehe schöpft auch aus
der Versöhnungskraft des Kreuzes
c) ekklesiologischer Aspekt
Versöhnung = sich
versöhnen; Dienst an und mit anderen
Kirche = Frucht der
Versöhnungshandlung Gottes in Jesus Christus durch den Hl. Geist; alle
Lebensvollzüge der Kirche wollen Versöhnung voranbringen
-Hilfen „von unten“:
Kirche als Reifungsgemeinschaft
Raum von Begegnung und
Beziehung; eröffnet soziales Lernfeld von Versöhnung, von Reifung und
Nachreifung, von Schuld
der Mensch bedarf der
Gemeinschaft
-Hilfen „von oben“
religiöse
Verkündigungshilfen: Verkündigung des Evangeliums, Sakramente, Gebet, Liturgie
Sakramente als heilend
erfahren:
-drittes
Hochgebet: Eucharistie als Opfer der Versöhnung; Opfer = Rückgabe einr von
Gott empfangenen Gabe; Eucharistie = Vergegenwärtigung des Opfers
-Buße
dabei Axiom geltend,
dass Gnade die Natur voraussetzt
der Mensch muss fähig
werden zu glauben, um die Versöhnungshilfen aus dem Glauben zu empfangen
vertrauen
können
Gebetsfähigkeit
muss
danken,
klagen,bitten,... gelernt sein
Erfahrung
der Vergebung
gesellschaftliche
kritische Auseinander-
Vorgegebenheiten
setzung mit gesellschaftlichen
Vorgegebenheiten
Ursprünge
unter-
der
Reifungsprobleme Krise Reifung, Nachreifung wegs
Ehekrise in der
Gegenwart der zur
aus der Verganganheit
Ehe Ver-
söh-
Schuld,
Sünde Umkehr und Wandlung nung
Dynamismen der Entzweiung
Hindernisse der
Versöhnung Wege der Versöhnung
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